Publiziert am: 25.01.2019

Absenzen ohne Ende?

BETREUUNGSURLAUBE – Für die Betreuung von kranken oder verunfallten Verwandten sowie Nahestehenden soll es grosszügigere Urlaubsregelungen geben. Die Kosten wären hoch, die Belastung der KMU noch höher.

Im März 2012 sprachen sich 67 Prozent der Stimmberechtigten gegen sechs Wochen Ferien aus. Darüber staunt das Ausland noch heute. Das Gros der Schweizer Stimmberechtigten ist aber vernünftig. Mehr Ferien sind eben nicht gratis zu haben. Sie sind unweigerlich mit Wohlstandseinbussen und mehr Stress in den Betrieben verbunden, weil es mehr Absenzen zu überbrücken gibt.

Bezahlte Betreuungsurlaube

Trotz der klar ablehnenden Haltung der Stimmberechtigten sollen nun quasi durch die Hintertür zusätz­liche Urlaubswochen eingeführt werden.

Mittels Volksinitiative wird ein vierwöchiger Vaterschaftsurlaub verlangt. Und nun schlägt der Bundesrat auch noch vor, Betreuungsur­laube einzuführen. Wer kranke oder verunfallte Kinder, Verwandte oder Nahestehende zu betreuen hat, soll dafür der Arbeit bis zu drei Tage fernbleiben. Und das selbstverständlich bei ungekürztem Lohn und wiederkehrend bei jedem neuen Ereignis. Die Arbeitgeber würde das bis zu 150 Millionen Franken pro Jahr kosten.

Doch damit nicht genug: Eltern, die ein wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind betreuen, sollen einen 14-wöchigen Betreuungsurlaub erhalten, den sie sich innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten frei einteilen können. Die Kosten, für die die Erwerbsersatzord­-nung aufkommen soll, werden auf knapp 80 Millionen Franken geschätzt.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv wehrt sich vehement gegen jede Art neuer Urlaube. Wichtige Sozialwerke wie etwa die AHV, die Arbeitslosenversicherung und die Invalidenversicherung sind finanziell schwer angeschlagen. Vor diesem Hintergrund wäre es verantwortungslos, neue Leistungen mit Zusatzkosten von über 200 Millionen Franken einzuführen. Es ist auch verkehrt, wenn die Arbeitgeber die Lohnkosten zu hundert Prozent aus dem eigenen Sack bezahlen müssen, wenn ihre Angestellten zwecks Betreuung von Verwandten oder Nahestehenden der Arbeit fernbleiben.

Schlimm ist auch, dass die Vorschläge des Bundesrats klare Anreize setzen würden, vermehrt bezahlte Kurzurlaube in Anspruch zu nehmen. Unter der heutigen – zugegebenermassen nicht immer klar verständlichen Regelung – hilft man sich meist innerhalb der Familie aus, damit möglichst alle ihrer Arbeit nachgehen können. Besteht erst einmal ein gesetzlich garantierter Anspruch auf drei bezahlte Urlaubstage, werden diese auch grosszügig ausgenutzt.

Zusatzbelastung für KMU

Am schlimmsten wären aber die organisatorischen Probleme, die auf die KMU zukämen. Diese haben schlanke Strukturen und knappe Personalressourcen. Oft ist ein einziger Mitarbeiter für ganz bestimmte Tätigkeiten zuständig. Jeder zusätzliche, nicht einplanbare Ausfall führt zu Schwierigkeiten und zu Stress für alle anderen im Unternehmen. Ein Fünfmannbetrieb, bei dem während der Ferienabwesenheit eines Mitarbeitenden ein weiterer wegen Unfall ausfällt, ist völlig am Anschlag. Kommt nun auch noch ein dreitägiger Kurzurlaub hinzu, weil einer der drei Verbleibenden einen Stiefvater zu betreuen hat, kann man den Betrieb faktisch schliessen.

Zu viel des Guten schadet. Unser Wohlstand basiert massgeblich auf Fleiss und Arbeit. Gefährden wir ihn nicht, indem wir immer neue Gründe erfinden, um die Leute von ihrer Erwerbstätigkeit fernzuhalten.

Kurt Gfeller,

Vizedirektor sgv

jede absenz kostet

Schon heute gibt es eine Vielzahl von Absenzen zu verkraften:- Ferien (mindestens vier Wochen, meist deutlich mehr)- Militär, Zivilschutz, Wehrdienste- Jugendurlaub (bis 5 Tage unbe- zahlt bis zum Alter von 30 Jahren)- Weiterbildungen- Krankheit- Unfall- Betreuungsurlaube (gemäss Projekt bis 14 Wochen in 18 Monaten, vgl. Haupttext)- Weitere Absenzgründe gemäss OR

Jede weitere Absenz verursacht Kosten und organisatorische Umtriebe, ganz besonders bei KMU.Gf

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