Publiziert am: 06.03.2020

Aktienrecht gegen KMU

REGULIERUNG – Für die KMU bringt die Revision des Aktienrechts nichts Gutes. Neue Vorschriften machen die Form der Aktiengesellschaft AG unattraktiv und teuer. Dabei gibt es über 114 000 KMU-AG in der Schweiz.

Die Revision des Aktienrechts blickt auf eine Geschichte voller Irrungen und Wirrungen zurück. Das Geschäft wird in dieser Session beraten und trägt die Nummer 16.077. Das bedeutet: Es wurde im Jahr 2016 lanciert. Vier Jahre später setzen sich die Räte immer noch damit auseinander. Doch die Lage ist inzwischen sogar noch vertrackter. Viele Inhalte dieser Revision lagen schon 2007 auf dem Tisch. Sie wurden damals nicht weiterverfolgt, weil es zur Minder-Initiative gegen Abzockergehälter im Management kam.

Das Volk nahm die Initiative an. Entsprechend wurde die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) erarbeitet. Sie ist seit 2014 in Kraft. Wie das Verfassungsrecht es so will, kann eine Initiative nicht über eine Verordnung umgesetzt werden. Also setzte der Bundesrat zur Revision des Aktienrechts an. Doch wie die Politik es so will, packte die Exekutive einen ganzen Wunschzettel mit in die Revision hinein.

Endlose Geschichte

Statt «nur» die Vergütungsverordnung umzusetzen, fand der Bundesrat, es brauche eine faktische Quotenregelung für die Geschlechter­vertretung in Verwaltungsräten und Geschäftsführungen. Danach erfand die Regierung eine neue Kategorie von Unternehmen, die sogenannten Rohstoffunternehmen. Sie sollten speziell reguliert werden. Als ob das nicht genug wäre, mischte der Bundesrat noch die Anliegen der gescheiterten Revision von 2007 in die aktuelle Revision ein.

Doch die Geschichte hört nicht hier auf. Parallel zum bundesrätlichen Wunschzettel läuft die Konzernverantwortungs-Initiative. Diese wiederum hat das Parlament veranlasst, die Revision mit noch mehr Verzierungen zu versehen. Natürlich wurden auch Gegenvorschläge zu dieser neuen Volksinitiative entwickelt. Derzeit stehen sogar zwei zur Diskussion.

Aktienrecht – ein Recht für KMU

Diese ganze Entwicklung macht die Lage nicht besser. Denn man sollte nicht aus den Augen verlieren: Das Schweizer Aktienrecht ist im Wesentlichen ein Recht für KMU. In der Schweiz gibt es circa 115 000 Aktiengesellschaften; etwa 114 000 davon sind KMU. Die grosse Mehrheit besteht sogar aus Kleinst-AG mit einem Inhaber oder einer Inhaberin und einer Person im Verwaltungsrat.

Doch die Aktienrecht-Vorlage, so wie sie derzeit im Parlament ansteht, führt zu einer merklichen Verschlechterung der Situation der KMU-AG. Beispiele dafür sind: Die Regelungen aus der Minder-Initia­tive und der VegüV werden faktisch auf KMU-AG ausgedehnt. Für Verwaltungsräte von KMU-AG und für Gesellschafter einer Genossenschaft sowie für Verwaltungsmitglieder von Stiftungen werden neue persönliche Pflichten begründet. Die Regulierung sogenannter Rohstoffunternehmen ist die Abkehr von einem branchenneutralen Aktienrecht. Die Erfindung einer neuen Unternehmenskategorie bedeutet eine markante Überregulierung.

Was in dieser gesetzgeberischen Odyssee vergessen ging: Die Lösung zu allen diesen Problemen ist so einfach und KMU-freundlich. Sie besteht schlicht und einfach darin, die VegüV auf die Gesetzesebene zu erheben…Sc

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