Publiziert am: 21.10.2022

Aktuelle Risikosituation neu beurteilen

Versicherungsratgeber – Der Versicherer benötigt bei der Erhöhung der Lohnsumme bei der Krankentaggeldversicherung eine wiederholte Gesundheitserklärung – dabei lohnt es sich, die Fragen sorgfältig zu beantworten.

M. D. aus W.: «Zusammen mit meiner Geschäftspartnerin führen wir eine Kleider-Boutique. Als wir die Firma vor fünf Jahren gegründet haben, haben wir auch eine kollektive Krankentaggeldversicherung abgeschlossen. Aufgrund des guten Geschäftsgangs können wir unsere Löhne erhöhen. Deshalb haben wir unseren Versicherungsberater gebeten, die versicherte Lohnsumme anzupassen. Mit dem Versicherungsantrag haben wir wieder Gesundheitsfragebögen erhalten. Da das Versicherungsunternehmen unsere Historie kennt, fragen wir uns, ob wir diese Formulare tatsächlich nochmals ausfüllen müssen. Meine Geschäftspartnerin war zudem vor einem halben Jahr kurz in psychiatrischer Behandlung und fragt sich, ob sie diese auch angeben müsste, obwohl sie keinen Tag arbeitsunfähig war.»

Sehr geehrter Herr D.: Als Versicherungsnehmender haben Sie viele Rechte, aber auch verschiedene Pflichten, wie beispielsweise die vorvertragliche Anzeigepflicht. Damit ist gemeint, dass Sie alle Ihnen bekannten Umstände anzeigen müssen, die für die Übernahme der Gefahr durch den Versicherer erheblich sind. Doch was ist eine Gefahrstatsache? Und wann gilt sie als erheblich?

Erhebliche Gefahrstatsachen

Als erheblich gelten alle Fragen zu Themen, die für den Versicherer bei der Beurteilung der zu versichernden Gefahr von Bedeutung sind und über Art und Umfang von Risikofaktoren Aufschluss geben. So sind beim Abschluss einer Krankentaggeldversicherung neben dem Alter und Geschlecht natürlich auch der Gesundheitszustand der zu versichernden Person relevant, um die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Erkrankung beurteilen zu können. Ihre Anzeigepflicht erstreckt sich aber nur auf Umstände, die Ihnen bekannt und damit bewusst sind; zu Nachforschungen oder Untersuchungen sind Sie nicht verpflichtet. Die Anzeigepflicht besteht nicht nur beim Abschluss, sondern auch wenn Sie einen Versicherungsvertrag erneuern, weil sich die Risikosituation, also der Gesundheitszustand verändern kann.

Kündigungsrecht des Versicherers

Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen eine erhebliche Gefahrstatsache, zum Beispiel eine ihm bekannte Krankheit oder ärztliche Behandlung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist der Versicherer berechtigt, den Vertrag zu kündigen.

Leistungsverweigerung bei kausalen Anzeigepflichtverletzungen

Wird der Vertrag gekündigt, erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherers für bereits eingetretene Ereignisse, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Hat er die Taggelder bereits erbracht, hat der Versicherer Anspruch auf Rückerstattung. Zum Beispiel, wenn die anzeigepflichtige Person eine bestimmte, ihr bekannte gesundheitliche Beeinträchtigung verschweigt, später infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig wird und vom Versicherer Taggelder erhält. Diese Taggelder müsste sie bei Auflösung des Vertrags zurückerstatten.

Wahrheitsgetreue Angaben lohnen sich

Zur Prüfung Ihres Antrags auf Erhöhung der Lohnsumme benötigt der Versicherer also einen Gesundheitsfragebogen, um die aktuelle Risikosituation erneut zu beur-teilen. Es lohnt sich, die Fragen sorgfältig zu beantworten und sich dafür Zeit zu nehmen, da die Konsequenzen falscher Angaben von grosser Tragweite sein können.

Ihre Fragen an

Mobiliar-Expertin Carmen Casullerasblickt auf rund 30 Jahre Erfahrung in der Versicherungsbranche zurück und ist auf den KMU-Bereich spezialisiert.

Fragen sind zu richten an:

carmen.casulleras@mobiliar.ch

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