Publiziert am: 24.11.2017

Alternative Finanzierung mit PR-Effekt

INNOVATIONEN FINANZIEREN – Zwei Drittel der Schweizer KMU finanzieren sich ohne Bank, das heisst aus dem eigenen Cashflow. Immer mehr eine Option ist jedoch das Crowdfunding, das erlaubt, bei Investoren direkt Fremdkapital zu beschaffen.

Die Finanzierungssituation von Schweizer KMU hat sich seit 2012 nicht verschlechtert. Dies besagt eine letztjährige Studie des Staatssekretariates für Wirtschaft SECO. Bankkredite sind gemäss SECO auch in naher Zukunft gewährleistet. Weiter zeigte die Studie, dass im letzten Jahr lediglich sechs Prozent der eingereichten Kreditanträge abgelehnt wurden. Dazu Urs P. Gauch, Leiter Firmenkunden bei Raiffeisen Schweiz: «Bei Raiffeisen verzeichnen wir ein Wachstum des Kreditvolumens für Unternehmen von gut sechs Prozent pro Jahr, wovon der grösste Anteil auf KMU entfällt.» Das Riskmanagement sei ein zentraler Bestandteil des Kreditvergabeprozesses, stellt Volker Strohm, Leiter PR/Digital Medien bei der WIR Bank, fest. «Sind Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit gegeben, so finden wir gemeinsam mit dem Kunden immer die passende 
Finanzierungslösung», so der helpy-Experte.

«KMU-Crowdfunding steht in der Schweiz noch am Anfang, ist aber gerade dabei durchzustarten.»

Wenn es jedoch um Finanzierungslösungen in Zusammenhang mit 
Innovationen geht, dann sind für KMU auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten durchwegs eine gangbare Option. Viel Erfahrung damit hat Alwin Meyer, Gründer und Geschäftsführer der Swisspeers AG in Winterthur. Der helpy-Experte bietet mit www.swisspeers.ch eine innovative Finanzierungslösung in Form einer unabhängigen Crowdfunding-Plattform an. «Neben der Finanzierung aus dem eigenen Cashflow wird Eigen- und Fremdkapital eingesetzt. Ersteres kommt oft von Familien und Freunden, letzteres von der Bank», weiss Meyer. Bei den Bankkrediten seien dies vor allem gedeckte Kre­dite. Gerade im ungedeckten Bereich habe das Bankkreditvolumen seit 2009 um fast 50 Prozent abgenommen. Hier komme unter anderem das Crowd­funding zum Tragen. «KMU-Crowd­funding steht in der Schweiz noch am Anfang, ist aber gerade dabei durchzustarten. Die Rückmeldungen unserer KMU-Kunden sind durchwegs positiv», so Meyer (siehe Seite 12). Und er ergänzt: «Die Finanzierung wird plötzlich viel persönlicher, weil das Geld von einzelnen Personen und nicht von einem grossen 
Institut kommt. Wenn gewünscht, kann die Crowdfunding-Kampagne zusätzlich zu PR-Zwecken eingesetzt werden.»

Kleine Unternehmen fördern

Eine weitere Alternative zur klassischen Bankfinanzierungslösung ist die «Mezzaninefinanzierung». «Diese Mittel kommen in der Regel jedoch von Private-Equity-Unternehmen und sind meistens vergleichsweise sehr teuer», erklärt Strohm. Eine spannende Finanzierungsalternative zum klassischen Bankkredit ist auch das Leasing. Nach dem Prinzip «Nutzen statt kaufen» können beispielsweise für Investitionsgüter, die oftmals hohe Mittel binden, Nutzungsrechte erworben werden. Dazu Gauch: «Im Vergleich zum Kredit ist Leasing liquiditätsschonend, da die Kosten auf mehrere Jahre verteilt werden können. Gleichzeitig geht man aber eine mehrjährige Zahlungsverpflichtung ein.» Eine weitere Möglichkeit liegt im Factoring, bei dem Debitorenforderungen an die Bank verkauft werden. «Dabei werden die 
Bilanz entlastet und liquide Mittel rasch verfügbar gemacht. Ein entsprechendes Angebot ist bei uns in Erarbeitung und wird Ende 2018 auf dem Markt sein», sagt Gauch.

Bei Mikro-Unternehmen kommen Bankfinanzierungen weniger häufig vor. Dies könnte auf ein geringeres Finanzierungsbedürfnis zurückzuführen sein: Gemäss SECO verspüren 79 Prozent der Mikro-Unternehmen kein solches Bedürfnis. Raiffeisen nimmt bei knapp 20 Prozent der Mikro-Unternehmen die zentrale Rolle der Hausbank ein. «Insbesondere fördern wir kleine Unternehmen mit innovativen Produkten und Geschäftsmodellen, zum Beispiel durch die Klimastiftung Schweiz, die von Raiffeisen präsidiert wird, oder die enge Zusammenarbeit mit dem Technologiefonds des Bundes», erklärt Gauch. Auch die WIR Bank sieht sich als Förderin der Schweizer KMU-Wirtschaft gerade mit den kleinen Firmen eng verbunden. «Unser KMU-Paket enthält beispielsweise ein kostenloses Sofortkreditlimit von bis zu 10 000 WIR», sagt Strohm.

Chancen und Risiken abwägen

Einig sind sich sowohl Gauch und Strohm als auch Meyer, dass die 
Digitalisierung den Finanzierungs­bedarf beeinflusst. «Alle Firmen müssen in die Digitalisierung investieren, um bestehen zu können», bringt es Meyer auf den Punkt. Und Gauch doppelt nach: «Die Digitalisierung erfordert teilweise grosse Investitionen und damit einhergehend einen Finanzierungsbedarf, der gedeckt werden muss.» Und wie risikofreudig sind denn KMU nun? Zwei Drittel der Schweizer KMU finanzieren sich ohne Bank, das heisst aus dem eigenen Cashflow oder via Familie und Freunde. «Der eine oder andere könnte etwas mehr Risiko in Kauf nehmen, seine Wachstumsprojekte etwas ambitiöser gestalten und in Konsequenz mit Fremdkapital finanzieren», betont Meyer. Ein KMU sei risikofreudig, wenn die Innovation im angestammten Geschäftsfeld entstehe und es somit Chancen und Risiken abwägen könne, weiss Strohm. «Überwiegen die Risiken, so ist das traditionelle KMU eher risikoavers. Hier springen dann oft Start-up-Unternehmen in die Lücke», so Strohm. CR

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