Publiziert am: 21.10.2016

Auf den Zug aufgesprungen

ENERGIEEFFIZIENZ – Seit 1964 baut Stadler an ihrem Hauptsitz in Bussnang im Kanton Thurgau Züge. Die Teilnehmerin der 
Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) spart seit zwei Jahren Energie, bei stetigem Wachstum – eine grosse Herausforderung.

Angefangen mit Zahnradbahnen und kleinen Loks, ist Stadler heute weltweit mit rund 7000 Mitarbeitenden an 15 Standorten vertreten. 1700 davon arbeiten im Mutterhaus in Bussnang. Wohl kaum jemand, der sich täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B bewegt, verbindet die SBB, die Rhätische Bahn oder die städtischen Trams in erster Linie mit der Stadler Bussnang AG. Doch genau hier werden viele der Transportmittel seit über 50 Jahren hergestellt. Dass das Thema Energieeffizienz bei einem solch grossen Unternehmen eine wichtige Rolle spielt, ist naheliegend.

LED’s go!

Genau um dieses Thema kümmert sich Daniel Löffel mit seinem dreiköpfigen Team. Der gelernte Mechaniker ist bereits seit 2002 bei Stadler beschäftigt und kennt den Betrieb wie seine Westentasche. Eine der ersten Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, die Löffel bereits vor der Zusammenarbeit mit der EnAW umsetzte, ist die teilweise Umstellung auf LED. «Wir haben grosse Produktions- und Lagerhallen und brauchen qualitätsbedingt eine starke Beleuchtung», so Löffel. «Ausserdem produzieren wir auf drei Etagen, und nur der oberste Stock hat genügend Tageslicht. Das ist einzigartig in der Schienenbaubranche», erklärt er. Die Umstellung auf LED hat neben der eingesparten Energie von rund 135 000 Kilowattstunden pro Jahr noch andere Vorteile: LED halten deutlich länger und können gut gesteuert werden. «So müssen wir die Leuchten nicht ständig auswechseln, was bei uns aufgrund der sehr hohen und stets gut gefüllten Produktionshallen sehr aufwendig ist.»

«Wir brauchen qualitätsbedingt eine 
starke Beleuchtung.»

Als die Stadler Bussnang AG 2014 die Universalzielvereinbarung mit der EnAW unterschrieb, war für die Umstellung auf LED noch kein konkretes Ende in Sicht. Nun aber sollen bis Ende dieses Jahres rund 75 Prozent aller Hallenbeleuchtungen auf LED umgestellt sein. Dass diese Massnahme vom Kanton Thurgau unterstützt wird, der sich mit dem kantonalen Förderprogramm für eine saubere und sichere Energiezukunft einsetzt, ist ein Vorteil.

Durch Zusammenarbeit 
mit EnAW am Puls

In der Diskussion mit EnAW-Moderator Christoph Rechsteiner taten sich viele Bereiche auf, in denen Stadler Energie sparen kann. «Durch die Zusammenarbeit sind wir darauf aufmerksam geworden, mit welchen Massnahmen wir unsere Energieeffizienz steigern können. Auch sind wir stets auf dem neusten Stand, was gesetzliche oder technische Neuerungen betrifft und wo uns welche Fördermittel zur Verfügung stehen», erklärt Löffel. Für Stadler öffnen sich dadurch neue Möglichkeiten. «Auf viele Dinge, wie zum Beispiel die Rückerstattung der CO2-Abgabe, sind wir erst durch die Zusammenarbeit mit der EnAW aufmerksam geworden.» Mit allen bisher umgesetzten Massnahmen seit dem Ausgangsjahr 2012 konnte die Energieeffizienz um 5,6 Prozent gesteigert und der relative CO2-Ausstoss um 10.8 Prozent gesenkt werden.

Energieeffizienter 
mit Prozesswärme

Um die Züge für die Kunden individuell zu lackieren, verfügt der Standort Bussnang über 15 Lackierkabinen. Damit der Lack schneller trocknet, müssen diese Kabinen bei jedem Lackiervorgang für zwei Stunden auf 60 bis 70 Grad aufgeheizt werden – eine energieintensive Angelegenheit. Damit die daraus entstehende heisse Abluft nicht verschwendet wird, verfügen einige der Lackierkabinen über Rotationswärmetauscher. Diese bestehen aus einem zwei Meter 
grossen Rotor, welcher mit feinen Waben ausgestattet ist, durch die die heisse Abluft geleitet wird. Dadurch erhitzt sich der ganze Drehkörper. Die kalte Luft, die von aussen kommt, wärmt sich beim Abkühlen des Drehkörpers auf und wird wieder in die Kabinen gelenkt. Durch die Rotation des Wärmetauschers wird sichergestellt, dass sich der erwärmte Körper immer wieder in die kühle Ansaugluft dreht und dort die Wärme wieder abgibt. Über solche Rotationswärmetauscher verfügt Stadler bereits seit Jahren. Allerdings handelte es sich dabei zunächst um ein falsches Produkt. «Durch das Lackieren kommen immer wenige Lackpartikel in die Abluft. Die Poren des alten Wärmetauschers waren zu fein, was zu einer Verstopfung des Tauschers führte, so dass man in den Kabinen vor lauter Nebel teilweise nichts mehr sehen konnte», erzählt Löffel. So musste kurzfristig ein Bypass um den Wärmetauscher gelegt werden. Dadurch wurde dieser ausser Kraft gesetzt. «Das hat man bei der Betrachtung der Zahlen gemerkt, da die Wärmetauscher normalerweise stark zur Reduktion vom Energiebedarf beitragen», so Löffel. Die Investition in neue Wärmetauscher war ein entscheidender Bestandteil des ausgearbeiteten Massnahmenplans. Errechnet wurde ein Energiesparpotenzial von 420 000 Kilowattstunden und CO2-Einsparungen von 84 Tonnen pro Jahr. Diese Massnahme, mit einer Payback-Zeit von nur 1,2 Jahren, hält auch EnAW-Moderator Rechsteiner für eine der wichtigsten.

Blick in die Zukunft

Die Stadler Bussnang AG ist ein schnell wachsendes Unternehmen. Stetig werden Prozesse, die früher ausgelagert wurden, zurück an den Standort Bussnang verlegt, was zu einer Steigerung der benötigten Energie führt. Für Löffel bedeutet dies konkret, dass die bereits erreichten Energieeinsparungen aufgrund von fehlenden Referenzjahren kaum interpretiert werden können. Trotzdem sieht er die Anforderungen von Bund und Kantonen zur Steigerung der Energieeffizienz als Chance und geht seiner Tätigkeit mit Leidenschaft nach. Der Technikbegeisterte, der auch privat vermehrt auf energieeffiziente Produkte setzt, stellte der EnAW darum dieses Jahr die Räumlichkeiten der Stadler Bussnang AG für das neu geschaffene KMU-Frühstück zur Verfügung. Dabei hielt er einen Vortrag zum Thema «Energieeffizienz und/oder Komfort».

«Kollegen arbeiten im Winter nicht mehr in kurzen Hosen, weil so stark geheizt wird.»

Komfort ist auch das Zauberwort bei Löffels Sensibilisierung seiner Arbeitskollegen für nachhaltige Themen. So werden beispielsweise die Raumtemperaturen in Werkstätten und Büros nach und nach gesenkt, «so dass die Kollegen im Winter nicht mehr mit kurzen Hosen arbeiten, weil so stark geheizt wird und sie ein Verständnis für ein energieeffizientes Verhalten bekommen».

Joelle Broummana

Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)

Effizienz für die ­Wirtschaft

Seit 2001 bieten die EnAW ihren mittlerweile mehr als 3600 Teilnehmern einen Rundum-Service im Energiemanagement mit von Be-hörden anerkannten Produkten, Dienstleistungen und ISO-50001 konformen Tools. In der Umsetzung setzen sie auf wirtschaftliche Effizienzmassnahmen, die den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss jedes Unternehmens senken. Die EnAW ist eine Non-Profit-Organisation von der Wirtschaft für die Wirtschaft.

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