Publiziert am: 09.08.2019

Aus Fehlern lernen – besser scheitern

START-UP-GRÜNDUNGSFEHLER – Studien belegen, dass oft nicht der Erstentwickler eines Produkts erfolgreich am Markt ist, sondern der sogenannte «Zweitverwerter»: Konkurrenzfirmen oder Investoren, welche die Fehler des Vorgängers analysieren, korrigieren und dann mit einer geschickten Marketingstrategie in den Markt gehen.

In zahlreichen Artikeln werden immer wieder die gleichen Punkte aufgeführt: eine zu geringe Kapitaldecke, unzureichender Produkt­nutzen, falscher Standort oder gar das falsche Team. Kennt jeder und ist nichts Neues. Nur: Diese Fehler kann man sich denken und von vornherein mit guter Planung bereits ausklammern. Es gibt aber Gründe für das Scheitern von Start-ups, die in den vielen Checklisten fehlen.

Selfmade-Marketing

Marketing in all seinen Varianten wie Print, Web und Social Media wird in seinen komplexen Zusammenhängen oft nicht verstanden und kontraproduktiv eingesetzt, Absatzmärkte falsch analysiert. Hier sollte unbedingt auf die Kompetenzen von Profis zurückgegriffen werden. Der Gedanke, dass die Qualität eines Produktes alleine schon reicht, um Kunden zu gewinnen, ist nicht richtig. Der Kunde muss auch wissen, dass es dieses Produkt überhaupt gibt.

Die Qualität eines Produktes ist nur die Grundvoraussetzung, um am Schluss einer langen Kette von Massnahmen (Corporate Design, Marketing, Vertrieb) Erfolg am Markt zu haben. Wer kein Geld in den Vertrieb investiert, ist schnell aus dem Rennen.

Unprofessionelles Gebastel

Ein Aspekt, der meist übergangen wird, ist das Corporate Design. Oftmals setzen junge Unternehmen aus Kostengründen ihre Aussendarstellung selbst auf. Da wird ein Logo in Paint oder PowerPoint gebastelt und eine Website im Schnelldurchlauf mit Baukastensystem zusammengestellt. Dabei wird gerne übersehen, dass gerade ein neues Produkt die Kunden erst einmal überzeugen muss – vor allem qualitativ.

Mit einem selbsterstellten, unprofessionellen Corporate Design wirkt auch das beste Produkt des Start-ups nur wenig hochwertig. Das kann sich sogleich negativ auswirken und auf ein qualitativ eigentlich hochwertiges Produkt zurĂĽckfallen.

Wann wird ein Produkt gekauft?

Auch das beste Produkt verkauft sich nicht von selbst. Oder zumindest so selten, dass man gar nicht erst davon ausgehen sollte. Vertraute, bekannte und attraktiv gestaltete Produkte werden deutlich mehr gekauft als unbekannte oder unansehnliche, «billige» Produkte.

Stellen Sie sich diese Situation vor: Sie stehen vor einem Regal und müssen sich zwischen zwei Produkten entscheiden. Beide Marken sagen Ihnen nichts. Laut Inhaltsangaben scheint es so, als ob beide Produkte die gleiche Qualität besitzen. Das eine ist eher langweilig aufgemacht, das andere spricht sie vom «Look & Feel» her direkt an. Es wirkt dadurch hochwertiger auf Sie.

Stellen Sie sich die Fragen: Bei welchem Produkt fĂĽhlen Sie sich beim Kauf sicherer? Wo sehen Sie den besseren Kosten-Nutzen? Menschen wollen inspiriert und verfĂĽhrt werden. Man denke an all die TV-Werbungen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Was ist in der vorherigen Beispielsituation passiert? Corporate Design ist die Antwort für ein schlüssiges und attraktives Produkt, das gekauft wird. Design und Aufmachung sind vergessene Punkte, die oftmals unter vielen Gründen für das Scheitern eines neuen Produktes untergehen. Bei der Vermarktung gilt es, die Psyche der Kunden zu verstehen. Wie funktioniert die Entscheidungsfindung eines Menschen, warum kauft er sich ein Produkt oder eine Dienstleistung: Menschen wollen nicht nur den Nutzen, sie wollen eine Emotion – sie wollen inspiriert und verführt werden.

Zusammenfassend vier Tipps und Tricks fĂĽr Start-ups, um vor allem Fehler im Marketing und der Aussendarstellung (Corporate Design) zu verhindern:

1) Neben der Leidenschaft und dem Einsatz sollte der Wille da sein, Ihr Produkt den Marktgegebenheiten und der Zielgruppe oder der Szene anzupassen und immer weiter zu verbessern.

2) Stellen Sie Ihre Entwicklung/Ihr Produkt in regelmässigen Abständen durch externe Berater kritisch auf den Prüfstein.

3) Konzentrieren Sie sich wirklich auf Ihre Kernfähigkeiten. Lagern Sie andere Bereiche, in denen Ihre Kompetenzen nicht ausreichend sind, an professionelle Partner aus. Seien Sie ehrlich mit sich selbst. Was können Sie? Und was können andere besser?

4) Das Eingestehen von Fehlentscheidungen. In der Schweiz wird immer noch zu oft Scheitern mit Versagen gleichgesetzt, anstatt Fehlentscheidungen als Teil eines wichtigen und auch normalen Lernprozesses zu sehen. Diese mangelnde Fehlerkultur, für die gerade die USA oft gelobt wird, führt zu einem sturen Festhalten an falschen Entscheidungen – ein Scheitern ist somit vorprogrammiert.

Ehrlichkeit währt am längsten – auch im Geschäft

Laut Untersuchungen machen erfolgreiche Menschen nicht weniger Fehler als erfolglose, sie gehen nur anders mit den eigenen Fehlern um und analysieren die eigenen Entscheidungen besser. Seien Sie also aufrichtig zu sich selbst und lassen Sie sich bei wichtigen Entscheidungen von Fachleuten beraten.

Den guten Umgang mit Fehlern veranschaulicht ein Zitat des irischen Literaturnobelpreisträgers Samuel Beckett: «Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch es wieder. Scheitere wieder. Scheitere besser.» Dieses Zitat hat sich übrigens der Schweizer Tennisspieler Stan Wawrinka auf seinen linken Unterarm tätowieren lassen.

Die professionelle Entwicklung eines attraktiven Corporate Designs ist aber nicht nur die Basis einer Marketingstrategie, sondern dient zusätzlich auch dem Employer Branding: Damit werden langfristig nicht nur neue Kunden, sondern auch Mitarbeiter gewonnen.pd/uhl

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