Publiziert am: 02.06.2017

«Bargeld hat eine hohe Stellung»

alessandro bee – Der Ökonome von UBS Switzerland AG geht davon aus, dass die EZB erst im Jahr 2019 langsam ihre Zinsen erhöhen wird.

Schweizerische Gewerbezeitung:

Die Inflation ist positiv und der Euro scheint wieder an Wert zu gewinnen. Kann die SNB nun von den Negativzinsen abkehren?

n Alessandro Bee: In den nächsten Quartalen müssen wir weiter mit Negativzinsen leben. Trotz der leichten Abschwächung des Frankens gegenüber dem Euro ist unsere Währung noch immer stark überbewertet und die Nationalbank wird sich gegen jede weitere Aufwertung wehren. Dazu hält die SNB ihre Leitzinsen (–0.75 Prozent) tiefer als die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (–0.4 Prozent) um einen Kapitalzufluss aus der Eurozone zu erschweren. Das bedeutet jedoch auch, dass sich die SNB bei der Zinssetzung an der Geldpolitik der EZB orientieren muss. Wir gehen davon aus, dass die EZB erst im Jahr 2019 beginnt, langsam ihre Zinsen zu erhöhen. Damit ist in der Schweiz vor dem Jahr 2019 sicherlich nicht mit positiven Leitzinsen zu rechnen.

Ist es möglich zu schätzen, wie viel Vermögen durch die Negativzinsen verloren gingen?

n Eine belastbare Zahl sind die Einnahmen, welche die SNB generiert. Im Jahr 2016 hat die SNB mit den Negativzinsen knapp CHF 1,6 Mrd. verdient. Generell kann man festhalten, dass sich für die privaten Sparer die Situation gegenüber dem Jahr 2014 nur unwesentlich verändert hat. Bisher haben die Banken die Negativzinsen an ihre Privatkunden kaum weitergegeben. Anders sieht die Situation für institutionelle Anleger aus. Einerseits geben Banken heute vermehrt Negativzinsen an die Institutionellen weiter, andererseits sind Pensionskassen & Co. auch an den Finanzmärkten investiert, wo die Zinsen stark negativ sind.

Warum ist das Bargeld in der Schweiz so beliebt?

n Wir sehen drei Gründe für die starke Stellung des Bargelds in der Schweiz. Bargeld hat eine hohe Stellung, weil die Institutionen hinter dem Bargeld hohes Vertrauen geniessen. Das sind in erster Linie die Nationalbank, im weiteren Sinne ist es der Schweizer Staat. Der zweite Grund ist die traditionell tiefe Inflation in der Schweiz. Hohe Inflation ist Gift für die Bargeldhaltung. Wer in der Schweiz Bargeld hält, kann aber darauf vertrauen, dass er nicht von hohen Inflationsraten überrascht wird. Ein dritter Grund ist der hohe Wert einer einzelnen Schweizer Banknote, was unsere Währung für die Wertaufbewahrung prädestiniert. Die Schweizer 1000-Franken-Note ist heute der wertvollste Geldschein der Welt.

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