Publiziert am: 06.03.2015

Bitte mehr denken beim Lenken

REGULIERUNG – «Gute Regulierung» besteht dort, wo sie notwendig, verständlich, wirksam und effizient ist.

Der sgv kämpft an vorderster Front gegen unnötige Regulierungskosten. Das ist gut und wichtig. Doch das ist nicht das einzige Problem. Neben den höheren Regulierungskosten gibt es auch immer mehr Regulierung an sich. Und sie ist nicht immer von bester Qualität. Das verleitet zur Frage: Was ist eigentlich gute Regulierung?

Ersatz für die Moral?

Die Regulierungswut beschäftigt schon lange sehr viele. Nicht nur in der Wirtschaft, die direkt darunter leidet, sondern weite Kreise sorgen sich. Der «unverdächtige» – d.h. nicht sgv-nahe – Jurist Georg Kohler spricht sogar von einer Proliferation der Verrechtlichung. Immer mehr Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenlebens werden gesetzlich reguliert. Wo bisher Anstand und Ethik genügten, wünsche sich die Politik Regulierung. Kohler meint, je weniger natürliche Regeln eine Gesellschaft befolge, desto mehr wünschten sich Politiker Regulierung als Ersatz für die verloren gegangene Moral.

«EIN GESETZ MUSS
BEWIRKEN, WAS ES
BEABSICHTIGT.»

Keine Frage: In gewissen Dingen ist Regulierung notwendig. Doch selbst wenn sie es ist, muss sie sich zwingend an Rahmenvorgaben halten. Der Jurist Peter Nobel hat dazu einen Kriterienkatalog zusammengestellt. Damit ein Gesetz, eine Verordnung und ähnliches gut und wirksam sind, müssen folgende Kriterien kumulativ eingehalten werden:

n Die Bundesverfassung ist ernst zu nehmen. Sie stipuliert, Regulierung müsse im öffentlichen Interesse stehen. Was bedeutet das? Öffentliches Interesse ist nur dann gegeben, wenn ein Problem systematisch ist und nicht von den einzelnen Akteuren selber behoben werden kann. Also: Ein Einzelfall reicht bei weitem nicht aus, um zu regulieren. Und: Nicht alles, wofür sich der Staat interessiert, ist öffentliches Interesse.

n Aus den öffentlichen Interessen ergibt sich eine viel wichtigere Forderung. Es ist absolut notwendig, keine unnötigen Gesetze zu erlassen.

n Die Lesbarkeit, Einfachheit und Verständlichkeit von Regulierungstexten ist ein weiterer Aspekt, der zunehmend vernachlässigt wird. In der Schweiz gilt immer noch der Grundsatz: Gesetze sind für die Allgemeinheit geschrieben. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat das Recht, Regulierung ohne Beizug eines Anwalts zu verstehen. Kompliziert geschriebene Rechtstexte sind an sich schlecht. Und sie generieren unnötige Regulierungskosten, weil zum Verständnis eine Drittperson gegen Entgelt beigezogen werden muss.

n Jede Firma kennt den Grundsatz der Wirksamkeit: Mit möglichst wenig Mitteln das bestmögliche Resultat erzielen. Niemand würde möglichst viel Mittel einsetzen, um ein nur vage umschriebenes Ziel zu erreichen. Bei der Regulierung ist es dasselbe: Ein Gesetz muss bewirken, was es beabsichtigt. Nebenwirkungen, Breitenwirkungen und externe Effekte sind dringendst zu vermeiden.

n Auch bezüglich der Kosteneffizienz gelten die gleichen Bedingungen wie in der Wirtschaft. Regulierung muss möglichst günstig sein. Und zwar günstig für alle: Staat und Wirtschaft. Es ist problematisch, wenn der Staat Regulierungskosten der Gesellschaft aufbürdet. Damit verkleinert er das Wohlergehen aller.

n Zuletzt: Regulierung muss stetig und verlässlich sein. Gesetze und Verordnungen, die sich alle drei bis fünf Jahre ändern, sind schädlich.

Nötig, einfach und effizient

Was ist also gute Regulierung? Sie wird erlassen, wenn sie notwendig ist; sie ist wirksam, einfach und kosteneffizient; sie währt unverändert lange. Und wie wird die Qualität der Regulierung erhöht? Mit der alten Formel: Mehr denken beim Lenken.

Henrique Schneider, Ressortleiter sgv

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