Publiziert am: 19.02.2016

Bloss leere Versprechungen

Fidleg⁄FINIG – Das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) und das Finanzinstitutsgesetz (Finig) ­versprechen Dinge, die sie schliesslich gar nicht einhalten werden.

Im Parlament werden zwei neue Finanzplatzgesetze beraten: das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) und das Finanzinstitutsgesetz (Finig). Sie versprechen mehr Kundenschutz, eine Harmonisierung der Regeln für Finanzdienstleister und den Marktzugang zur EU. Die schlechte Nachricht: Diese eierlegende Wollmichsau gibt es nicht. Die Gesetze halten nicht, was man sich von ihnen verspricht.

Leeres Versprechen Nummer 1: Kundenschutz

Gemäss Fidleg/Finig werden Kunden geschützt, indem sie nicht beraten werden dürfen. Zugegeben: Interessenten könnten sich als Kunden qualifizieren, wenn sie Eignungs- und Angemessenheitstests bestehen. Diese haben aber ein Preisschild, denn diese zusätzlichen Abklärungen bezahlt der Kunde.

Überhaupt ist der gesamte Kundenschutz falsch konstruiert. Kunden mit kleinen Vermögen – bis etwa 200 000 Franken – oder wenig Wissen werden womöglich nicht mehr bedient. Also: Gerade wer am stärksten auf Beratung angewiesen ist, wird ausgeschlossen. Oder muss den sogenannten Haftungsausschluss unterschreiben. Damit ist die Gleichberechtigung von Kunde und Berater definitiv verloren. Denn so wählen Berater ihre Kunden aus und überwälzen ihnen auch noch das ganze Risiko.

Überwälzt wird den Kunden nicht nur das Risiko. Bezahlen müssen sie auch noch die ganzen Regulierungskosten. Fidleg und Finig schaffen es pro Jahr auf rund 300 Millionen Franken Regulierungskosten. Das hört sich nach viel an – und es ist auch viel. Die Schätzung allerdings ist eher konservativ. Denn viele neue Institutionen wie Aufsichtsorganisationen, Prospektprüfer, Ombudsstellen und Register werden neu ins Leben gerufen. Und diese müssen selbstverständlich bezahlt werden. Von wem? Natürlich von den Kunden.

Leeres Versprechen Nummer 2: Harmonisierung der Regeln

Mit Fidleg/Finig werden nicht Regeln harmonisiert. Es wird vielmehr hemmungslos zu Gunsten einiger weniger reguliert. Denn diese neuen Gesetze orientieren sich an Bedürfnissen und Strukturen von Grossbanken. Geschickt regulieren Fidleg und Finig alle «Player» auf dem ersten Blick gleich. Doch: Wenn eine Grossbank einen Franken für Regulatorisches ausgibt, sind es bei mittleren Instituten um die vier und bei den KMU um die zehn Franken. Das erklärt sich aufgrund der Strukturen, die dafür neu aufgebaut oder dazugekauft werden müssen.

Und der Schweizer Finanzplatz ist von Finanz-KMU geprägt. Die meisten unabhängigen Vermögensverwalter sind Mikrounternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitenden. Finanzplanerinnen, Versicherungsbroker, Treuhandunternehmen… das sind alles typische KMU. Und sie haben mit den neuen Finanzplatzgesetzen ein grosses Problem. Denn sie müssen eine Vielzahl neuer Regeln einhalten und Aufsichtsinstitutionen aufbauen. Das kostet viel Geld. Und wenn die Finanz-KMU diese Zusatzkosten nicht ihren Kunden überwälzen können, gehen sie unter.

Leeres Versprechen Nummer 3: Marktzugang zur EU

Fidleg und Finig geben vor, den ­Zugang zum EU-Markt für Finanzdienstleister zu ermöglichen. Schliesslich – so das Versprechen – setzen beide Gesetze die EU-Direktive MIFID II um. Nur: MIFID II enthält keine «cross-border»-Regulierung. Unter MIFID II sind die einzelnen EU-Mitgliedstaaten selber für die Zulassung ausländischer Anbieter zuständig; sie können sogar für alle ausländischen Anbieter striktere Normen erlassen. Auch für Schweizer.

Man kann es auch noch viel knapper formulieren: Äquivalenz und Marktzugang sind politische Entscheidungen, die nicht mit Fidleg/Finig erzwungen werden können. Und selbst wenn Äquivalenz gegeben wäre, müsste man den Marktzugang mit jedem Land einzeln aushandeln. Dafür braucht es kein Fidleg/Finig.

Die Bilanz ist denkbar mager. Nutzen stiften diese Gesetze keinen – ausser für Grossbanken. Probleme generieren sie in Mengen: 300 Millionen Zusatzkosten im Jahr; Finanz-KMU, die schliessen müssen; Kunden, die ausgeschlossen werden. Die Schlussfolgerung ist doch glasklar: Fidleg und Finig braucht es nicht.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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