Publiziert am: 22.03.2019

Burnout ist keine Berufskrankheit

SOZIALVERSICHERUNGSRECHT – Immer wieder wird verlangt, Burnouts und andere psychische Gesundheitsstörungen zu Berufskrankheiten zu erklären. Das wäre nicht nur sachlich falsch. Es käme die Arbeitgeber auch sehr teuer zu stehen.

Das schweizerische Sozialversicherungsrecht unterscheidet zwischen Krankheiten und Berufskrankheiten. Im Unfallversicherungsgesetz wird klar umschrieben, was unter einer Berufskrankheit zu verstehen ist: Als Berufskrankheiten gelten Krankheiten, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind. Der Bundesrat führt eine Liste, in der fein säuberlich alle Berufskrankheiten erfasst werden. Die Definition einer «gewöhnlichen» Krankheit sucht man in der schweizerischen Gesetzgebung hingegen vergebens.

Was auf den ersten Blick nach einer Spitzfindigkeit aussehen mag, kann für die Betroffenen einschneidende Konsequenzen haben. Bei einer Berufskrankheit ist die vom Arbeitgeber finanzierte Unfallver­sicherung für die Leistungen zu­ständig. Bei einer «gewöhnlichen» Krankheit die durch Prämien und Steuern finanzierte Krankenkasse. Für «gewöhnlich» Erkrankte hat das zur Folge, dass sie Franchise und Selbstbehalt bezahlen müssen.

«Linke und Gewerkschaften versuchen immer wieder, den Katalog der Berufskrankheiten zu erweitern.»

Taggelder werden nur dann ausgerichtet, wenn vorgängig eine Taggeldversicherung abgeschlossen wurde. Und auch hinsichtlich Betreuungs- und Wiedereingliederungsmassnahmen sowie allfälliger Renten fahren «gewöhnlich» Erkrankte schlechter. Aus Versichertensicht gilt daher: Wenn schon eine gesundheitliche Beeinträchtigung, dann mit Vorteil ein Unfall oder eine Berufskrankheit.

Als ob «die Arbeit» krank machen würde

Es erstaunt daher nicht, dass Linke und Gewerkschaften immer wieder versuchen, den Katalog der Berufskrankheiten zu erweitern. So musste sich die sozialpolitische Kommission des Nationalrats jüngst mit einem parlamentarischen Vorstoss beschäftigen, der Burnouts zur Berufskrankheit erklären wollte. Der Vorstoss wurde zu Recht abgewiesen. Denn das Gesetz hält klar fest, dass nur solche Krankheiten als Berufskrankheiten gelten, bei denen nachgewiesen werden kann, dass sie ausschliesslich oder stark überwiegend durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind.

«Burnouts sind komplexe Phänomene, deren Ursachen vielfältig sind.»

Die vom Gesetz geforderte Kausalität fehlt in der Regel beim Burnoutsyndrom oder bei anderen psychischen Gesundheitsstörungen. Burnouts sind komplexe Phänomene, deren Ursachen vielfältig sind und meist nur teilweise oder gar nicht im beruflichen Bereich zu suchen sind. So spielen bei Burnouts arbeitsfremde Faktoren wie familiäre, finanzielle und/oder kulturelle Umstände meist eine mitentscheidende Rolle. Aufgrund der multifaktoriellen Ursachen wäre es daher schlicht falsch, Burnouts als Berufskrankheit anzuerkennen. Für die Arbeitgeber ist es wichtig, dass das Parlament an seiner bisherigen Linie festhält. Jede Ausweitung der Liste der Berufskrankheiten hat zur Folge, dass die ausschliesslich durch die Arbeitgeber finanzierte Berufsunfallversicherung teurer wird. Burnouts und ähnliche psychische Gesundheitsstörungen verursachen zusehends höhere Kosten. Würden diese auf die Berufsunfallversicherung abgewälzt, wären substanzielle Prämienerhöhungen unausweichlich.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

die chefin der arbeitsmedizin bei der Suva sagt:

«Burnoutfälle sind multifaktoriell verursacht und haben fast immer auch eine private Ursache. Sie erfüllen deshalb die Voraussetzungen zur Anerkennung nicht.» Diese Haltung äusserte die Suva-Arbeitsmedizin-Chefin Claudia Pletscher in einem Interview zum Thema. Typische Berufskrankheiten sind z. B. Erkrankungen durch giftige Stoffe, Strahlungen oder Staublungen.

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