Publiziert am: 02.10.2020

Chance und Herausforderung

GroupE mutuel – Kristel Rouiller, Leiterin HR der Groupe Mutuel, berichtet von Kernaspekten für die Zukunft des Homeoffice in Zeiten der Pandemie. Nebst vielen zweifellos positiven Aspekten ergeben sich auch Konsequenzen, die nicht zu unterschätzen sind.

«Die Pandemie hat das Homeoffice und die Digitalisierung in unserem Unternehmen bedeutend beschleunigt», sagt Kristel Rouiller, Leiterin HR der Groupe Mutuel. «Wie viele andere Unternehmen auch haben wir im Zug der Corona-Pandemie bereits geplante HR-Projekte schneller umgesetzt.» Die Projekte waren nicht neu und teilweise schon validiert. «So gesehen hatte die Pandemie positive Auswirkungen, vor allem auf das Homeoffice.»

Insgesamt lief der Übergang zum Homeoffice bei der Groupe Mutuel reibungslos ab und ab dem 13. März 2020 arbeiteten 90 Prozent der Mitarbeitenden von zu Hause aus. «Es war ein Sprung ins kalte Wasser, da wir alles innert weniger Tage umstellen und teils komplexe IT-Herausforderungen meistern mussten. Ausserdem bedurfte es einer gewissen Flexibilität und eines Pragmatismus, um die Befürchtungen und Zweifel mancher Mitarbeitenden auszuräumen. Die Analyse einer internen Umfrage hat gezeigt, dass 75 Prozent der Mitarbeitenden mit dem Homeoffice sehr zufrieden waren und 79 Prozent äusserten, sie würden gerne weiterhin von daheim aus arbeiten. Wir haben deshalb unsere Abläufe überarbeitet und seit dem 15. Juli 2020 ist das Homeoffice dauerhaft zu 50 Prozent des Pensums und für höchstens zwei Tage pro Woche möglich. Bisher ist das Fazit sehr positiv. Die Mitarbeitenden sind äusserst zufrieden und das wirkt sich sowohl auf die Work-Life-Balance aus als auch auf die Arbeitsmotivation, auf die Anzahl der Fehltage, die deutlich zurückgegangen sind, und die Produktivität, die gestiegen ist.»

Neben den zahlreichen positiven Aspekten des Homeoffices ergeben sich aber auch einige Herausforderungen: Wie lassen sich die notwendigen Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden und die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu Hause umsetzen? Wie lässt sich ein Gleichgewicht finden und wie die sozialen Kontakte im Team aufrechterhalten, gerade während der Pandemie? Im Homeoffice ist es wichtig, Regeln aufzustellen und eine Trennung zwischen dem Privat- und Berufsleben zu etablieren. Engagiert bei der Arbeit zu sein ist wichtig, aber man muss auch lernen, sich abzugrenzen und das eine vom anderen zu trennen, damit man nicht den ganzen Tag am Computer sitzt. «Diese Aspekte können durch Schulungen, Beratungen und Erfahrungsberichte verbessert werden, insbesondere durch Videos und Tutorials, die sehr geschätzt werden.»

Wichtig bleibt die Frage, in welchem Umfang das Homeoffice möglich sein soll. Soll es begrenzt werden oder nicht? In vielen internationalen Unternehmen, z. B. bei Google oder Nestlé, sind 100 Prozent des Pensums im Homeoffice möglich.

«Wir haben uns dafür entschieden, dass die Mitarbeitenden max. zwei Tage von zu Hause aus arbeiten können, aber auch nicht müssen. Es braucht von allen eine gewisse Flexibilität und vor allem sind die Teamleiterinnen und Teamleiter in ihrer Rolle gefordert. Sie müssen mehr für ihre Mitarbeitenden da sein, auf ihre Bedürfnisse reagieren, sie begleiten und coachen. Insgesamt läuft alles sehr gut, auch wenn die Umstellung für manche Mitarbeitenden gross war.»

Schliesslich bleibt das Problem fehlender sozialer Kontakte, besonders in dieser Zeit der Pandemie. «Meiner Meinung nach ist dies das grosse Thema. Wir müssen Mittel und Wege finden, um den sozialen Kontakt untereinander zu ermöglichen, gerade während der Pandemie, in der die Hürden besonders gross sind. Kein Händeschütteln mehr, wenig Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen, kaum persönliche Besprechungen oder wenn, dann mit Maske. Dies alles birgt gewisse Gefahren: das Gefühl für den Sinn der eigenen Arbeit kann verloren gehen und zwischenmenschliche Wärme, Freundlichkeit und Interaktion fehlen. Ich glaube nicht, dass ein Unternehmen ohne persönlichen Kontakt und nur über virtuelle Besprechungen gut funktionieren kann. Da fehlt die Würze, es fehlen die Diskussionen. Vielleicht ist man produktiver, aber man ist dafür auch von dem getrennt, was das Unternehmen ausmacht, von der Unternehmenskultur und der Atmosphäre im Team. Ich denke, dass die Zukunft des Homeoffices eng verbunden ist mit der Suche und Schaffung neuer Kontaktmöglichkeiten, welche die Interaktionen sowohl ­virtuell wie auch persönlich stär-ken und unserer Arbeit einen Sinn geben.»

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