Publiziert am: 23.03.2018

CO2-Gesetz: Ja – aber wie?

UMWELT – Die Beratungen für das neue CO2-Gesetz haben angefangen. Zwar hat das Parlament noch Zeit bis zum Jahr 2020, aber die Beratungen werden sicher langwierig sein.

«Das CO2-Gesetz ist eine anspruchsvolle Vorlage,» erklärt der Luzerner FDP-Nationalrat und Unternehmer Peter Schilliger. «Sie betrifft eine breite Palette von Akteuren, zum Beispiel das Gebäude, die Wirtschaft, die 
Mobilität und sogar die Landwirtschaft.» Ein Abwägen und Austa­rieren aller Massnahmen braucht demnach Zeit.

Die Schweiz ist fĂĽhrend

Dabei hat der Bundesrat einen wichtigen Vorentscheid gefällt: Grundsätzlich soll die Struktur des heute geltenden Gesetzes beibehalten werden. Die Schweiz ist schliesslich jetzt schon führendes Vorbild im Klimaschutz. Kein Land hat ein so weitreichendes Gesetz; niemand ist gleich ambitioniert; und nirgends gibt es eine de facto höhere Steuer auf CO2-Emissionen.

Die wesentlichen Elemente des heutigen Gesetzes sind: die Abgabe auf Brennstoffen, welche maximal 120 Franken pro Tonne betragen darf; die Befreiungsmöglichkeit für Unternehmen, die sich Energieeffizienzziele geben und diese auch erreichen; die inländischen Kompensationsmassnahmen auf Treibstoffen, sowie die Vorschriften zur Energieeffizienz, beispielsweise von Fahrzeugen.

Ein Drittel im Ausland

Das neue Gesetz – zumindest nach dem Vorschlag des Bundesrates – führt dieses Gerüst fort und passt es an. Die wichtigste Anpassung ist das Reduktionsziel der Schweiz. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen von Treibhausgasen im Vergleich zum Jahr 1990 halbiert werden. Das Ziel bis zum Jahr 2020 war noch eine Reduktion von 
20 Prozent – allerdings nur im Inland. Das neue Gesetz soll erlauben, ein gutes Drittel des Ziels mit Massnahmen im Ausland zu erreichen.

«JE FLEXIBLER DAS ­GESETZ, DESTO HÖHERE 
REDUKTIONEN SIND MÖGLICH.»

Das neue Gesetz will die CO2-Abgabe auf maximal 210 Franken pro Tonne anheben. Künftig könnten sich kleinere KMU auch nicht mehr von der Abgabe befreien, denn eine neue Schwelle soll eingeführt werden. Befreit können nur noch jene Firmen, die mehr als 15 000 Franken CO2-Abgabe im Jahr bezahlen. Dafür können sich Unternehmen aus allen Branchen befreien lassen – vorausgesetzt, sie sind nicht klein.

Viel Korrekturbedarf

«Der Ausschluss von Kleinunternehmen aus dem Befreiungssystem ist für den sgv nicht akzeptabel», sagt sgv-Präsident und Nationalrat Jean-François Rime. Ganz generell will der sgv die bundesrätliche Vorlage KMU-freundlicher machen. Der Gewerbeverband unterstützt das Reduktionsziel des Bundesrates. Damit dieses Ziel jedoch erreicht wird, ist eine flexible Umsetzung unerlässlich. Wenn daraus noch Chancen für die Wirtschaft entstehen sollen, dann muss das Gesetz auch verhältnismässig sein.

Einen höheren Höchstabgabesatz für CO2 lehnt der sgv ab. Die heutigen 120 Franken pro Tonne genügen. Viel wichtiger ist: Die Energieeffizienzprogramme müssen in die Breite wachsen. Gerade für die Kleinunternehmen muss es attraktiv und wirtschaftlich sein, CO2-Emissionen zu reduzieren. Das geht nur, wenn sie sich an den Programmen beteiligen dürfen und dafür belohnt werden. Im Klartext: Die 15 000-Franken-Schwelle muss fallen.

«Es gilt ganz generell», komplettiert Rime, «nur ein CO2-Gesetz, das wirtschaftstauglich ist, ist ein gutes 
Gesetz. Denn es zählt nicht, wie 
viele fein gegliederte Regeln es gibt. Es zählt nur, ob CO2-Emissionen 
reduziert werden. Je flexibler das 
Gesetz, desto mehr Reduktionen sind möglich.»

Henrique Schneider, 
Stv. Direktor sgv

MOTION WOBMANN

Energieetikette 
abschaffen?

Der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann möchte die Energieetikette abschaffen. «Durch die Einführung absoluter CO2-Vorgaben für Personenwagen», hält Wobmann in seiner Motion fest, «hat die Energieetikette ihren Sinn und Zweck eingebüsst.» Die Senkung des Zielwerts von heute 130 auf 95 g CO2 pro Kilometer im Jahr 2020 führe das Energielabel «endgültig ad absurdum» – eine weitere Verschärfung dieses Werts ab 2025 sei 
zudem bereits in Sicht. Verbraucher und Autokäufer richteten sich verstärkt nach dem absoluten CO2-Ausstoss eines Fahrzeugs, anstatt «auf die undurchsichtig und kompliziert berechneten Buchstabenkategorien zu achten». Dabei resultierten durch die Einbeziehung des Fahrzeuggewichts oft nicht nachvollziehbare Ergebnisse. «So ist ein Modell mit Brennstoffzelle, das über Wasserstoff seine elektrische Energie bezieht, in die zweitschlechteste Kategorie F eingeteilt – dabei stösst es keinerlei Emissionen oder CO2 aus.»

Ein immenser Aufwand

Darüber hinaus stellten die Vorschriften zur Energieetikette sowohl für den Fahrzeughandel als auch für die Verwaltung einen immensen Aufwand dar, so Wobmann weiter. «Garagisten und Aussteller an Fahrzeugmessen können beim kleinsten Fehlverhalten gebüsst werden. Und das Bundesamt für Energie muss jedes Jahr neue Kategorie­grenzen ziehen, damit nur eine bestimme Anzahl an Fahrzeugen die beste Einstufung A erhält.» Die anstehende Änderung des Fahrzeugtestzyklus vom NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) auf die WLTP (Worldwide harmonized Light vehicle Test Procedure), die auch bei der Energieetikette aufwendig vollzogen werden muss, biete «eine ideale Gelegenheit, um auf die veraltete und überholte Energieeffizienz-Einstufung zu verzichten.»

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