Publiziert am: 14.08.2015

«Das darf nie mehr passieren!»

PETER REMUND – Die «Jury Ritter der Strasse» hat 2001 beim Gotthardtunnel-Inferno viele Helferinnen und Helfer gewürdigt.

Schweizerische Gewerbezeitung: Eine Studie der ADAC zeigt, das Unfallrisiko im Gotthardstrassentunnel ist hoch. Wie schätzen Sie dieses Resultat als ehemaliger Präsident der Jury Ritter der Strasse ein?

n Peter Remund: Verschiedene Stu­dien, unter anderen diejenigen des Deutschen Automobil-Clubs ADAC oder der Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu, zeigen, dass mit dem Bau einer zweiten Röhre am Gotthard die Unfälle bezüglich Anzahl und Schwere gesenkt würden. Ohne zweite Sanierungsröhre besteht im Gotthardstrassentunnel ein ständiges Sicherheitsrisiko.

Was macht den Gotthardstrassentunnel so gefährlich?

n Das Unfallrisiko ist im engen Raum eines Tunnels mit Gegenverkehr und ohne Abstellstreifen sehr hoch. Die Gefahr von Frontalkollisionen und schweren Unfällen ist logischerweise viel höher als bei richtungsgetrennten Tunnels. Das Risikopotenzial des Gotthardstrassentunnels wird zudem noch erhöht durch seine Länge von 17 km, durch die Breite der Fahrbahn, durch die allgemeine Dichte des Verkehrs sowie durch den verhältnismässig hohen Anteil (22,8 Prozent) an Schwerverkehr. Übermüdung oder schon nur eine leichte Unkonzentriertheit beim monotonen Fahren durch den relativ langen 
Tunnel können fatale Auswirkungen haben.

2001 beim Unfall im Gott­hardstrassentunnel gab es 11 Tote. Sie waren damals Präsident von «Ritter der Strasse» und haben viele Helfer gewürdigt. Wie haben Sie diesen Unglücksfall erlebt?

n Die Aktion «Ritter der Strasse» ist durch die Polizei, die Medien sowie privat Verkehrsteilnehmer informiert worden. Der Unfall mit 11 Toten war damals vielerorts ein äus­serst tragisches Ereignis und somit bei vielen Leuten in bleibender Erinnerung. Weniger bekannt war jedoch, dass zahlreiche – zum Teil unbekannt gebliebene – Helferinnen und Helfer dabei tatkräftig und selbstlos ihr Leben zur Rettung anderer eingesetzt haben. Dies waren nicht nur professionelle Sanitäter und Feuerwehrleute, sondern auch Privatpersonen und unbeteiligte Tunnelbenützer. Wir ­haben dann beschlossen, dass man diese Tat würdigen müsse. Denn all diesen Rettern gebührt hohe Wertschätzung und dankbare Anerkennung für ihren mutigen, unermüdlichen und gefährlichen Einsatz. Als äusseres Zeichen der Dankbarkeit hat die Aktion «Ritter der Strasse» am 14. Juni 2002 in der Autobahnraststätte Gotthard Nord in Erstfeld in Anwesenheit von Behörden und Polizei eine Erinnerungsplakette angebracht.

Was geht einem durch den Kopf, wenn man die Argumente der Gegner einer zweiten Röhre hört und die Bilder vom Unfall von 2001 vor Augen hat?

n Ein derartiger Unfall darf sich ­niemals mehr ereignen – dies sind 
11 Tote zu viel. Alle möglichen Massnahmen dagegen sollten ergriffen werden. Deshalb braucht es dringend einen richtungsgetrennten Tunnel bzw. den Bau der zweiten Sanierungsröhre.

Die Gegner einer zweiten Röhre versuchen mit Flickwerk, wie beispielsweise einer versenkbaren Mittelleitplanke, Verbesserungen bei der Sicherheit zu generieren. Was halten Sie davon?

n Als Nichtfachmann erachte ich dies als wenig sinnvoll. Es muss eine möglichst wirksame Lösung getroffen werden – eben eine zweite Röhre. Interview: Corinne Remund

ZUR PERSON

Peter Remund 
präsidierte von 
1998 bis 2008 
die Jury Ritter 
der Strasse. Der 
Jurist war zudem 
von 1971 bis 
2006 als Leiter 
des Rechtdienstes bei der Be­ratungsstelle für Unfallverhütung bfu tätig. Er wohnt im aargauischen Lenzburg.

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