Publiziert am: 09.04.2021

Dem Sturm getrotzt – mit viel Stil

STROTZ AG – Die einzige Schweizer Schirmfabrik mit eigener Produktion in Uznach/SG setzt seit Jahrhunderten erfolgreich auf Schirm, Charme und altes Handwerk verbunden mit innovativem Know-how. So hält Familie Strotz seit fünf Generationen die Schirmmacher-Tradition am Leben.

Nun steht der stürmische April mit immer wieder ein paar Tröpfchen Regen vor der Tür: Für die Strotz AG in Uznach das ideale Wetter – denn die einzige Schirmfabrik der Schweiz lässt niemanden im Regen stehen. Wahrscheinlich hat der Familienbetrieb einen direkten Draht zu den Wettergöttern, kann er doch auf eine jahrhundertelange Schirmmachertätigkeit zurückschauen. Von den rund dreissig Schirmmanufakturen in den Hochzeiten hat nur die Strotz AG den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft und deckt seit 170 Jahren die Schweiz zuverlässig mit Regen­schirmen ein. «Wir waren und sind immer inhabergeführt, haben schnelle Entscheidungswege und sind so äusserst flexibel und agil unterwegs», erklärt Mitinhaberin und Co-CEO Andrea Strotz das Erfolgsrezept. Zusammen mit ihrem Cousin Roman Strotz ist sie die fünfte Generation am Ruder; auch ihr Vater Edgar Strotz ist noch in der Geschäftsleitung eingebunden. Bevor die Dipl. Betriebsökonomin FH die Familientradition weiterführte, sammelte sie Erfahrungen und Know-how in Grosskonzernen. «Es hat mich gereizt, dass ich hier das Produkt von A bis Z mitentwickeln und vermarkten kann. Ich habe so Einfluss sowohl auf die Entstehung des Produktes als auch auf den ­Verkauf und das Marketing», so die 37-Jährige. Für die innovative KMU-Frau ist der Schirm ein unverzichtbares modisches Accessoire.

«Mein Plan ist es, die Schirmproduktion wieder zurück nach Europa zu holen.»

Den Grundstein für das bis heute von Familienhand geführte Unternehmen legte Arnold Strotz. 1851 eröffnete der Schirmmacher nach seiner Lehre in Uznach eine eigene Werkstatt und bot seine handgemachten Einzelstücke den Geschäften in der Region sowie landesweit an. Die Nachfrage stieg und so entstand 1954 das heutige Fabrikationsgebäude im Herrenacker. Ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte ereignete sich Anfang der 90er-Jahren. Dann verlagerte die Strotz AG einen Teil der Produktion nach Fernost – denn die 45 Minuten Handarbeit, die ein Schirm benötigt, kosten in Asien ­einen Bruchteil. «Wir arbeiten dort mit zuverlässigen Partnern zusammen und sind auch mehrmals im Jahr vor Ort, um die Qualität zu überprüfen und ob alle sozialen Standards eingehalten werden. ­Deswegen sind wir auch Mitglied des internationalen Programms ­amforiBSCI», sagt Strotz.

Nach wie vor am Standort Schweiz festhalten

Die Firma produziert jährlich bis zu 700 000 Schirme ihrer beiden Marken Strotz und Knirps, wovon rund 2 bis 4 Prozent Eigenproduktionen sind. Strotz ist Partner der international bekannten Taschenmarke und so in wichtige Produkte- und Unternehmensentscheidungen involviert. Der Standort in der Schweiz ist für das KMU unabdingbar: «Ein Schirm ist technisch ein anspruchsvolles Produkt. Deshalb ist es wichtig, dass wir vor Ort unsere Kunden beraten können», so die weitsichtige Unternehmerin. Zu den Kunden gehören nebst dem Detailhandel vor allem Firmen, die Wert auf hochwertige Qualität legen. Ein weiterer Absatzmarkt ist der Onlineshop. «Wir machen damit gute Erfahrungen, die Kunden schätzen die vielfältige Auswahl», so Strotz. «Trotzdem wird ein Schirm hauptsächlich spontan gekauft, das heisst der stationäre Handel wird für den Schirmverkauf immer der wichtigste Kanal bleiben.» Das Unternehmen agiert in drei Geschäftsbereichen: Regenschirme für den Fachhandel, Werbeschirme für Unternehmen und Sonnenschirme. «Hier produzieren wir Überzüge in Lohnfertigung für einen grossen Sonnenschirmhersteller», konkretisiert Strotz. Und ergänzt: «Je nach Kundenanfragen werden auch Spezialanfertigungen, sei es für das Theater oder auch ein Hudi-Schirm für die Fasnacht, produziert.»

Im geräumigen Nähatelier produzieren die sieben Mitarbeitenden mit viel Fingerspitzengefühl, routinierten Griffen und viel Liebe zum Detail die Schirme. Hat man das Gestell und den Stoff, so gilt: Stoff zuschneiden und stanzen – säumen – zusammennähen der einzelnen Segmente – Schliessband schneiden, nähen, Druckknopf anbringen und den Schirmstoff annähen – den Überzug am Gestell befestigen – und zu guter Letzt den Schirmgriff anleimen – fertig ist der Schirm. «In unseren Schirmen stecken ganz viel Handarbeit und Leidenschaft», so Strotz. «Bei einem Taschenschirm besteht das Gestell aus über 300 Einzelteilen, da benötigt es auch bei den modernen Maschinen noch viel Handarbeit.» Die Materialien stammen wann immer möglich aus der Nähe – im Schirmstoffbereich zum Beispiel aus Norditalien. Schirmgestelle gibt es allerdings nur noch aus Fernost.

Das «Swiss made»-Label tragen die Produkte, weil mit der Fertigung der grösste Teil der Mehrwertschaffung in den Uznacher Produktionsräumen geschieht. Dies läuft im Grundsatz, mit Unterstützung von einigen Spezialmaschinen, immer noch genauso wie bei Arnold Strotz anno 1851 ab. «Leider ist der Schirm teilweise zu einem Wegwerfprodukt geworden.» Die engagierte Unternehmerin stellt erfreulicherweise jedoch eine Trendwende fest: «Viele Konsumenten legen wieder mehr Wert auf ­gute Qualität und sehen den Schirm wieder mehr als modisches Accessoire.»

Mehr Wertschätzung für den Schirm

Ein Blick in die Zukunft. Innovationen in Sicht? Immer ein Thema seien leichterere, robustere, windbeständigere Materialien, so Strotz. Und natürlich die Nachhaltigkeit: «Wir haben eine PFC-freie Imprägnierung zusammen mit der Firma schoeller technologies entwickelt, die nun Standard bei all unseren Schirmen ist.» Unter dem Kapitel umweltfreundlich läuft auch der Reparaturservice. «Sollte ein Schirm nicht mehr reparierfähig sein, so zerlegen wir ihn in Einzelteile und verwenden diese wieder.» Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es die Veränderungen im Detailhandel im Auge zu behalten und immer einen Schritt voraus zu sein. Die Ostschweizer Schirmfabrikanten haben noch viel Ideen in den Schubladen. «Mein langfristiger Plan ist es, die Schirmproduktion wieder zurück nach Europa zu holen. Ich möchte dem Schirm seine Wertschätzung als schickes Accessoire zurückgeben und dafür sorgen, dass er auch im Sommer als UV-Schutz benutzt wird», verrät die engagierte Unternehmerin. Corinne Remund

www.strotz.ch

FOKUS KMU

So entsteht ein Schirm

Sie können im TV-Format «FOKUS KMU» den Ostschweizer Schirmfabrikanten über die Schulter gucken und einen Blick ins Produktionsatelier der einzigen Schweizer Schirmfabrik Strotz AG in Uznach werfen. Ab Montag, 26. April, täglich um 17.25 Uhr auf TeleBärn, Tele M1, Tele Züri, tvo und tele1, und ab Montag, 29. März, täglich um 17.25 Uhr auf TeleZ.

www.fokus-kmu.tv

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