Publiziert am: 27.05.2016

Den Kunstmarkt nicht regulieren

folgerecht – Mit der Einführung des Folgerechts sollen bildende Künstlerinnen und Künstler am Erlös aus dem Weiterverkauf ­ihrer Werke beteiligt werden. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv sieht dafür keine Notwendigkeit.

Der Bundesrat hat Mitte Mai in Erfüllung des Postulats «Erlös für Schweizer Künstlerinnen und Künstler» des Berner BDP-Ständerats Werner Luginbühl einen Bericht verabschiedet, in welchem er verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten des Folgerechts darlegt und die wirtschaftlichen Auswirkungen analysiert. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv sieht keine Notwendigkeit, ein Folgerecht einzuführen.

Nur für den Sekundärmarkt

Gegenstand des Folgerechts ist die Beteiligung der bildenden Künstlerinnen und Künstler am Erlös aus dem Weiterverkauf ihrer Werke durch den Kunsthandel. Beim Verkauf von Originalen der bildenden Kunst und bei Originalhandschriften der Schriftsteller und Komponisten geniesst der Urheber beziehungsweise die nach seinem Ableben dazu berufenen Personen oder Institutionen (z.B. eine Stiftung) ein unveräusserliches Recht auf Beteiligung am Erlös aus Verkäufen eines solchen Originalwerks nach der ersten Veräusserung (Primärmarkt) durch den Urheber. Das Folgerecht soll dem Urheber zustehen und erstreckt sich ausschliesslich auf die Weiterveräusserung (Sekundärmarkt) von Originalen der bildenden Kunst. Gemäss Postulant sollen in erster Linie weniger bekannte, aber auch bereits arrivierte Künstlerinnen und Künstler in den Genuss einer zusätzlichen Entschädigung kommen und so ihren ausländischen Kolleginnen und Kollegen gleichgestellt werden. Ausgenommen sind Werke der Architektur und der angewandten Kunst.

In Europa weit verbreitet

Zahlreiche Staaten in Europa, darunter alle EU-Mitglieder, kennen das Folgerecht. Seine Wurzeln liegen 1920 in Frankreich. Die grössten Kunsthandelsplätze, USA und China, haben es allerdings nicht eingeführt. Auf internationaler Ebene ist es in der «Berner Übereinkunft» verankert. Es steht den Mitgliedstaaten der Berner Übereinkunft aber frei, ob sie das Folgerecht einführen und wie sie es inhaltlich ausgestalten wollen. In der Schweiz stand das Folgerecht im Rahmen früherer Revisionen bereits zur Debatte, wurde aber immer wieder abgelehnt. Da das Folgerecht ausschliesslich die Weiterveräusserung von Kunstwerken auf dem Sekundärmarkt erfasst, wären in erster Linie Galerien und Kunsthändler betroffen. Die Vergütung müsste der Verkäufer entrichten.

Negative Auswirkungen 
des Folgerechts

Die Einführung des Folgerechtes hätte aus verschiedenen Gründen negative Auswirkungen auf den international bedeutsamen Schweizer Kunstmarkt.

nDruck auf den Primärmarkt: Noch wenig bekannte Künstlerinnen und Künstler könnten unter der Einführung eines Folgerechts leiden und im Rahmen des Erstverkaufs ihrer Werke geringere Einnahmen erzielen.

«DIE GRÖSSTEN 
HANDELSPLÄTZE FÜR KUNST KENNEN KEIN FOLGERECHT.»

nWettbewerbsverzerrungen: Die Einführung eines Folgerechts kann zu Verlagerungen zwischen den verschiedenen Kunsthandelsplätzen führen. Um eine Verlagerung des Kunstmarktes in andere Staaten zu verhindern, müssten für die Vergütungen Bandbreiten eingeführt werden.

nBemessung der Vergütung: Geregelt werden müsste, ob die Vergütung am Verkaufspreis oder an der Wertsteigerung des Kunstwerks anknüpft. Bei einer Anknüpfung am Verkaufspreis erhält der Künstler die Vergütung aus dem Folgerecht unabhängig davon, ob sein Werk zu einem höheren oder tieferen Preis weiterverkauft wird. Die Vergütung durch den Kunsthändler ist in jedem Fall geschuldet, auch wenn das Kunstwerk mit Verlust weiterverkauft wird. Knüpft man an die Wertsteigerung an, erhält der Künstler nur dann eine Folgerechtsvergütung, wenn sein Werk zu einem höheren Preis verkauft wird. Die Bestimmung des Werts eines Kunstwerks ist mit Schwierigkeiten verbunden.

nBürokratische Umtriebe: Einzug, Verwaltung und die Verteilung der Erlöse müssten gesetzlich geregelt und umgesetzt werden.

«IN DER SCHWEIZ 
WURDE DAS FOLGERECHT IMMER WIEDER ABGELEHNT.»

nÖffentliche Kulturförderung: Bund, Kantone und Gemeinden fördern auf vielfältige Art und Weise kulturelles Schaffen und damit die Künstlerinnen und Künstler. Das Interesse an der Förderung junger Künstler könnte infolge der Zunahme der Komplexität und der gering-margigen Verkäufe abnehmen. Auch die private Förderung könnte darunter leiden. Die Einführung des Folgerechts würde sich als Bumerang für die Künstlerinnen und Künstler entpuppen.

Nicht noch mehr Regulierung

Die Folge wäre eine starke Regulierung des Schweizer Kunstmarkts, was der sgv aus prinzipiellen Gründen ablehnt. Im Rahmen der Vertragsfreiheit besteht bereits heute die Möglichkeit, in Kaufverträgen die Künstlerin oder den Künstler am Erlös des Weiterverkaufs des Werks zu beteiligen.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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