Publiziert am: 06.09.2019

«Der Weg ist schwierig, aber machbar»

CHRISTOPH OTT – Das Geschäftsleitungsmitglied der Ingeus AG setzt sich für die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt ein. Er weiss, dass sich Hilfe lohnt, um bisher ungenutzte Ressourcen zu aktiven und den Betroffenen mehr Selbstvertrauen zu geben.

Schweizerische Gewerbezeitung: Warum holen sich Betroffene oftmals erst dann Hilfe, wenn es fast nicht mehr geht oder sie den Job schon verloren haben?

Christoph Ott: Nach unserer Einschätzung hoffen Betroffene lange, dass sich die Situation «von allein» und von aussen ändert. Sie glauben nicht daran, dass sie mit etwas Hilfe selbst etwas ändern können. Es ist deshalb wichtig, dass den Betroffenen Hilfe angeboten wird.

Die Betroffenen könnten auch einen Arzt oder eine Psychologin aufsuchen. Weshalb braucht es also die Ingeus AG?

Ärztinnen und Psychologen haben eine sehr wichtige medizinische Rolle, deshalb ist uns ein Austausch wichtig. Das oberste Ziel von Ingeus ist die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Unsere Beratung zielt letztendlich immer darauf ab. Wir sind überzeugt, dass Arbeit Sinn stiftet und eine wichtige Säule für das Wohlergehen ist.

Gibt es Muster, die Sie auf dem Arbeitsmarkt beobachten, die besonders häufig oder zunehmend zu Arbeitslosigkeit führen?

Ein häufiges Muster ist der Wechsel von Vorgesetzten nach einer langen und guten Zusammenarbeit. Sehr viele Veränderungen in kurzer Zeit führen oft zu einer Überforderung, welche in eine Arbeitslosigkeit führen kann. Ein Alarmzeichen ist zudem der schleichende Absentismus, also in Dauer und Häufigkeit zunehmende Absenzen aus unterschiedlichen Gründen.

Wie realistisch ist es, eine Person, die ausgesteuert wurde, so in den Arbeitsmarkt zu integrieren, dass sie ein von der Fürsorge unabhängiges Leben führen kann?

Untersuchungen zeigen, dass das ­22 Prozent der Betroffenen gelingt. Zusätzliche 26 Prozent schaffen das mindestens teilweise. Der Weg ist also schwierig aber machbar. Hilfe dazu lohnt sich bestimmt, denn das Wichtigste ist, bisher ungenutzte Ressourcen zu aktivieren und den Menschen wieder Selbstvertrauen zu geben.

Können sich auch Arbeitgeber bei Ihnen melden, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Mitarbeiter Unterstützung benötigt?

Selbstverständlich gerne. Wir können ein Beratungsgespräch mit dem Arbeitgeber durchführen oder einen direkten Kontakt zu den Betroffenen aufnehmen. Als neutrale Partei wird uns oft wertvolle Information anvertraut, mit welcher wir eine Lösung vorschlagen können, die für alle Beteiligten finanziell und menschlich sinnvoll ist. Interview: uhl

www.ingeus.ch

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