Der sgv fasst einstimmig die Nein-Parole zur «Umweltverantwortungsinitiative»
Des Bundesrats liebste Tochter
DIE POsT – Sie ist ein Staatsbetrieb. Sie ist in Skandale verwickelt, sie lässt ihre Mitarbeitenden ausspionieren, sie ist unwirtschaftlich … und sie wird vom Bundesrat gehegt und gepflegt. Neue Idee: Die Post soll auch Bank sein dürfen.
Schon nur der kursorische Blick über die Presseberichte der letzten Jahre zeigt es klar: Der Post mangelt es an guter Unternehmensführung. Im Jahr 2017 büsste die Wettbewerbskommission sie wegen kartellrechtlicher Vergehen. 2018 wurde publik, dass die Postauto Schweiz jahrelang ihre Gewinne kleingeschrieben und so Subventionen in Millionenhöhe kassiert hat. Im Jahr 2019 enthüllte der «Blick»: «Die Schweizerische Post hat ihre Angestellten bespitzelt.» Der Unmut in den KMU über die Detailhandelsgeschäfte der Post wächst. Auch das seit Jahren.
Die Post darf scheinbar alles
Gerade diesem «Problemhaufen» will der Bundesrat nun erlauben, Kredite und Hypotheken zu gewähren. Hätte irgendein Konzern mit einer solchen Liste an Auffälligkeiten auch nur leise erwägt, eine Bankenlizenz in der Schweiz zu beantragten – die Finanzmarktaufsicht hätte laut gejault.
Bei der Post ist (auch) dies anders. Sie darf offenbar alles; namentlich auch ihre Tochter in eine Bank umwandeln. Der Trick des Bundesrates besteht darin, ihr keine volle Bankenlizenz zu geben, sondern «lediglich» die Vergabe von Krediten und Hypotheken zu erlauben.
Warum tut der Bundesrat so etwas? Einerseits braucht die Post Geld, um die sogenannte Grundversorgung zu finanzieren. Sie ist wohl der einzige Monopolist weit und breit, der unwirtschaftlich arbeitet. Die Post und mit ihr der Bundesrat verspricht sich, die Taschen im Hypothekar- und Kreditmarkt zu ÂfĂĽllen.
Dreierlei Probleme
Die Probleme dieses Ansinnens sind deren drei:
Erstens: Die Zahlen der Schweizerischen Nationalbank SNB sprechen eine deutliche Sprache. Der Hypothekar- und Kreditmarkt der Schweiz funktioniert gut. Zahlreiche Anbieter können die Nachfrage, namentlich von Seiten der KMU, sehr gut abdecken. Mehr noch: Die Versorgung mit Fremdkapital ist in den letzten 20 Jahren in der Schweiz kontiÂnuierlich gestiegen. Wenn die Postfinance nun in diesen Markt eindringen will, erhöht sie die Verschuldung der Schweizer Haushalte.
Zweitens: Das Post-Konglomerat ist ein Betrieb mit Staatsgarantie und, wie die Vergangenheit zeigte, auch mit undurchsichtiger Governance. Nicht nur die Post als Konzern war in Skandale verwickelt. Die PostÂfinance selber wurde im Jahr 2010 von der Bundesanwaltschaft angeklagt. Im Jahr 2011 wurde sie wegen Geldwäscherei verurteilt. Alle diese Fälle zeigen klar, dass dieser «Problemhaufen» eher eine Hypothek auf dem RĂĽcken der Steuerzahlenden ist.
Drittens ist das Ansinnen des Bundesrates ein weiteres Beispiel für eine tiefergehende Malaise: Staatsbetriebe nützen ihre Privilegien, um in private Märkte vorzudringen und die Privaten unfair zu konkurrenzieren. Wenn die Postfinance Zahlungen abwickeln, Vermögensprodukte verkaufen und sogar Kredite und Hypotheken vergeben kann, ist sie – genau: eine Bank. Doch sie wird weiterhin nicht allen Bankenregulierungen unterliegen; sie wird weiterhin vom Monopol profitieren – und sie kann sich dank Staatsgarantie auch in Zukunft undurchsichtiges Geschäftsgebaren leisten.
Die Postfinance systematisch zu bevorzugen ist deshalb ein Fehler des Bundesrats. Dem Postkonzern lässt der Bundesrat fast absolute Narrenfreiheit. Und wie reagiert die Post? Die «Bilanz» stellte schon 2018 fest: «Viel mehr kann man nicht falsch machen.»
Henrique Schneider,
Stv. Direktor sgv
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