Publiziert am: 18.06.2021

Deshalb brauchts die «Bremse»

REGULIERUNGSKOSTEN – Ein Beispiel aus dem Umweltbereich zeigt auf, wie den Unternehmen durch unnötige – hier: überholte – Regulierungen Kosten drohen, die sie sich heute noch weniger leisten können als bisher. Und weshalb die Schweiz eine Regulierungsbremse braucht.

Im Jahr 2015 wurde die Motion «15.3733 Streichung der VOC-Abgabe» von Nationalrat Walter Wobmann (SVP/SO) eingereicht. Mitte 2021 läuft die Vernehmlassung zu ihrer Umsetzung. Das sind gute Nachrichten. Gleichzeitig sind das auch schlechte Nachrichten.

Das Problem

Die VOC-Abgabe wird auf flüchtige organische Stoffe erhoben. Diese werden etwa im Zusammenhang mit Farben und dem Druck freigesetzt und schaden der Ozonschicht. Die Schweiz hat die Abgabe eingeführt, um die VOC-Emissionen zu reduzieren. Die vom Staat gesetzten Ziele wurden erreicht. Der Schweizer Emissionsstand ist derart tief, dass er nur noch mit neuester Technologie weiter heruntergebracht werden kann. Diese Einschätzung der Ausgangslage teilen alle Beteiligten.

Die guten Nachrichten ...

Da die Abgabe nichts mehr bewirken kann, müsste sie abgeschafft werden – das war die Intention des Gesetzgebers, als er sie einführt hatte. Doch wie es so ist: Ist eine Regulierung einmal da, so ist es schwer, sie wieder abzubauen. Das gilt insbesondere für Abgaben und für den Umweltbereich. Nach langem Hin und Her einigten sich der Motionär, das Parlament und das Bundesamt für Umwelt BAFU auf eine Beibehaltung der Abgabe – aber mit einer Vereinfachung ihrer Abrechnung und weitgehenden Befreiungsmöglichkeiten.

Das BAFU machte sich an die Arbeit, bezog die Wirtschaft ein, liess externe Experten rechnen – und präsentierte nun eine Vorlage, die zweifelsohne Regulierungskosten abbaut. Anders als in jenem Amt üblich liess das BAFU sogar die Regulierungskosten berechnen und kam auf über eine Million Franken, welche Unternehmen einsparen werden. Das sind doch alles gute Nachrichten – würde man meinen.

... und die schlechten Nachrichten

Doch selbst in diesem leider seltenen Beispiel für einen Abbau von Regulierungskosten gibt es Problematisches. Erstens: Auch wenn fast alle Unternehmen befreit werden, wird die Abgabe noch bestehen bleiben – und damit immer noch unnötig Kosten verursachen. Zweitens: Es war ein schwerer Weg, diese Regulierungskosten abzubauen, was allein schon an den sechs Jahren, die der Prozess bisher gedauert hat, zu sehen ist. Und drittens: Die vom BAFU geschätzten Einsparungen folgen einer ganz eigenen Logik. Ein Unternehmerpanel konnte diese Zahlen nicht validieren.

Trotz den schlechten Nachrichten kann man an diesem Fall aufzeigen, warum es eine Regulierungskostenbremse braucht, wie sie der Bundesrat heute vorschlägt (vgl. auch Interview auf Seite 2). Der Abbau unnötiger Regulierungskosten muss ein Automatismus sein. Mit der Bremse und dem damit verbundenen Unternehmensentlastungsgesetz wird dieser Automatismus eingeführt.

Zudem müssen die Regulierungskosten neu nach einer einheitlichen, empirischen Methodologie berechnet werden. Auch das verlangt die Vorlage. Und der Schweizerische Gewerbeverband sgv fordert zudem, dass diese Kosten von einer externen und unabhängigen Stelle überprüft wird. Nur so kann man sie vali­dieren.

Aus dem zuvor beschriebenen Beispiel wird klar, weshalb es eine Regulierungskostenbremse braucht. Und warum sie dringlich ist. Weil den Unternehmen ohne sie unnötige Kosten drohen. Und weil sich die Schweiz solche Kosten nach der Corona-Krise noch weniger leisten kann als bis anhin.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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