Publiziert am: 23.11.2018

Die Gewerbezeitung verbindet

KMU UND POLITIK – Gleich mit ihrer ersten Kolumne trifft die neue «Tribüne»-Autorin der Gewerbezeitung ins Schwarze. Was folgt, ist ein Lehrstück für all jene, die auf das Geld der Unternehmen aus sind.

«Über das Privileg, in der Schweiz zu leben»: Unter diesem Titel pu­blizierte die Schweizerische Gewerbezeitung sgz im vergangenen August die erste «Tribüne» unserer neuen Kolumnistin Andrea Gmür. Die Luzerner CVP-Nationalrätin sinnierte vor dem Hintergrund eines Afrika-Aufenthalts darüber, «wie gut es uns doch geht, wie hervorragend bei uns alles funktioniert und wie hoch unser Lebensstandard ist.»

«Kurzsichtige Politiker»

«Total absurd», kommentierte sgz-Leser René Tobler in einem Mail an die Kolumnistin. Nach 35 Jahren zurück in der Schweiz, führen er und seine Frau Isabelle seit zwei Jahren das China-Restaurant Jadepalast in Walenstadt (SG). «Was wir hier arbeiten und wie wir das Familienleben hintanstellen müssen, nur damit wir alle Rechnungen – Pensionskasse, AHV, MwSt. Versicherungen, Miete, Steuern etc. etc. – zahlen können, das hätten wir nie geglaubt.» Um nur schon die Rechnungen zahlen zu können, müssten «die KMU sehr, sehr hart arbeiten», schrieb der Gastrounternehmer der Politikerin ins Stammbuch. «Tun Sie was für uns! Arbeiten Sie einmal bei uns mit und schreiben dann wieder über das Privileg, in der Schweiz zu arbeiten.»

Coole Reaktion

«Gerne – wann?», so die coole Reaktion aus Luzern. Ihr sei sehr wohl klar, so die Kolumnistin, «dass unsere KMU hart arbeiten müssen, um Erfolg zu haben.» In der Schweiz zu leben, sei ein Privileg, gerade weil hier eben alles perfekt funktioniere – «vor allem auch dank unserer KMU, die Tag und Nacht für uns im Einsatz sind.» Am ersten Novemberwochenende werde sie gerne in Walenstadt arbeiten, «in der Küche, im Service, wo auch immer Sie wünschen», beschied Gmür dem künftigen «Chef». «Darf ich Sie als Angestellte oder ‹Mitbesitzerin› einsetzen?» fragte dieser zurück. «Der Unterschied ist: Pausen, Überzeitberechnung und andere Privilegien – oder eben keine solchen.» Das sei «weder böse noch spöttisch gemeint, aber wie Sie wissen, gibt es da gewisse Unterschiede». Als Stundenlohn schlug Tobler 20 Franken vor. «Als Angestellte (bei Ihnen kann wohl niemand gleich als Mitbesitzerin starten)» sagte Gmür zu, bat um Lohnausweis – und um Überweisung ihres «Salärs» an eine soziale Institution.

Harte Arbeit – ganz ohne Staat

Die beiden Tage als Hilfskraft in Küche und Service – «gewappnet mit lediglich bald 30-jähriger Erfahrung in Küche und Service zu Hause bei Mann und vier Kindern» – beschreibt Nationalrätin Gmür in der vorliegenden Ausgabe der sgz (S. 19). Es sei ihr wieder einmal bewusst geworden, so die neue Servicekraft, «wie viel, wie lange und wie hart» in der Gastronomie gearbeitet werde, um jeden Monat «Löhne, AHV, Pensionskasse und was sonst noch anfällt» bezahlen zu können – «ohne staatliche Unterstützung wie in anderen Branchen».

China-Beiz-Wirt Tobler seinerseits ist nach Gmürs Einsatz begeistert: «Andrea hat alle Erwartungen bei weitem übertroffen! Wie hat ein Gast so schön gesagt: Wenn alle Politiker das machen würden, es wäre eine Win-Win-Situation für alle.»

Hart verdientes Geld bewahren

Die kleine Episode zeigt zweierlei. Die Gewerbezeitung wird gelesen, und sie bringt KMU und Politik einander näher. Vor allem aber: Die Geschichte zeigt auf, wie hart KMU arbeiten müssen, bevor auch nur ein einziger Franken verteilt werden kann, den diese erwirtschaftet haben. Das ist in der Politik noch längst nicht bei allen ange­kommen.Gerhard Enggist

Vgl. auch «Tribüne», Seite 19: Seite 19

GEWERBE-TV «FOKUS KMU»

KMU-Frauen & Politik

Auch «Fokus KMU, die Sendung für Wirtschaft & Gesellschaft» widmet sich der Verbindung von KMU und Politik. Ab Montag, 26. November, diskutieren in der Sendung die Luzerner CVP-Nationalrätin Andrea Gmür (vgl. Haupttext und Seite 19) und Sandra von May-Granelli, Inhaberin und VR-Präsidentin des Feusi-Bildungszentrums, darüber, wie Frauen als Unternehmerinnen und in der Politik erfolgreich sein können. Zu sehen ist «Fokus KMU» auf TeleZüri, TeleBärn, Tele M 1 und Tele Z.

www.fokus-kmu.tv

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