Publiziert am: 09.04.2021

Die Grundfesten des Systems nicht gefährden!

Gesundheitssystem – Als Mittel zur Senkung der Gesundheitskosten sind weder Referenzpreise noch Direktimporte bei Medikamenten wirksam. Als politische Eingriffe in das System stellen sie zudem eine Gefahr für die Versorgungs- und Patientensicherheit dar.

Das Schweizerische Gesundheitssystem wird nicht nur aufgrund der durch die Corona-Pandemie ver­ursachten extremen Belastungen einem Dauer-Stresstest unterzogen. Hängige Entscheidungen betreffend eines Referenzpreissystems bei Medikamenten und zusätzlichen «Parallelimporten» – de facto Direktimporte von Medikamenten unter Umgehung der Aufsichtsbehörde Swissmedic – verschärfen die Verunsicherung, gefährden die Planungssicherheit zusätzlich und hängen wie ein Damoklesschwert über den Akteuren.

Während beim Referenzpreissystem nach klarer Ablehnung des bundesrätlichen Vorschlags durch den Nationalrat noch die Abstimmung durch den Ständerat in diesem Sommer zu erhoffen ist, sind die Vorzeichen bei den Direktimporten unter Umgehung der Swissmedic aufgrund der Unterstützung durch den Nationalrat umgekehrt. Dem Referenzpreis und den Direktimporten gemeinsam ist hingegen, dass sie nicht die erwünschten Einspareffekte bringen und – was viel schwerer wiegt – das Gesundheitssystem, die Versorgungssicherheit und vor allem die Position der Patienten nachhaltig schwächen würden.

Schwächung der Versorgungs- und Patientensicherheit

Der Direktimport unter Umgehung der Aufsichtsbehörde, wie sie der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod auch in seiner vom Bundesrat abgelehnten Motion 19.4104 fordert, und damit die Schwächung der Swissmedic ist ­bedenklich, zumal es für Parallelimporte bereits ein ordnungsgemässes und vereinfachtes Zulassungsverfahren von Swissmedic gibt, demzufolge eine Zulassung möglich ist, wenn (1) ein identisches Medikament bereits in der Schweiz zugelassen ist, (2) das importierte Arzneimittel hinsichtlich Sicherheit und Qualität gleiche Anforderungen erfüllt, (3) gleiche Kennzeichnungen und Patienteninformation in drei Landessprachen gegeben sind und (4) die importierten Medikamente vor Inverkehrbringung umverpackt werden.

Daneben bergen die Direktimporte unter Umgehung der Swissmedic auch die Gefahr der Verschärfung der heute schon prekären Lage bei der Medikamentenversorgung, da Parallelhändler keiner Verpflichtung unterliegen, den Standort Schweiz dauerhaft zu versorgen. Importeure konzentrieren sich nur auf die umsatzstarken Darreichungsformen und nicht die gesamte Angebotspalette, wie es bei Schweizer Firmen üblich ist. Sobald sich das Geschäft nicht mehr lohnt, drehen Parallelhändler natur- und erfahrungsgemäss einem Markt umgehend den Rücken zu.

Die Planbarkeit für die Lagerhaltung bei Schweizer Unternehmen ginge somit verloren, während verschwundene Lieferkapazitäten hiesiger Firmen kurzfristig nicht wiederaufgebaut werden könnten. Auch bedroht wäre die Patientensicherheit: Erstens bergen Packungen mit fremdsprachiger Beschriftung das Risiko einer inkorrekten Therapie, zweitens sind importierte Produkte nicht zwingend identisch zum schweizerischen Medikament, und nicht zuletzt wäre mit dem Eintritt von Fälschungen in den Schweizer Markt zu rechnen.

Weitere Risikoquellen lägen in einer unzureichenden Kontrolle von Lagerbedingungen und Kühlketten. Zudem würde bei Reklamationen, Rückrufen oder Nebenwirkungen eine Anlaufstelle fehlen. Allesamt sind diese Faktoren die Garanten für eine hochstehende und verlässliche Qualität der in der Schweiz erhältlichen Medikamente.

Fazit: Wie Referenzpreise bei Medikamenten würden auch die Direktimporte unter Umgehung der Swissmedic vor allem die heute schon geschwächte Versorgungssicherheit weiter gefährden, nicht aber die ­erhofften Spareffekte erzielen. Statt Patienten und Konsumenten wären bei diesen Direktimporten die Importeure die eigentlichen Nutzniesser.

Intergenerika lehnt beide Vorschläge ab und bekräftigt einmal mehr den Vorschlag der gezielten Förderung von Generika durch eine Anpassung der Anreizsysteme, um deren Sparbeitrag von einer Milliarde Franken pro Jahr weiter auszubauen.

Axel Müller, Geschäftsführer Intergenerika

www.intergenerika.ch

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