Publiziert am: 19.02.2021

Die Pandemie treibt seltsame Blüten

LEX KOLLER – Die Bewilligungspflicht gemäss Lex Koller soll vorübergehend auf Betriebsstätte-Grundstücke ausgedehnt werden. Der Schweizerische Gewerbeverband lehnt dieses Ansinnen ab.

Die Rechtskommission des Nationalrats will den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) temporär ausdehnen. Damit will sie sicherstellen, dass, solange die besondere oder ausserordentliche Pandemie­lage gilt, sowie für zusätzlich weitere zwei Jahre keine Geschäftsliegenschaften an ausländische Investoren veräussert werden können.

Investitions- und Entwicklungsmöglichkeiten nicht einschränken

Die Lex Koller kennt verschiedene Tatbestände, bei denen der Erwerb eines Grundstückes durch Personen im Ausland keiner Bewilligung bedarf. Eine in der Praxis wichtige Ausnahme von der Bewilligungspflicht betrifft den Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken. Mit dieser 1997 eingefügten Ausnahme verfolgt der Gesetzgeber aus volkswirtschaftlichen Überlegungen das Ziel, Investitions- und Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, etwa für Forschungs- und Fabrikationsbetriebe, Bürogebäude, Einkaufszentren oder für Hotels und Restaurants.

Bewährte Regelung

Diese Regelung hat bislang zu keinen Problemen geführt, sondern sich im Gegenteil sehr bewährt. Nicht zuletzt strukturschwächere Regionen haben regelmässig von ausländischen Investitionen in Unternehmen profitiert.

Jetzt soll während mehrerer Jahre der direkte Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken durch Personen im Ausland verunmöglicht werden. Überall dort, wo Betriebsstätte-Grundstücke mehr als einen Drittel der Aktiven einer Unternehmung ausmachen, würde der Kauf von entsprechenden Anteilen verunmöglicht. Betroffen wären somit nicht einfach die ausländischen Investoren, sondern vorab schweizerische und internationale Unternehmen, die bereits in der Schweiz tätig und auf weitere Investitionen angewiesen sind.

Es besteht kein Handlungsbedarf

Eine Abkehr von der heutigen Gesetzgebung ist nicht im Interesse des Unternehmensstandorts Schweiz. Die Unterstellung, dass aufgrund der Covid-19-Krise unter Druck geratene Schweizer Unternehmen gezwungen sein könnten, ihre Betriebsliegenschaften günstig an ausländische Unternehmen zu veräussern, genügt für eine solche Massnahme nicht.

Im Gegenteil: Die Verschärfung würde jenen nachhaltig schaden, die angeblich geschützt werden sollen. Viele in der Schweiz tätige (schweizerische und ausländische) Unternehmen sind auf Mittel ausländischer Investoren angewiesen. Das Ziel, zu verhindern, dass ausländische finanzkräftige Investoren die finanzielle Notlage schweizerischer Unternehmen ausnützen und zu tiefen Preisen Betriebsliegenschaften von Unternehmen erwerben könnten, würde die von diesen Unternehmen auf dem Markt erzielbaren Preise nicht erhöhen, sondern im Gegenteil senken. Werden ausländische Investoren vom Markt ausgeschlossen, verkleinert sich der Kreis der potenziellen Investoren, was für Betriebsstätte-Grundstücke tendenziell tiefere Preise zur Folge hätte.

Keine Hilfe, bloss mehr Schaden

Damit würde einem in Notlage geratenen Unternehmen, welches eine Immobilie oder ein Grundstück verkaufen möchte, nicht geholfen, sondern geschadet und der Zugang zu zusätzlicher Liquidität würde unnötig erschwert.

Internationale Unternehmen in der Schweiz könnten keine neuen Liegenschaften mehr erwerben und würden so ihren Standort kaum weiter entwickeln können. Viele solche Unternehmen, die sowohl für die Schweiz als auch für regionale Volkswirtschaften bedeutsam sind, investieren laufend in spezifische Produktionseinrichtungen, was ohne den Besitz von Liegenschaften oft nicht sinnvoll oder gar unmöglich wäre. Solche Hindernisse wirken sich mittel- bis langfristig zum Nachteil auf unsere Volkswirtschaft auf.

Dieter Kläy,

Ressortleiter sgv

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