Publiziert am: 03.05.2019

Die Schweiz ist vorne – aber nicht ganz

WIRTSCHAFTSFREIHEIT – Jährlich wird der Index der wirtschaftlichen Freiheit publiziert. Anhand von zwölf Kriterien stufen Heritage Foundation und Wall Street Journal 180 Länder ein. An erster Stelle liegt Hongkong, das Schlusslicht bildet Nordkorea.

Die gute Nachricht für die Schweiz: Sie belegt den vierten Platz im Index der wirtschaftlichen Freiheit weltweit. Es gibt aber auch schlechte Nachrichten: Nach Jahren der Verstärkung der Wirtschaftsfreiheit weltweit ist der Index nun zurückgegangen. Auch die Schweiz hat zwar ihren Platz gehalten, aber weniger Punkte erhalten. Und ganz Europa, insbesondere die EU-Länder, hat sich markant verschlechtert.

Wie der Index funktioniert

Die Erhebung basiert auf vier Dimensionen: Rechtsstaatlichkeit, Rolle des Staates, Regulierungskosten und Marktöffnung. Der Index wird bereits seit 25 Jahren publiziert. Zur Rechtsstaatlichkeit gehören Aspekte wie der Schutz des Eigentums, die Korruption und die Effektivität der Gerichte. Bezüglich der Rolle des Staates werden insbesondere die Steuerbelastung, die Staatsausgaben und die Budgetdisziplin gemessen. Zur Dimension der Regulierungskosten gehören auch die Wirtschaftsfreiheit, die Flexibilität des Arbeitsmarkts und die Stabilität des Geldsystems. Die offenen Märkte lassen sich anhand der Warenmärkte, der Investitionsmärkte und der Zollverfahren messen.

Sechs freie Wirtschaften

Neben dem Platz auf der Rangliste wird entsprechend der Punktzahl ermittelt, in welche der fünf Kategorien die Wirtschaft eines Landes fällt: frei, weitgehend frei, moderat frei, weitgehend unfrei und unfrei. Der globale Durchschnitt ist moderat frei. Weltweit gibt es nur sechs Länder, die unter die Kategorie frei fallen. Es sind dies Hongkong, Singapur, Neuseeland, Schweiz, Australien und Irland. Als weitgehend frei gelten 30 Länder. Dazu gehören die skandinavischen und baltischen Länder, Deutschland, Grossbritannien, die USA, aber auch Ruanda, Mauritius, Südkorea oder Malaysia. Bei den moderat freien sind 60 Länder zu finden, darunter die meisten Mitglieder der EU, inklusive Frankreich, Belgien oder Spanien. Etwa 90 Länder bilden das Schlusslicht in den Kategorien weitgehend unfrei und unfrei. Die Schlusslichter sind die sozialistischen Länder Kuba, Venezuela und Nordkorea.

Fingerzeig auf Europa

Europa als Kontinent und insbesondere die EU-Mitglieder schneiden nur mittelmässig ab. Vor allem dafür, dass sich die EU gerne als Freihandelsmotor sieht, hat sie in dieser Kategorie Federn lassen müssen. Ebenfalls schlecht schneidet sie in der Steuerbelastung ab; sogar schlechter als der weltweite Durchschnitt. Ebenfalls schlechter als der weltweite Durschnitt ist die EU in der Budget- und Haushaltsdisziplin. Eine Wirtschaft im EU-Verbund zählt sogar zu den weitgehend unfreien: die Wirtschaft von Griechenland.

Die Schweiz schneidet sehr gut im Schutz des Eigentums, in der Budgetdisziplin und in der Handels­freiheit ab. Schlechter als einige EU-Länder schneidet die Schweiz in der Steuerbelastung ab. Das Ranking rechnet nämlich alle Steuern und Abgaben mit ein. Und wenn man die Totalabgabehöhe misst, ist die Schweiz teurer als etwa die Tschechische Republik oder die baltischen Länder. Erhebliche Probleme hat die Schweiz mit der Staatsquote.

Das Fazit? Die Schweiz ist erfolgreich. Gerade, weil sie anders ist. Einen wesentlichen Teil ihres Erfolges verdankt sie der freien Wirtschaft. Aber sie muss ihre Hausaufgaben erledigen. Die Steuern und Abgaben müssen gesenkt werden. Und der Staat muss aufhören, sich als Wirtschaftsakteur zu engagieren.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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