Publiziert am: 21.09.2018

Die Schweizer Dachlandschaft wird monoton

Dachlandschaft Schweiz – Gesetze drohen das Ortsbild von Gemeinden zu verändern. Indem nicht mehr 
mit gleichen Ellen gemessen wird, kommt das Flachdach viel häufiger zum Einsatz als das bewährte Steildach.

Seit Jahrhunderten ist das Steildach ein zentraler Bestandteil der Schweizer Baukultur. Auch heute ist das Ortsbild vielerorts geprägt durch die verschiedensten Ausgestaltungen geneigter Dachformen.

Im Rahmen der Verdichtung stellt sich aber immer mehr die Frage, ob bei einem Ersatzneubau ein Steil- oder ein Flachdach realisiert werden soll. Die Steildachindustrie macht sich dazu intensiv Gedanken.

Neueste gesetzestechnische Einwirkungen auf die Schweizer Dachlandschaft sind in der IVHB – der interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe – begründet. Diese ist im November 2010 in Kraft getreten. Seither ist deren Mitgliederzahl stetig gewachsen, so dass ihr Geltungsbereich mittlerweile 17 Kantone umfasst. Zwar werden durch die IVHB lediglich Begriffe definiert. Die konkrete Umsetzung kann aber zur wirtschaftlichen Bevorzugung bzw. Benachteiligung bestimmter Dachformen führen.

Die Umsetzung ist deshalb für die Gestaltung des zukünftigen Ortsbildes der Gemeinden von Bedeutung. Unter anderem wurde bei Berner und Zürcher Gemeinden nachgeforscht. Es zeigt sich, dass viele Gemeinden im Kanton Bern nach wie vor an der Schweizerischen Steildachkultur festhalten. In Gemeinden anderer Kantone sieht es aber anders aus.

Nur noch eine Gesamthöhe

So begrüssenswert eine Harmonisierung im Baurecht sein mag. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Ausgestaltung der IVHB gewisse Risiken für das Ortsbild einer Gemeinde birgt. Ältere Baugesetze unterscheiden für Steildächer meist zwischen der Gebäudehöhe, welche die Höhendifferenz zwischen dem Terrain und dem Beginn der Dachkonstruktion meint, sowie der Firsthöhe, welche sich auf den Abstand zwischen dem Terrain und dem obersten Punkt der Dachkonstruktion bezieht. Für Flachdächer hingegen wurde die Gebäudehöhe meist als einziges Höhenmass festgelegt.

Diese Unterscheidung erlaubte es der Form des Steildaches auch hinsichtlich des Gebäudevolumens Rechnung zu tragen. So konnte nämlich die Differenz des Wohnraumes, die zwischen einem Flach- und einem Steildach aufgrund des Neigungswinkels von letzterem entsteht, durch eine Mehrhöhe (im Sinne der Firsthöhe) ausgeglichen werden.

Die IVHB macht diese Unterscheidung nun aber nicht mehr. An die Stelle der oben genannten Definitionen soll neu der Begriff der Gesamthöhe treten, welcher die Differenz zwischen dem Terrain und dem obersten Punkt der Dachkonstruktion beschreibt.

Eine sinnvolle Unterscheidung zwischen den beiden Dachformen hinsichtlich der Höhe einer Baute kann zukünftig also nicht mehr aus den Begriffsdefinitionen gewonnen werden.

Wichtig ist, dass sich die Gemeinde darüber im Klaren ist, welche Gestaltung des Ortsbildes sie anstreben möchte, wo und in welchem Ausmass sie bestimmte Dachformen fördern will. Diesen strategischen Entscheid gilt es wohlüberlegt in die kommunale Bauordnung zu überführen. Will die Gemeinde an gewissen Orten ein von Steildächern geprägtes Ortsbild, so muss sie dies vorsehen. Eine allgemeine Gestaltungsklausel kann diesbezüglich hilfreich sein, die Grundlage hierzu muss allerdings in der Bauordnung der Gemeinde gelegt sein.

Vorschläge für Gemeinden

Ziel der Steildachindustrie ist es, ­sicherzustellen, dass der Dialog auf Stufe der Gemeinden zwischen Steildach- und Flachdachbefürwortern konstruktiv geführt werden kann. Entsprechend wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Verband für Raumplanung EspaceSuisse (vorher: VLP-ASPAN) ein Merkblatt in deutscher und französischer Sprache erarbeitet. Darin wurden Steildachkonstruktionen mit interessanter Nutzung als Grundlage für Gemeindereglemente erstellt. Diese sind dafür gedacht, die Gemeinden bei der Überarbeitung ihrer Baureglemente zu unterstützen. Die Dokumentationen wurden sämtlichen Gemeinden der Kantone Bern und Zürich zur Verfügung gestellt. Die Ansprache weiterer Gemeinden in anderen Kantonen ist geplant.

Steildachsituation in Österreich

Ein Blick über unsere Landesgrenzen hinaus zeigt, dass Österreich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Um das Steildach optimal ­repräsentieren zu können, wurde in Österreich der Verein Initiative ­
PRO Steildach ins Leben gerufen (dachvisionen.at).

Die IG Dachlandschaft Schweiz prüft nun, ob in der Schweiz ähnliche Wege beschritten werden sollen.

Peter Burkhalter, Sibylle Brunner

Die IG Dachlandschaft Schweiz

Mitglieder IG Dachlandschaft Schweiz:AGZ Ziegeleien, ZZ Wancor AG, Gasser Ceramic, Velux Schweiz AG, Eternit, Pavatex.

Projektleitung: Peter Burkhalter, Rechtsanwalt und Präsident Ziegelindustrie Schweiz; und Sibylle Brunner, Juristin.

Für Rückfragen zu dieser Thematik steht die Geschäftsstelle der IG Dachlandschaft Schweiz gerne jederzeit zur Verfügung. Kontaktaufnahme möglich unter der Telefonnummer 031 350 03 03 oder per Mail unter dachlandschaft-schweiz@drpb.ch.

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