Publiziert am: 07.10.2022

Die Wut überwiegt

Energie – Eine Umfrage bei mehreren Unternehmen zeigt, dass die Vorbereitungen hinsichtlich Energie-Mangellage auf Hochtouren laufen. Die Massnahmen reichen von der Achtsamkeit gegenüber Luftlecks bis hin zum Anbringen von Solaranlagen.Angesichts der Stromrechnungen gibt es die unterschiedlichsten Reaktionen – hauptsächlich aber negative.

Die Energieprobleme sind real geworden. Was tun KMU in dieser Situation? Welche Massnahmen haben sie bereits ergriffen und was planen sie für die Zukunft? Wir haben diese Fragen einigen Unternehmen in der lateinischen Schweiz gestellt. Das sind die Antworten:

Laurent Buet, Maison Buet,Konditorei, Lausanne

Laurent Buet ist verärgert. Der Konditor aus Lausanne kann es nicht fassen. Er hat das Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein. «Das ist ein heisses Thema. Wir sind eines der zehn Prozent der Unternehmen, die einen Vertrag im freien Strommarkt haben.

«Es ist ein trügerischer Markt, in den man uns gewonnen hat – und das mit viel Überzeugung.» Laurent Buet, Konditor

Es ist ein trügerischer Markt, in den man uns gewonnen hat – und das mit viel Überzeugung. Es wurde gesagt, dass es kaum Risiken gebe, abgesehen von einer leichten Erhöhung im Vergleich zum regulären Markt.» Das Ergebnis dieser Täuschungskampagne ist schrecklich. «Denn niemand hatte uns von einer derartigen Explosion der Preise erzählt: 21 Mal so hoch wie in unserem Vertrag vereinbart», erklärtBuet. «Das heisst, wenn unser alter Vertrag morgen auslaufen würde, hätten wir nur eine einzige Möglichkeit: Wir müssten unsere 33 Mitarbeiter entlassen und das Unternehmen schliessen. Denn wir hätten keine Möglichkeit, mit einer solchen Belastung zu überleben.»

Neuer Backofen

Laurent Buet ist ein Unternehmer, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Er informiert sich, was noch zu optimieren ist. «Was die Knappheit und das Sparen angeht, haben wir unsere Geschäfte bereits auf Zeitschaltuhren umgestellt, damit sie nicht die ganze Nacht über beleuchtet sind», zählt er auf. «Wir werden die Stunden noch weiter reduzieren. Die meisten unserer Kühlsysteme wurden in den letzten Jahren bereits ausgetauscht, damit sie möglichst wenig Energie verbrauchen. Der Backofen ist neu und verbraucht daher weniger Energie. Unsere Räumlichkeiten werden nur von den Öfen beheizt. Aber trotz allem sind wir immer noch ein grosser Energieverbraucher. Wir suchen nach anderen Möglichkeiten und haben bereits Kontakt mit dem lokalen Elektrizitätswerk aufgenommen, um nach weiteren Lösungen zu suchen.»

Der Informationsbedarf ist eklatant. «Was das Risiko von Energieabschaltungen betrifft, hätten wir gerne etwas mehr Informationen. Dies, um unser Unternehmen an Tagen mit Stromausfall eventuell schliessen zu können, um unsere Rohstoffe und Waren nicht zu gefährden. All das muss bedacht werden, nicht nur für die paar Wintermonate, die kommen, sondern langfristig.»

Jean-Michel Ratte,Zen PME, Lausanne

Es gibt auch die Kleinstbetriebe, die nur wenig Strom verbrauchen. Was sie jedoch nicht daran hindert, achtsam zu sein, denn kleine Bäche machen grosse Flüsse. Jean-Michel Ratte, der seine Dienste im Bereich Informatik für KMU anbietet, sagt: «In unserem kleinen Büro wirkt sich die momentane Situation nicht sehr stark auf den Stromverbrauch aus. Wir achten einfach darauf, wie wir uns fortbewegen, und tatsächlich sparen wir bereits 30 Prozent Kraftstoff, wenn wir langsamer fahren. Bei den Verbrauchsmaterialien halten wir uns immer an die niedrigsten Werte.»

Géraldine Grau, Grau électricité,Monthey (VS)

Die Elektriker kennen sich bestens mit der Thematik aus: «Wir beschäftigen uns schon lange mit dem Thema Energie. Unsere Geschäfte sind dank der Photovoltaik-Anlagen auf unseren Dächern autark und wir ersetzen unsere Fahrzeuge nach Möglichkeit durch Elektrofahrzeuge. Zuletzt haben wir die Beleuchtung unserer Gebäude, unsere Leucht-reklamen und unsere Schaufenster ausgeschaltet», sagt Géraldine Grau. Die Angst vor einem Blackout habe sich festgesetzt. «Ja, jeden Tag stellen uns unsere Kunden viele Fragen und es herrscht Panik. Jeder möchte über Mittel verfügen, um sich selbst zu versorgen, auch wenn die Ideen manchmal völlig absurd sind! Wir versuchen, die Leute zu beruhigen, aber das ist nicht immer einfach.» Sie fügt hinzu, dass es im Bereich der Photovoltaik sehr schwierig ist, mit den Anfragen Schritt zu halten, da es so viele gibt. «Wir haben Probleme mit der Lieferung von Material, das nicht mehr vorrätig ist.»

Pascale Leutwyler, Leutwyler SA,St-Blaise (NE)

Im Metallbau hat die Familie Leutwyler bereits einige wichtige Schritte unternommen: «Wir heizen mit Gas und haben beschlossen, die Heizung für die Büros und die Werkstatt zu trennen. So können wir in der Werkstatt die Temperatur senken, während wir die Büros heizen», sagt Pascale Leutwyler. Ganz allgemein setzt das Ehepaar auf Photovoltaik. «Wir sind gerade dabei, die Installation von Solarzellen abzuschliessen, dank derer wir uns zu 100 Prozent selbst versorgen können. Mit dem Vorteil, dass wir das, was wir produzieren, direkt verbrauchen werden.» Das Neuenburger KMU hat ausserdem bereits Energiesparleuchten in der Werkstatt und Bewegungsmelder in seinen Büros installiert.

Pierre-Yves Kohler, Direktor der Messe Siams in Moutier

In dem Mikrokosmos von Veranstaltungen, die direkt mit der Spitzen-industrie verbunden sind, hat man bereits mit Umstellungen begonnen: «Für die Ausgabe 2022 der Siams-Messe im vergangenen April hatten wir bereits damit begonnen, unsere Lampen durch LEDs zu ersetzen, um einen geringeren Verbrauch, aber auch eine geringere Wärmeentwicklung zu erzielen», erklärt Pierre-Yves Kohler, Direktor der Siams. «Für die nächste Ausgabe im Jahr 2024 haben wir im Rahmen des Ausstellerkomitees eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um über Lösungen im Zusammenhang mit Energie und Nachhaltigkeit nachzudenken und diese zu finden.»

Massimo Suter, Hotelier in Morcote (TI) und Vizepräsident GastroSuisse

Massimo Suter hat eine ganze Reihe von Massnahmen zum Energiesparen ausgearbeitet. Hier die Liste für das Restaurant des GastroSuisse-Vizepräsidenten: «Schalten Sie die Maschinen in der Küche und an der Bar (Geschirrspüler) so spät wie möglich ein. Schalten Sie alle unnötigen Lichter aus. Kürzere Servicezeiten für die Pizza. Schliessen Sie die Küche am Nachmittag und verzichten Sie auf ganztägigen Service. Einen Tag komplett schliessen.» Er erklärt, dass für das Hotel folgende Massnahmen ergriffen wurden: «Verlagerung des Waschens der Unterwäsche. Absenkung der Temperaturen in den Zimmern. Geplante Schliessung des Hotels für einige Monate im Winter.»

François Othenin-Girard

Meist Gelesen