Publiziert am: 05.02.2016

Die Zukunft der Branche gestalten

SWISS PLASTICS – Der Dachverband bündelt die Kräfte der wichtigsten Akteure der Schweizer Kunststoffbranche. Er will die ­Mitglieder stärken und realisiert in enger Zusammenarbeit herausragende Projekte für eine erfolgreiche Hightechindustrie.

Kunststoffe sind in unserem Alltag immer selbstverständlicher. Beispielsweise ist über ein Viertel der Bestandteile eines Autos aus Kunststoff. Kunststoffe rosten nicht, wiegen weniger und können praktisch in jede Form gebracht werden. Tagtäglich berühren wir Kunststoffe. Egal, ob wir am Morgen den Wecker ausschalten, uns die Zähne putzen oder mit dem Bus zur Arbeit fahren. Am meisten wird Kunststoff in der Verpackungsindustrie verwendet, dicht gefolgt vom Bausektor. Ebenso die Fahrzeugbranche wie die Medizinaltechnik sind auf Kunststoff angewiesen. Auch in der Elektro- und Elektronikindustrie sowie im Haushalt stossen wir immer wieder auf Kunststoffe. «Gerade beim Fahrzeugbau tendiert man immer mehr zu Kunststoff. Eine revolutionäre Erfindung ist dabei der Instrumententräger der EMS-Gruppe aus einem einzigen Kunststoffteil», betont Urs F. Meyer, Geschäftsführer von Swiss Plastics. Gerade im wenig preisabhängigen Nischenmarkt, wo hauptsächlich Qualität, höchste Präzision und Zuverlässigkeit zählen, sei die Schweizer Kunststoffindustrie sehr erfolgreich. Währenddessen wandere die Massenproduktion vermehrt ins Ausland ab. «Wir spüren den starken Franken auch in unserer Branche. Zwar sind die Auftragsbücher voll, doch der Ertrag ist eingebrochen», so Meyer. Er ist überzeugt, die Auswirkungen werden in diesem Jahr erst richtig spürbar.

«Es ist wichtig, dass der WErkplatz Schweiz erhalten bleibt.»

Eine weitere Hürde ist für die Kunststoffbranche die Deindustrialisierung. «Gerade Unternehmen mit viel Personal verlagern einzelne Arbeitsschritte immer mehr ins Ausland (Polen, Tschechien, Deutschland), weil sie so günstiger produzieren können und konkurrenzfähiger bleiben», erklärt Meyer. Deshalb sei es absolut notwendig, die KMU-Wirtschaft nicht noch mehr mit Regulierungen, neuen Gesetzen und Verordnungen zu belasten. «Die öffentliche Hand unterstützt die Wirtschaft diesbezüglich leider sehr wenig», bedauert Meyer. Swiss Plastics setze sich unter ­anderem auch dafür ein, dass der Energiepreis nicht steige. Dies führe ebenfalls dazu, dass in der energieintensiven Kunststoffbranche die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gewährleistet werden könne. «Es ist wichtig, dass der Werkplatz Schweiz erhalten bleibt», so Meyer.

Gut ausgebildete Fachleute

Es tun sich in der Branche aber auch immer wieder neue Märkte auf. Wie beispielsweise im Rahmen der Energiewende mit alternativen Energien, wo Solarzellen oder Rotorblätter der Windräder aus Kunststoffen gefertigt werden. «Innovation ist für unsere Branche sehr wichtig, damit sich die Schweiz im europäischen Kontext ganz vorne positionieren kann», sagt Meyer. Ein Beispiel dafür ist das weltweit gefragte Durasafe-Sicherheitspapier für Banknoten der Landqart AG in Landquart. Durch Innovationen könne die Branche gestärkt und gefördert werden und die Schweiz sei ein Leuchtturm gegen aussen.

Dafür benötigt die Hightechindustrie aber auch kompetente Fachleute. Aus- und Weiterbildung ist ein Kerngebiet des Verbandes. Im August haben in den beiden Berufen Kunststofftechnologe EFZ sowie Kunststoffverarbeiter EBA insgesamt 80 Lernende die vier- bzw. zweijährige Lehre angefangen. Die Berufe in der Kunststoffbranche sind beliebt bei den jungen Leuten, aber auch anspruchsvoll. «Wir hätten genügend Lehrplätze zu bieten, allerdings lässt das Anforderungsprofil der Jugendlichen häufig zu wünschen übrig», sagt Meyer. Zum Teil brächten die Jugendlichen einen mangelhaften schulischen Rucksack mit sich.

Umwelt und Technologien sind ein grosses Thema des Verbandes und die Kunststoffindustrie leistet zu allen Säulen der Nachhaltigkeit ihre Beiträge. Gerade, wenn es um das Recyclieren des Kunststoffes geht, haben die Schweizer Firmen die Nase vorne. Dazu Meyer: «Beim PET-Recycling ist die Schweiz vorbildlich und hat ein hohes Level erreicht. 50 Prozent des übrigen gesammelten Kunststoffes wird wieder verwendet», sagt Meyer. «Die andere Hälfte wird in der Kehrichtverbrennung als Wärmeerzeuger verwendet.» Dank zunehmender Digitalisierung wird die Maschinensteuerung vereinfacht und die Qualitätssicherung automatisiert. Dieser Fortschritt hätte allerdings eine Kehrseite. «Dadurch werden leider auch Arbeitsplätze wegrationalisiert», so Meyer.

«Beim Pet-Recycling hat die Schweiz ein hohes Level 
erreicht.»

Gemäss dem Verbandsmanager verfügt die Branche aber noch über viel Potenzial. Der Verband hat einige Projekte, die er realisieren will, um sich weiterzuentwickeln ganz im Dienste der Mitglieder. Dazu gehört unter anderem die Anpassung der Verbandsstrukturen. «Mit einem Strukturwandel von einzelnen Fachgruppen-Dienstleistungen hin zu Leistungen des Gesamtverbandes sollen mehr fach- und marktspezifische Informationen zu mehr Mitgliedern fliessen», erklärt Meyer. Gleichzeitig soll auch die Finanzierung des Verbandes nachhaltiger ausgestaltet werden. Geplant ist auch, die Mitglieder beim Handling mit der europäischen Chemikalien-Verordnung REACH zu unterstützen. «Wir möchten mit REACH eine Wissensdatenbank erstellen», konkretisiert Meyer.

Corinne Remund

SWISS PLASTICS KURZ Erklärt

Paradigmawechsel an der Spitze

Swiss Plastics ist ursprünglich aus den beiden Verbänden Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Kunststoffindustrie (Aski) sowie dem Verband Kunststoff verarbeitender Industriebetriebe der Schweiz (VKI) entstanden. Diese schlossen sich 1992 zum Kunststoff Verband Schweiz (KVS) zusammen. Vor drei Jahren erfolgte eine Namensänderung in Swiss Plastics. Der Dachverband ist der Vertreter der schweizerischen Kunststoffindustrie mit 836 Unternehmungen, die rund 34 000 Mitarbeitende beschäftigen und einen Jahresumsatz von rund 15 Milliarden Franken erzielen. Zurzeit gehören dem Verband 310 Mitglieder an – knapp die Hälfte aller in der Schweizer Kunststoffindustrie tätigen Unternehmungen. Dabei handelt es sich grossmehrheitlich um KMU und einige Grossbetriebe. Der Gesamtverband ist in sieben Fachgruppen aufgeteilt. Dienstleistungen für die Mitglieder sind Netzwerkpflege, Veranstaltungen, Tagungen und Messen. Ebenso ein wichtiger Aspekt hat die Öffentlichkeitsarbeit sowohl extern wie auch intern. Der Verband setzt sich beispielsweise für die gesetzlichen Rahmenbedingungen ein. Zu den Aufgaben gehören zudem Lobbying, Interessenswahrung gegenüber Bund, Kantonen, Gemeinden sowie Bundesämtern. Swiss Plastics verfügt über eine eigene EKAS-Branchenlösung in Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit.

Aus- und Weiterbildung

Das Verbandsziel ist ferner, den verantwortungsbewussten Umgang mit der Ressource Kunststoff zu fördern sowie ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösungen zur Verwertung von Kunststoffabfällen zu entwickeln. Neben dem Schlagwort Recycling ist im Bereich Umwelt und Technologie auch die Energieeffizenz ein wichtiges Thema, wofür sich der Verband einsetzt.

Ein Kernthema des Verbandes ist die Aus- und Weiterbildung. Der Branchenverband ist hier Träger der beiden Berufsprüfungen Kunststofftechnologe EFZ und Kunststoffverarbeiter EBA. Er organisiert auch die überbetrieblichen Kurse üK.

Neu präsidiert wird der Verband von Silvio Ponti. Er ist Dipl. Bau-Ing. ETH und Mitglied der Konzernleitung der Kunststoffunternehmung Sika AG in Zürich. Mit dem neuen Mann aus der Kunststoffindustrie und einem Verbandsmanager als Geschäftsführer erfolgt an der Spitze des Verbandes ein Paradigmawechsel. CR

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