Publiziert am: 18.06.2021

Diese Maskerade endlich beenden!

FINANZPLATZ – Statt sich um den Zahlungsverkehr zu kümmern, hat die Post mit der «Postfinance» ein neues Institut mit völlig überforderten Playern gegründet: Und die spielen nun Bank.

«Die Postfinance wird zum Sanierungsfall», titelte das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» im Jahr 2020. Als vermeintliche «Lösung» will der Bundesrat den schwierigen Fall privatisieren. Doch das dürfte nicht funktionieren, sind doch alle Missstände hausgemacht.

Zahlungsverkehr sicherstellen

Einer der Aufträge der Post ist es, den Zahlungsverkehr sicherzustellen. Unter diesem Mantel lebte sie lange von einem einfachen Geschäft: Sie nahm Kundengelder entgegen und verwaltete sie. Dieses Geld legte sie «sicher» an, um Zinserträge zu erhalten. Von diesen Zinserträgen gab sie einen Teil an die Kunden weiter, und einen Teil behielt sie. Dann wurde die Post erfinderisch: Sie verselbstständigte die Kundenbeziehungen als Postfinance, und sie bot Produkte wie Fonds und Strukturierte an, ohne sie richtig zu verstehen. Und weil es zu jedem echten Managementspiel dazu gehört, gab sie sich sogar einen Verwaltungsrat.

«der Bundesrat sollte die spiel­figuren nach hause schicken und das spiel beenden.»

Doch alle Maskerade half nichts: Seit mindestens 2015 stockt das Zinsdifferenzgeschäft. Mit der Einführung des Negativzinses kann die Postfinance nur noch schwer Zinserträge einfahren. Die anderen Spielereien haben ausser Ärger nichts gebracht. Das Managementspiel Postfinance – es ist schneller als ein Kartenhaus eingebrochen.

«Filz, Family, Frust»

Doch nur ein kleiner Teil der Probleme der Postfinance sind auf die tiefen Zinsen zurückzuführen. Die Internetplattform «Inside Paradeplatz» titelte: «Filz, Family, Frust: ‹Inside› Postfinance». Das Portal erklärt: «[Es] herrscht eine Art Family-Betrieb: Viele Chefs sind privat verbandelt, es dominieren langjährige Seilschaften, die zu steilen Karrieren für Leute mit wenig Expertise führen.»

Es kommt also nicht von ungefähr, dass der grösste Fall von Verstoss gegen die Geldwäschereiregeln in der letzten Dekade auf das Konto der Postfinance zurückgeht. Und als der Nationalrat von der Postfinance eine klare Strategie für die Zukunft verlangte, hüllten sich «Management» und «Verwaltungsrat» in Schweigen. Offenbar stand nichts dazu im Skript für diese Spielfiguren. Deshalb suchen sich diese Leute nun ein neues Spielfeld, nämlich Lieferkettenfinanzierungen – ein Geschäftsmodell, das schon der Credit Suisse und ihren Kunden Milliardenverluste eingebrockt hat …

Liquidierung oder Privatisierung

Der Bundesrat will den defizitären, skandalträchtigen Staatsmoloch privatisieren. Weil die Exekutive genau weiss, dass niemand für eine obermarode Spielfirma etwas bezahlt, will sie die Postfinance zunächst mit Kapital versorgen. Konkret: Der Steuerzahler soll das Aufpäppeln berappen. Davon hat er nichts – ausser einem weiteren staatsgarantierten Finanzinstitut.

Viel vernünftiger wäre, dem Trauerspiel «Postfinance» endlich ein Ende zu setzen und die Figuren, die Management oder Verwaltungsrat spielen, nach Hause zu schicken. Die Abteilung für Zahlungsverkehr in der Post soll das tun, was sie kann und wofür sie kreiert wurde: Zahlungsverkehr abwickeln – nicht Bank spielen.

Henrique Schneider,

Stv. Direktor sgv

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