Publiziert am: 21.09.2018

Drei grosse Fragen

REVISION FERNMELDEGESETZ – Der Name Fernmeldegesetz klingt sehr technokratisch. 
Doch sein Gegenstand ist hochaktuell: die Telekommunikation. In der dritten 
Sessionswoche wird im Nationalrat über die künftige Ausgestaltung debattiert.

Das Fernmeldegesetz (FMG) stammt aus der Zeit der Kupferdrähte. Deshalb muss es nun aktualisiert werden. Dabei stehen drei grosse Fragen an. Erstens: Soll der Zugang zu den Festnetztelefonleitungen technologiespezifisch – also gesondert für Kupfer und Glasfaser etwa – oder technologieneutral erfolgen? Zweitens: Soll es zur sogenannten «Netzneutralität» im Internet kommen? Und drittens: Sollen Konsumentinnen und Konsumenten vor telekommunikationsspezifischen Risiken 
geschützt werden?

So sieht‘s der Bundesrat

Der Bundesrat setzt sich in der ersten Frage für die Technologieneu­tralität ein. So schlägt er in seiner Botschaft vor, dass der Zugang zum Telefonnetz alleine aufgrund der Marktmacht reguliert werden soll. Ob es sich dabei um ein Kupfer- oder Glasfasernetz handelt, ist egal. Marktmächtige Firmen sollen verpflichtet werden können, den nicht Marktmächtigen Zugang zu ihren Leitungen zu gewähren.

Die zweite Frage verneint der Bundesrat. Anbieterinnen von Zugang zum Internet sollen weiter-
hin frei sein, Preis- und Leistungsdifferenzierung anzubieten. Es 
wäre ein massiver Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und auf die Eigentumsgarantie, wenn man den Anbietern das verbieten würde. Stattdessen sollen sie ihre Konditionen öffentlich machen. Bei der dritten Frage, jener nach dem Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten, ortet der Bundesrat Handlungsbedarf.

So sieht‘s die Kommission

Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) hat das Geschäft vorberaten und ist auf andere Antworten gekommen. Sie fordert eine technologiespezifische Regulierung der Festnetztelefonie. Gemäss ihr kann man nicht automatisch von Marktmacht ausgehen. Marktmacht entsteht in spezifischen Netzen. Diese Netze sind nun entweder aus Kupfer oder Glasfaser. Damit ist für die KVF Marktmacht auch abhängig von der Netztechnologie.

Die Kommission will andererseits die sogenannte Netzneutralität: Wer Zugänge zum Internet anbietet, soll weder hinsichtlich des Preises noch des Leistungsumfangs differenzieren dürfen. Bei den Konsumentenschutzanliegen hat die Kommission die Vorschläge des Bundesrates reduziert.

So sieht‘s der sgv

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv steht zur technologie­neutralen Zugangsregulierung in der Festnetztelefonie. Der Markt für 
Leitungen dort ist von hoher Konzentration geprägt. Marktmacht ist damit schnell etabliert. Die Technologieneutralität adressiert dies und verringert das Verzerrungspotenzial, weil sie gleiche Regelungen für alle Netze anwendet. Hier unterstützt der sgv den Antrag des Bundesrates.

Der sgv lehnt die Netzneutralität ab. Wie der Bundesrat es tut, hält auch der sgv die Netzneutralität für nicht mit der Wirtschaftsfreiheit und der Eigentumsgarantie vereinbar. Differenzierung gehört zum normalen Marktmechanismus. In dieser Frage unterstützt er die Kommissionsminderheit, welche die Transparenz der Konditionen herstellen will.

«Konsumentenschutz ist im konsumentenschutzgesetz 
ge­regelt. im fmg hat er nichts verloren.»

Konsumentenschutz ist im Konsumentenschutzgesetz geregelt. In den spezifischen Fachgesetzen zusätzliche Anliegen des Schutzes einzubauen, ist falsch und führt zu Doppelspurigkeiten. In dieser Frage unterstützt der sgv die Kommissionsmehrheiten.

Das Gesetz steht in der dritten 
Sessionswoche im Nationalrat auf dem Programm. Es dürfte eine interessante Debatte werden.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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