Publiziert am: 16.09.2022

Die Meinung

Dreimal JA und einmal NEIN

Drei Vorlagen und vier Entscheide stehen am 25. September an der Urne an. So unterschiedlich sie sein mögen: Bei allen geht es um viel.

Wir leben immer länger. Dieser Anstieg der Lebenserwartung ist erfreulich – hat aber auch seinen Preis. Die Alterung der Bevölkerung führt zu einer Verschlechterung der finanziellen Lage der AHV. Die Zahl der Personen im Ruhestand wird in den kommenden Jahren stetig steigen. Gleichzeitig nimmt der Anteil an Erwerbstätigen ab, welche die Renten der heutigen Pensionierten finanzieren. Sind die Angehörigen der Babyboomer-Generation einmal alle im Ruhestand, werden wir die Folgen spüren. Ein Blick zurück mag die Dringlichkeit verdeutlichen: Kamen 1948 noch 6,8 Arbeitende auf jeden Rentner bzw. jede Rentnerin, waren es 2020 gerade noch deren 3,2.

Die Reform AHV 21 besteht einerseits aus der Änderung des AHV-Gesetzes und andererseits, aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer, aus der Änderung der Bundesverfassung. Beide Vorlagen sind miteinander verknüpft: Kommt nur eine der beiden beim Volk nicht durch, so ist das Projekt AHV 21 beerdigt. Nach 25 Jahren ohne eine erfolgreiche Revision unseres wichtigsten Sozialwerks wäre dies ein Armutszeugnis – und eine zusätzliche, grosse Belastung für die jüngere Generation. Mit dem Referendum gegen die AHV-Reform setzen SP, Grüne und Gewerkschaften die Zukunftsfähigkeit der Altersvorsorge fahrlässig aufs Spiel.

Die Flexibilisierung der Renten ist eine grosse Chance. Mit der AHV 21 wird das Rentenalter (65 Jahre) neu zu einem «Referenzalter». Mit der Rentenflexibilisierung wird es künftig möglich sein, die Auszahlung der Rente (ganz oder teilweise) zwischen 63 und 70 Jahren vorzuziehen oder aufzuschieben. Erwerbstätige, die früher in den Ruhestand gehen möchten, können ihre erste Säule schon ab 63 Jahren beziehen, während Erwerbstätige, die aus irgendeinem Grund länger arbeiten möchten, die Möglichkeit haben, die Rente aufzuschieben. Damit wird jedem – und jeder – Einzelnen die Wahl überlassen. Das ist ein wichtiges Signal an die Erwerbstätigen; aber auch an die Unternehmen, in Zukunft auf eine längere Erwerbsphase zu setzen. Ein weiterer positiver Effekt wird sein, dass der Fachkräftemangel von qualifizierten Arbeitskräften in der Schweiz gemildert werden kann. Deshalb verdienen die beiden mit der AHV und der Mehrwertsteuer verbundenen Vorlagen ein deutliches, doppeltes JA.

Ein JA verdient auch die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Obligationen. Die Verrechnungssteuer benachteiligt und schwächt unser Land im internationalen Standortwettbewerb. Die Steuer bewirkt, dass Schweizer Unternehmen sich Geld im Ausland statt in der Schweiz beschaffen. Diesen Standortnachteil räumt die Reform aus dem Weg: Die Schweiz erhält gleich lange Spiesse wie andere Länder und holt mutwillig verschenkte Steuern wieder in unser Land zurück. Zu den Gewinnern der Reform zählen u. a. öffentliche Unternehmen wie Spitäler, Energieunternehmen, öV-Betriebe oder das genossenschaftliche Bauwesen. Sie können Geld zu günstigeren Bedingungen aufnehmen.

Ein deutliches NEIN hingegen verdient die Volksinitiative «Zur Abschaffung der Massentierhaltung» in der Schweiz. Die Schweizer Tierhaltung hat, verglichen mit jener in anderen Teilen der Welt, kleine Dimensionen. Unsere Tierschutzbestimmungen gehören zu den strengsten überhaupt. Bereits heute können die Konsumenten die Produktion beeinflussen, indem sie konsequent entsprechende Produkte kaufen. Die Initiative ist also schlicht unnötig.

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