Publiziert am: 19.11.2021

«Droht mir eine happige Prämienerhöhung?»

VERSICHERUNGSRATGEBER – Taggeldschutz bei Krankheiten ist für Arbeitgeber nicht obligatorisch. Sie tragen aber das Risiko, denn es besteht Lohnfortzahlungspflicht. Leider wirken die relativ hohen Prämien oft abschreckend.

S.A. aus B.: «Ich führe ein erfolgreiches KMU mit 30 Vollzeitstellen. Meine Krankentaggeld-Versicherung unterbreitet mir per 2022 eine happige Prämienerhöhung. Die Versicherung teilt mir mit, dass sie mein KMU nur zu neuen Bedingungen versichern kann, da mein Team in der vergangenen Periode offenbar viele Krankentaggelder beanspruchte. Kann mein Taggeldversicherer seine Prämien wegen der bisherigen Leistungen erhöhen?»

Sehr geehrter Herr A.:

Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Sie von einer privatrechtlichen Krankentaggeldversicherung (KTG) sprechen. Der KTG-Schutz ergänzt die obligatorische Krankenversicherung gemäss Krankenversicherungsgesetz (KVG), bei der keine Erwerbsausfälle abgedeckt sind. Die KTG ist eine privatrechtliche Ergänzungsversicherung nach den Regeln des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Sie ist also rein freiwillig – für beide Parteien.

Die Arbeitgeber als Versicherungsnehmende haben bei der KTG einen durchaus breiten Spielraum in der Gestaltung der Erwerbsausfallleistungen. Die KTG wird als Kollektivversicherung von Unternehmen für ihre Belegschaft abgeschlossen. Anders als im KVG besteht im Bereich des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) eine Vertragsfreiheit. Damit können die Versicherungen grundsätzlich frei entscheiden, mit welchen Firmen und zu welchen Konditionen sie einen Vertrag eingehen wollen. Das VVG schränkt Ausschlüsse oder Vorbehalte nicht ein, enthält aber immerhin mit den neuen Gesetzesbestimmungen per 1. Januar 2022 ein Kündigungsverbot für die Versicherung bei Leistungsfällen.

Der Arbeitgeber ist zur Lohnfortzahlung verpflichtet

Unfallrisiken ihres Teams sind gestützt auf die Regeln der obligatorischen Unfallversicherung (UVG) gedeckt. Dabei geniessen Ihre Mitarbeitenden einen obligatorischen Taggeldschutz von 80 Prozent des Lohnes. Wie erwähnt ist ein Taggeldschutz bei Krankheiten für Ihre Angestellten nicht zwingend vorgesehen. Jedoch sollten Sie beachten, dass Sie als Arbeitgeber gemäss Obligationenrecht auch bei Krankheiten weiterhin Lohn bezahlen müssen. Der Anspruch der Mitarbeitenden beträgt im ersten Arbeitsjahr drei Wochen und nimmt zu, je länger die Beschäftigungsdauer besteht. Hier tragen Sie als Arbeitgeber das Risiko.

KTG als wichtige Abfederung der Lohnfortzahlungspflicht

Eine KTG ist für Arbeitgeber wichtig und sinnvoll, denn damit lässt sich das Lohnfortzahlungsrisiko an die Versicherung übertragen. Bei krankheitsbedingten Arbeitsausfällen übernimmt die Versicherung normalerweise 80 Prozent des versicherten AHV-Lohnes, allerdings beschränkt auf maximal 730 Tage. Der vertraglich garantierte Taggeldanspruch gemäss den Versicherungsbedingungen dauert damit in der Regel länger als die gemäss Obligationenrecht vorgesehene Lohnfortzahlung. Ein solcher Taggeldschutz für Krankheitsfälle ist auch für Selbstständige empfehlenswert, denn dieser Erwerbsausfall ist nicht anderweitig kompensierbar. Da der garantierte Taggeldschutz sowohl für Mitarbeitende wie auch für Selbstständige bis zu zwei Jahre dauern kann, sind die Prämien für die KTG verhältnismässig hoch.

Leider muss die Versicherung in Ihrem Fall die offenbar umfangreichen Taggeldleistungen der vergangenen Periode durch eine Mehrprämie teilweise kompensieren. Wenn Sie dieses Angebot nicht annehmen wollen, können Sie einen Wechsel zu einer anderen Versicherung prüfen. Vermutlich wird aber auch die neue Versicherung den bisherigen Schadenverlauf berücksichtigen. Trotzdem empfehle ich Ihnen, weiterhin für Sie und Ihre Belegschaft eine KTG abzuschliessen. Ihre Prämien lassen sich insbesondere mit der Wahl von längeren Karenzfristen (30- oder 60-tägige Wartefristen ohne Taggeld-Berechtigung) erheblich reduzieren.

IHRE FRAGEN AN

Mobiliar-Experte Fürsprecher Laszlo Scheda kann auf eine rund 30-jährige Erfahrung in der Versicherungsbranche zurückblicken und ist auch

auf den KMU-Bereich spezialisiert.

Fragen sind zu richten an:

laszlo.scheda@mobiliar.ch

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