Publiziert am: 12.08.2016

Echte Diskussion weit weg

SERVICE-PUBLIC-BERICHT – Statt Diskussionsgrundlagen zu liefern, will der Bundesrat nicht nur den Status quo und das Milliardenbudget der SRG zementieren, sondern sogar noch ausbauen.

Der Ständerat forderte 2014 anlässlich der Debatte über das neue Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) vom Bundesrat, «die durch Gebühren bzw. künftig durch Steuern finanzierten Service-public-Leistungen der SRG unter Berücksichtigung der Stellung und Funktion privater Rundfunkanbieter zu überprüfen und darzustellen». Das Ergebnis des nun vorliegenden Berichts (vgl. sgz vom 24. Juni) ist ernüchternd. Anstatt eine Grundlage für die öffentliche Debatte über den Umfang des Service public zu liefern, will der Bundesrat nicht nur den Status quo und das Milliarden­budget der SRG zementieren, sondern sogar noch ausbauen.

Planwirtschaftliche 
Regulierungswut

Was eine Grundlage für eine «offene Diskussion ohne Tabus» sein sollte, entpuppt sich heute als einseitiger Positionsbezug zugunsten der SRG. Dabei hätte der Auftrag des Ständerates Gelegenheit geboten, aufzuzeigen, welche Strategie der Bundesrat verfolgt. Diese Chance ist verpasst worden. Dem Bundesrat geht es einzig darum, die Position der SRG zu stärken. Die SRG soll ihr Online-Angebot ausbauen können. Private Anbieter werden staatlich gefördert. Das RTVG will er zu einem Mediengesetz ausbauen und auch das Internet gesetzlich regeln. Der Schweize­rische Gewerbeverband sgv lehnt diese planwirtschaftliche Regulierungswut ab.

Alternativszenarien fehlen

In den vergangenen Jahren ist die Schweizer Medienlandschaft – unter anderem wegen der Digitalisierung – vielfältiger geworden. Private Anbieter bieten eine wachsende Angebotsvielfalt. Deshalb muss – genauer: müsste – dringend eine Diskussion darüber geführt werden, was künftig durch private Anbieter erbracht werden soll und welche Rolle dem Service public der SRG zukommt. Auf diese Fragen geht der Bericht nicht ein. Die Konkurrenz wird vor allem aus der Optik der SRG und der internationalen Anbieter erwähnt. Wettbewerbsverzerrungen und ihre Auswirkungen auf private Radio- und Fernsehveranstalter und andere Medien­formen sowie eine vertiefte Auseinandersetzung mit Alternativszenarien müssten ausführlich thematisiert werden. Überlegungen, wie staatliche Aktivitäten mit Blick auf die immer vielfältigeren Angebote reduziert werden könnten, sucht man vergeblich.

Politische Forderungen 
ausgeblendet

Auf die seit Monaten gestellten Forderungen aus dem Parlament geht der Bundes­rat gar nicht erst ein. Weder soll die SRG in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, noch wird eine grössere Transparenz versprochen. Auch die geforderten Budgetvarianten mit ihren Auswirkungen auf den Service public werden nicht dargelegt. Die Forderung, dass künftig das Parlament über die Konzes­sion den Leistungsauftrag an die SRG definiert, spielt keine Rolle.

National- und Ständerat 
sind gefordert

Der Service-public-Bericht des Bundesrats ist unvollständig und fokussiert zu stark auf den Status quo und das Vordringen der SRG in private Märkte. Künftige Entwicklungen im Internet werden aus der Optik der SRG betrachtet.

Der Gewerbeverband fordert stattdessen mehr Wettbewerb. Private Anbieter sollen gleichermassen ihre Beiträge zum Service public leisten können. Dazu benötigen sie langfristig klare und verlässliche Rahmenbedingungen. Das Parlament wird nicht darum herum kommen, im Rahmen der Diskussion des Berichts und der Erneuerung der Konzession klare Positionen zu beziehen.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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