Publiziert am: 09.08.2019

Eigenmietwert: Abschaffung in Sicht

IMMOBILIEN – Die Steuer auf dem Eigenmietwert steht seit mehreren Jahrzehnten in der Kritik. Nun zeichnet sich auf Bundesebene eine Lösung zu ihrer Abschaffung ab.

«Die Tartarenwüste» oder «Warten auf Godot» würden sich bestens als Titel für den Film über den Eigenmietwert eignen, der unter der Bundeshauskuppel läuft…

Gegenwärtig wird ein Vorentwurf im Parlament diskutiert, der vorsieht, die Wohneigentumsbesteuerung durch Abschaffung der Steuer auf dem Eigenmietwert zu ändern. Dabei handelt es sich nicht etwa um den ersten Anlauf. In den letzten zwanzig Jahren wurden mehrere Versuche zur Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung unternommen, denen allen das gleiche Los beschieden war: Nein! Welche Wunderlösung wird die Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer endlich von dieser ungerechten Steuer befreien?

Steuer auf fiktivem Einkommen

In der Tat handelt es sich beim Eigenmietwert um eine hypothe­tische Einnahme: Sie entspricht der Miete, welche die Wohneigentümerinnen und -eigentümer verlangen könnten, wenn sie ihr Heim nicht selbst bewohnen würden. So müssen heute all jene, die in ihren eigenen vier Wänden leben, diesen hypothetischen Mietwert deklarieren, der wie ein Einkommen besteuert wird. Handkehrum können die Gewinnungskosten (z. B. die Unterhaltskosten) vom Einkommen abgezogen werden. Weitere Steuerabzüge sind möglich: So können etwa die Hypothekarschuldzinsen aus Gründen der Wohneigentumsförderung abgezogen werden. Abzugsfähig sind auch Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen. Seit den 90er-Jahren sieht sich der Bund regelmässig mit Aufrufen zur Abschaffung des Eigenmietwerts konfrontiert. Tatsächlich ist diese Steuer insofern ungerecht, als dass sie auf einem fiktiven Einkommen erhoben wird. Resultat: Die Steuerbemessungsgrundlage der Wohneigentümerinnen und -eigentümer erhöht sich entsprechend und damit auch ihre Steuerlast. Es drängt sich daher eine Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung auf.

Höchste Verschuldung weltweit

Die Schweiz weist weltweit die grösste Privatverschuldung pro Kopf auf: Dies erklärt sich hauptsächlich durch die Hypothekarverschuldung. Das Hypothekarvolumen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die damit einhergehenden Risiken sind nicht zu unterschätzen.

Handeln tut not: Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats hat deshalb eine parlamentarische Initiative zur Abschaffung des Eigenmietwerts eingereicht: Diese zielt darauf ab, die zunehmende Verschuldung der privaten Haushalte zu bremsen und den Finanzplatz zu stabilisieren. Gemäss diesem Vorentwurf soll der Eigenmietwert nur für das am Hauptwohnsitz selbstbewohnte Wohneigentum abgeschafft werden; im Gegenzug wären die Unterhaltskosten für die betroffenen Liegenschaften nicht mehr abzugsfähig. Konkret sollen also auf Bundes- und Kantonsebene sowohl der Eigenmietwert als auch die Abzüge für die Aufwendungen (Gewinnungskosten) abgeschafft werden.

Auf Bundesebene sollen zudem auch die Abzüge für Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen, für denkmalpflegerische sowie für Rückbaukosten aufgehoben werden. Den Kantonen stände es hingegen frei, diese Abzüge weiterhin zu gewähren.

Abzug von Hypothekarschuld-zinsen für KMU zentral

Die Kommission hat sich also bereits über die Hauptpunkte ihrer Reform geeinigt. Was die Abziehbarkeit der Privatschulden angeht, also der privaten Passivzinsen, schlägt sie fünf Varianten vor, die durchwegs strenger als die zurzeit geltende Steuerregelung sind. Für die KMU ist es im Rahmen ihrer Finanzierung von grösster Bedeutung, dass sie die Hypothekarschuldzinsen wie bisher von den Steuern absetzen können. Am Ende der Vernehmlassung wird die Kommission eine Vorlage zuhanden des Bundesparlaments ausarbeiten. Man kann nur hoffen, dass die Besteuerung des Eigenmietwerts bald der Vergangenheit angehört und das Warten auf Godot doch noch ein Ende finden wird.

Hélène Noirjean,

Ressortleiterin sgv

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