Publiziert am: 22.08.2014

Ein Anachronismus mit Namen SRG

TRIBÜNE

Der staatliche Rundfunk wird immer teurer – vermeintlich um ein vielfältiges Angebot zu sichern. Dabei steht gerade die SRG der Medienvielfalt im Weg.

Noch 1990 hatte der Bundesrat festgelegt, Gebühren in Höhe von 279 Franken zu erheben, um den öffentlichen Rundfunk zu finanzieren. Heute liegt dieser Betrag bei 462 Franken. Dies, obwohl im selben Zeitraum die Zahl der Haushalte von 2,8 auf 3,5 Millionen angestiegen ist. Fakten, welche die umfassende staatliche Privilegierung eines Medienunternehmens illustrieren, welches heute auf nationaler Ebene 8 Fernsehkanäle, 17 Radiokanäle und ein sich weiter ausbreitendes Online-Angebot betreibt.

Der Monopolist hingegen kann sich auf seinen staatlich garantierten Pfründen ausruhen. Durch die stetige Ausweitung seines Angebots unterbindet er das Aufkommen jeglicher veritabler Konkurrenz.

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), ursprünglich 1931 gegründet, muss sich keine Gedanken machen, ob sie ihrem Publikum tatsächlich einen Mehrwehrt bietet. Sie lebt letztlich von der Produktivität der übrigen Wirtschaft, welche ein Steuersubstrat generiert, von der auch der öffentliche Rundfunk ein Stück abschöpft. Dieser Vorgang soll nach aktuellen politischen Plänen bekanntlich durch eine Mediensteuer für alle formalisiert werden.

Die Zwangsfinanzierung des öffentlichen Medienangebots entwickelt sich so zu einem Selbstzweck, der sich immer weiter von der Frage der notwendigen Vielfalt und Qualität der Medienversorgung entfernt. Denn inhaltlich unterscheidet sich die SRG immer weniger von privaten Angeboten. Hier wie dort finden sich dieselben Filme und Serien. Unter grossem Aufwand produziert die SRG blasse Kopien erfolgreicher Unterhaltungsformate. Völlig unklar bleibt dabei, warum derartige Angebote nicht auch freiwillig finanziert werden könnten.

Der Betrieb der SRG erinnert heute an Unternehmen des sowjetischen Typs. Seine politische Abhängigkeit offenbart sich nicht nur in der Höhe der Mediengebühr oder in der Ernennung zweier Verwaltungsräte durch den Bundesrat. Hinzu kommt eine Nomenklatur der «Publikumsräte» der Regionalgesellschaften, welche anstelle des Wettbewerbs Einfluss auf das Angebot nehmen sollen. Dies erinnert an jene lokale Komitees, die im Sozialismus regelmässig Beschwerden angesichts der Untererfüllung politischer Pläne verfassen mussten. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der SRG und einem regulären Sowjetbetrieb ist der Umstand, dass das schweizerische Monopolunternehmen dank der Zwangsfinanzierung keinerlei Knappheit erleidet.

Aktuell wird der politische Druck auf die anachronistische SRG durch die «No Billag»-Initiative der Jungfreisinnigen und der Jungen SVP erhöht (vgl. auch S. 3). Noch bis Dezember 2015 sollen Unterschriften gesammelt werden. Die Initiative zeichnet sich dadurch aus, dass sie unumwunden das Problem der Zwangsfinanzierung angeht. Die SRG soll also keineswegs abgeschafft werden. Vielmehr soll sie sich durch freiwillige Beiträge finanzieren, wie dies auch in manchen anderen Ländern der Fall ist. Eine Angebotsanpassung in diesem Zusammenhang würde also lediglich die tatsächlichen Präferenzen widerspiegeln.

Dank des technologischen Fortschritts haben sich die Kosten der Erstellung, Verbreitung und des Empfangs medialer Inhalte radikal verringert. Im allgegenwärtigen Kabel-Angebot lassen sich gezielt Informations- und Spartensender abonnieren, die passgenau die Wünsche der Kunden erfüllen. Sendungen können auch über das Internet konsumiert und bezahlt werden. Es ist auch möglich, zu sehr tiefen Kosten Programme für kleinere Märkte wie die Westschweiz oder das Tessin zu erstellen. Davon zeugen etliche lokale Radio- und TV-Sender.

Die Schweiz leistet sich heute einen medialen Staat im Staate. Nach mehr als 80 Jahren ist die SRG, welche sich selbst mit dem Attribut «idée suisse» schmückt, für viele Schweizer zu einem selbstverständlichen Bestandteil ihres Alltags geworden. Labels und leere Phrasen stellen jedoch kein vernünftiges Argument für den weiteren Betrieb eines anachronistischen öffentlichen Medienunternehmens dar. Eine wirkliche «idée suisse» wäre es darum, auf Vielfalt und den Wettbewerb zivilgesellschaftlicher Lösungen, auf Freiwilligkeit und Marktwirtschaft zu setzen.

Pierre Bessard* ist Direktor des Liberalen Instituts in Zürich.

Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.

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