Publiziert am: 22.11.2019

Ein Ausgleich mit Fragezeichen

STAF – Vor dem Hintergrund eines neuen Steuerparadigmas, das am G20-Gipfel beschlossen wurde, sind die Kantone dabei, die Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) umzusetzen. Ein Balanceakt, der kantonale Kompromisse erfordert und Unsicherheit über den interkantonalen Finanzausgleich schafft.

Die zukünftigen Steuerpläne der OECD setzen die Schweiz stark unter Druck. Mit der Einführung einer digitalen Steuer und der Harmonisierung der Einkommenssteuersätze wird der Paradigmenwechsel weitreichende Folgen haben. Steuern werden nun dort geschuldet, wo das Unternehmen eine bedeutende wirtschaftliche Präsenz hat und nicht mehr (nur) dort, wo es seinen Hauptsitz hat.

In seinen Grundzügen verändert das OECD-Projekt die gesamte Logik des Steuerwettbewerbs und wird das Gleichgewicht, das in den Kantonen mit den Steuerreformen eben erst gefunden wurde, zweifellos stören. Macht die Umsetzung der STAF (Steuerreform und AHV-Finanzierung) in den Kantonen vor diesem Hintergrund überhaupt Sinn?

Im Moment ja. Denn der Zeitplan, den die G20 der OECD für die Einführung dieser neuen digitalen Steuer vorgibt, ist sehr ambitioniert (Ende 2020). Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die ganze Übung tatsächlich viel länger dauern wird.

Nicht alle Kantone gleich weit in der Umsetzung

Das Schweizer Volk hat die STAF mit der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 angenommen. Das Bundesgesetz tritt am 1. Januar 2020 gemäss dem Beschluss des Bundesrats vom 14. Juni 2019 in Kraft.

Mit der Abschaffung von Steuersystemen, die nicht mehr den internationalen Standards entsprechen, erfüllt die STAF das Ziel und macht Platz für international verträgliche Steuermassnahmen. Mit klaren Rahmenbedingungen macht sie den Weg frei für Kompromisse auf kantonaler Ebene und lässt den Kantonen Spielraum für unterschiedliche, auf den wirtschaftlichen Kontext und die politischen Bedürfnisse abgestimmte Unternehmenssteuerreformen.

Der Zeitplan für die Umsetzung der STAF in den Kantonen ist eng, und viele Kantone haben bereits über die Vorlage abgestimmt (Basel-Stadt, Glarus, Genf, Freiburg, St. Gallen, Neuenburg, Schwyz, Luzern, Zürich, Zug und Obwalden). Andere stehen kurz vor der Abstimmung (Uri, Nidwalden, Basel-Landschaft), haben einen Kompromiss gefunden (Schaffhausen, Graubünden, Aargau) oder stehen kurz vor dem Abschluss der Arbeiten zur Umsetzung auf kantonaler Ebene (z. B. Thurgau, Appenzell Ausserrhoden, Tessin, Jura und Wallis).

Der Kanton Solothurn, in dem die kantonale Vorlage abgelehnt worden war, hat eine neue Steuervorlage mit einem wettbewerbsfähigeren Einkommenssteuersatz erarbeitet. Auch wenn diese Vorlage als Erfolg angesehen wird, ziehen KMU-Vertreter eine gemischte Bilanz. Für die KMU wird die Steuerlast steigen. Einige Kantone haben ihre kantonalen Vorlagen noch nicht verabschiedet (Bern, Appenzell Innerrhoden, Waadt).

Weitere Hürden

Die grösste Schwierigkeit für die Kantone wird der interkantonale Finanzausgleich sein. Vor dem Hintergrund zahlreicher Unbekannten ist es im Moment sehr schwierig, konkrete Verteilschlüssel zu planen. Dabei ist auch zu beachten, dass der Bundesrat am 13. November drei Verordnungen zur STAF, nämlich die Patentbox, die Verordnung über den steuerlichen Abzug auf Eigenfinanzierung juristischer Personen (der Kanton Zürich erfüllt derzeit die Voraussetzungen dafür) und die Änderung der Verordnung über die pauschale Steueranrechnung gutgeheissen hat. Die drei Verordnungen wurden vor den Sommerferien in die Vernehmlassung gesandt und stiessen bei den Teilnehmern auf grundsätzliche Zustimmung. Der Bundesrat passte sie dementsprechend gegenüber der Vernehmlassungs­vorlage nur geringfügig an.

Alexa Krattinger, Ressortleiterin sgv

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