Publiziert am: 21.11.2014

Ein Blick hinter die Kulissen

ENERGIEVERSORGUNG – Über Kernenergie kann man sich streiten. Ist sie für uns Menschen eher schädlich, oder sind wir auf sie ­angewiesen, um überleben zu können? Tatsache ist: Ohne Kernenergie würden in der Schweiz 40 Prozent des Stroms fehlen.

Ohne Strom geht nichts. So viel steht fest. Rund 40 Prozent der Schweizer Stromproduktion erfolgen in Kernkraftwerken. Diese nehmen somit mit Abstand am meisten Platz im Strommix ein. 30 Prozent werden daneben durch Speicherkraftwerke, 25 Prozent durch Laufkraftwerke und 5 Prozent durch konventionell-thermische und andere Kraftwerke produziert. Damit das Land rund um die Uhr mit genügend Strom versorgt werden kann, existiert ein Produktionsmix aus Wasserkraft und Kernenergie. Dies sei unbedingt nötig, sagt Beat Bechtold, Geschäftsführer vom Nuklearforum Schweiz. «Der Stromverbrauch steigt stetig an. In den letzten 20 Jahren ist der Stromverbrauch in der Industrie, im Gewerbe, bei den Haushalten, im Dienstleistungssektor, im Verkehr und in der Landwirtschaft um ein Viertel angestiegen.» Zurückzuführen sei dieser Anstieg vor allem auf die Bevölkerungsentwicklung und das Wirtschaftswachstum.

Fünf Kernkraftwerke

In der Schweiz wird die Kernenergie an vier Standorten produziert: In Leibstadt, Beznau, Gösgen und Mühleberg. Doch ist die Zukunft der Kernenergie in der Schweiz alles andere als gewiss. Die Energiestrategie 2050 strebt ein Bauverbot für neue Kernkraftwerke und das Verbot der Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoff an. Trotzdem sollen die bestehenden Anlagen nicht vorzeitig stillgelegt werden. «Für uns vom Nuklearforum wäre der Königsweg für die Zukunft die Weiterführung des bisherigen Strommixes, das heisst, so viel Energieeffizienz wie möglich erreichen, die erneuerbaren Energien ausbauen und die Kernenergie behalten», so Bechtold. Nur die Schweiz habe nämlich entschieden, aufgrund des Reaktorunfalls in Fukushima aus der Kernenergie auszusteigen. Beispielsweise die USA, Grossbritannien, Finnland, China, Russland und sogar Japan halten weiterhin an dieser Technologie fest oder bauen gar neue Kraftwerke.

Wie schädlich ist Strahlung im Alltag effektiv?

Die Strahlung von radioaktiven Stoffen ist für viele Menschen etwas Unheimliches: Wir können sie weder sehen noch riechen, noch fühlen. Und doch ist sie in der Natur allgegenwärtig. Zum Vergleich: Sogar jede einzelne unserer Körperzellen beherbergt etwa eine Million radioaktiver Atome. Jede Sekunde zerfallen etwa 9000 radioaktive Atome in unserem Körper und senden dabei Strahlung aus. Mehr als die Hälfte dieser Strahlung gelangt mit der Nahrung in unseren Körper. So weisen Nahrungsmittel mit einem ­hohen Kaliumgehalt, also beispielsweise Bananen, eine etwas erhöhte Radioaktivität auf. Etwa gleich stark wie von der Nahrung werden wir aber auch von Gesteinen, Baustoffen und aus dem Weltraum bestrahlt. Hier gibt es grosse Unterschiede von Ort zu Ort. Je höher man wohnt, desto weniger wird die kosmische Strahlung durch die Atmosphäre abgeschwächt, so dass die Belastung in den Bergtälern mehr als doppelt so stark sein kann als im Tiefland. Ein wesentlicher Teil der kollektiven jährlichen Schweizer Strahlendosis stammt zudem aus der Medizin und damit der Röntgendiagnostik. Kaum ins Gewicht fallen hingegen die technischen Strahlenquellen in Industrie und Forschung.

Gemäss Berechnungen des Bundesamts für Gesundheit BAG beträgt die durchschnittliche Strahlenexposition eines Menschen in der Schweiz rund 5,6 Millisievert pro Jahr. Unterschieden werden dabei Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung. Die Forschung ist sich heute noch nicht einig, ob kleine Dosen (unter 100 Millisievert) der Keim für spätere Erkrankungen sind, oder aber gar die Gesundheit fördern können.

Stéphanie Jenzer

Das Nuklearforum

Ein Verein mit Statuten

Das Nuklearforum Schweiz ist ein Verein «zur Förderung der sachgerechten Information über die friedliche Nutzung der Kernenergie». Seit über fünfzig Jahren unterstützt das Forum als wissenschaftlich-technische Fachorganisation die Meinungsbildungsprozesse im Bereich der Kernenergie. Der Verein sieht sich selbst nicht als politische Front­organisation, sondern führt vorwiegend faktenbasierte Kommunikation, welche er über seine Website, elektronische Bulletins und Faktenblätter verteilt.

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