Publiziert am: 23.10.2020

Ein direkter Weg zum Ziel

INDIVIDUALBESTEUERUNG – Nach dem Nein zu höheren Kinderabzügen ist es Zeit, die Debatte neu zu lancieren. Die individuelle Besteuerung von Ehepaaren ist ein valables Modell.

Am 27. September wurde die Vorlage zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgelehnt. Die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs wäre ein wichtiger erster Schritt für Familien gewesen. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat denn auch bereits am Abstimmungstag vom Bundes­rat rasche Lösungsvorschläge für die Einführung einer Individual­be­steuerung gefordert.

Debatte neu lanciert

Zur Vorgeschichte: Nach dem Rechenfehler der Bundesverwaltung über das Ausmass der steuerlichen Heiratsstrafe und dem Entscheid des Bundesgerichts, das Resultat der Abstimmung zur CVP-Initiative zu annullieren, musste die Debatte neu lanciert werden, damit auch modernere Formen der Besteuerung wie die Individualbesteuerung einbezogen werden konnten. Die Vorlage zur Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs rückte dann aber die Reform der Besteuerung von Paaren und Familien vorübergehend in den Hintergrund.

Welche Alternative?

Das Modell des Bundesrates «Mehrfachtarif mit alternativer Steuerberechnung» scheint chancenlos zu sein. Es handelt sich um ein kompliziertes Verfahren im Widerspruch zu den Bemühungen, das Steuersystem zu vereinfachen. Um sich für das richtige Besteuerungsmodell entscheiden zu können, stellt sich nebst der Beseitigung der Ungleichbehandlung die Frage nach den tatsächlichen Vorteilen der verschiedenen Lösungen. Im Idealfall sollte das Modell der Ehepaar- und der Familienbesteuerung den administrativen Aufwand sowohl der Steuerbehörden als auch der Steuerzahler verringern, positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Bundesfinanzen haben und die Anforderungen eines Bundesgerichtsbeschlusses von vor 35 Jahren erfüllen.

Individualbesteuerung – ein valables Modell

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und trotz der Ablehnung der Motion 16.3006 «Individualbesteuerung auch in der Schweiz. Endlich vorwärtsmachen» weist das Modell der Individualbesteuerung zahlreiche Vorteile auf. Die ehemals erstellte Kostenschätzung ist überholt und muss aktualisiert werden. Dieses moderne Besteuerungsmodell ist in der parlamentarischen Debatte zu berücksichtigen, da es die Steuerzahler ermutigt, mehr zu arbeiten und dadurch dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. Der damit verbundene administrative Mehraufwand hält sich zudem in Grenzen. In den meisten Fällen könnte die Steuererklärung online ausgefüllt werden.

Direkter Weg

Es ist höchste Zeit, die Debatte aufzufrischen. Dazu sollte die Regierung Kosten-Nutzen-Rechnungen für alle in Frage kommenden Besteuerungsmodelle erstellen. Die Frage ist: Wird sie dies tun, um diese Diskussion endlich wieder in Gang zu bringen? Und vor allem: um endlich eine Lösung zu finden, die die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren beseitigt? Die Individualbesteuerung wäre ein direkter Weg zum Erreichen dieses Ziels.

Alexa Krattinger,

Ressortleiterin sgv

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