Publiziert am: 18.09.2020

Ein exemplarischer Fall

REGULIERUNG – Ein vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) veröffentlichtes Verordnungspaket zeigt exemplarisch auf, wie unternehmerische Freiheit eingeschränkt, Forschung durch starre Technologievorgaben behindert und neue, unnötige Regulierungskosten geschaffen werden.

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) will verschiedene Verordnungen revidieren lassen. «Verordnungspaket Umwelt Frühling 2021» hiess die entsprechende Vernehmlassungsvorlage. Darin verpackt waren zwei Überraschungen: die Neuordnung des Recyclingsystems für Elektrogeräte und der Abschied von der Technologieneutralität in der Luftreinhaltung.

Zum ersten: Die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte ist in der entsprechenden Verordnung, VREG, geregelt. Im Grundsatz funktioniert dieses freiwillige System der Wirtschaft gut.

Ein Babel-Turm an Regulierungen

Das Parlament gab dem Bafu den Auftrag, die VREG wie folgt zu revidieren: «Der Bundesrat wird beauftragt, ein optimiertes System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten zeitnah umzusetzen. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Onlinehändler und Importeure das System in der Schweiz nicht mehr unterlaufen können. Dabei sollen der Vollzug primär privatrechtlich und der administrative Aufwand möglichst gering sein.» Die Vorlage erfüllte keinen einzigen dieser Punkte. Zunächst will sie ein neues Monopol schaffen, während das bisherige System drei Recyclingträger kennt. Die Vorlage unterstellt sie alle einer Dachorganisation. Und dies ist nicht etwa das Bafu selber, sondern eine Kreation zwischen Amt und privaten Trägern. Statt zu optimieren, wird hier also eine zusätzliche Organisation mit Monopolistenmacht kreiert – mit Folgekosten zulasten der Konsumentinnen und Konsumenten. Noch wilder wird es bei den «Trittbrettfahrern». Die Vorlage anerkennt zwar das Problem. Doch sie sagt ausdrücklich, keine Lösung dafür präsentieren zu können. Denn der grösste Teil der Geräte aus dem Ausland wird über den Direktimport in die Schweiz gebracht. Das ist zwar schlüssig, aber dann doch widersprüchlich. Denn die Vorlage will trotzdem ein Meldeverfahren dafür einführen. Also: Auf der einen Seite soll es unmöglich sein, den Direktimport zu erfassen, auf der anderen sollen die Importe gemeldet werden müssen.

Technologieneutralität ade

Im gleichen Paket wird die Luftreinhalteverordnung (LRV) revidiert. Auch sie ist heute ein grosser Erfolg. Sie funktioniert, weil sie technisch ist – und entsprechend technologieneutral. Sämtliche Versuche, die LRV zu politisieren, sind bisher abgewehrt worden. Dennoch wird mit der Revision erneut ein Versuch dazu gewagt.

Bisher funktionierte es so: In einer technologieneutralen Regulierung werden Ziele vorgegeben. Es ist dann Sache der Regulierten, diese Ziele zu erreichen. Doch mit der vorliegenden Revision werden den Regulierten Vorgaben gemacht, welche Technologie sie einsetzen müssen, um die Zielwerte zu erreichen. Das ist schon nur deswegen problematisch, weil es keine Prozessinnovation mehr erlaubt. Zusätzlich ist es ein Negativanreiz für weitere Forschung. Wenn der Weg schon vorgegeben ist, dann lohnt es sich kaum – oder gar nicht – mehr, nach Alternativen zu suchen.

Einzelfälle mit Breitenwirkung

Natürlich sind nur wenige Unternehmen von diesen Regulierungen betroffen. Doch sie zeigen beispielhaft, warum alle Details in allen Vorlagen wichtig sind. Die kleinsten Details schaffen Regulierungskosten, schränken die unternehmerische Freiheit ein – und sind letztlich unverhältnismässig.

Die über 60 Milliarden Franken Regulierungskosten, die jährlich anfallen, sind nicht ein einziger, grosser Block. Sie sind die Summe solcher Regulierungen, wie sie hier beschrieben werden. Deswegen lohnt es sich – hier und in allen Vorlagen –, jedem Detail auf den Grund zu gehen.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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