Publiziert am: 22.01.2021

Zeitpunkt der LehrstellensucheRote Köpfe in den VerbändenBerufswahlprozess, nicht Lehrstellensuche

Ein «Missverständnis» sorgt für grossen Ärger

Zeitpunkt der Lehrstellensuche

Ein an Aufregungen nicht armes Jahr 2020 wurde Mitte Dezember um einen Aufreger ­reicher. Grund war ein Beitrag im staatlichen Rundfunk. Unter dem Titel «Lehrstellensuche bereits ab der zweiten Oberstufe?» berichtete Radio SRF am 17. Dezember, dass sich die Schülerinnen und Schüler in Zukunft bereits in der zweiten Oberstufe um eine Lehrstelle kümmern sollten, statt wie bisher in der dritten. SRF bezog sich dabei auf die Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK).

Rote Köpfe in den Verbänden

Für rote Köpfe sorgte die Meldung in den Morgennachrichten nicht nur bei den Lehrer­verbänden – eine Vorverlegung der Lehrstellenpublikation widerspreche dem Lehrplan 21, monierten sie im Beitrag –, sondern auch bei den Berufsverbänden. «Dies ist für mich ein Absolutes No-Go», reagierte Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands SBC. «Ohne despektierlich zu sein, sind viele Jugendliche – vor allem Jungs – in diesem Alter wirklich noch Kinder. Es kann doch nicht sein, dass sie anderthalb Jahre im Voraus ihre Lehrstelle suchen müssen!» Auch Swissmechanic, der Arbeitgeberverband der KMU in der MEM-Branche, lehnt diese Forderung entschieden ab. «Wenn sich Schülerinnen und Schüler schon in der zweiten Oberstufe um Lehrstellen kümmern müs-sen», so Swissmechanic-Direktor Jürg Marti in einer Medienmitteilung, «erhöht dies den Druck auf die Jugendlichen und führt dazu, dass die Zahl der Lehrabbrüche mittelfristig steigt.»

Berufswahlprozess, nicht Lehrstellensuche

Auch im Schweizerischen Gewerbeverband sgv sorgte die neueste Kommunikationspanne seitens der Behörden für Ärger. «Offenbar ist für manche Medienschaffende der Unterschied zwischen Berufswahlprozess – mit Informationsveranstaltungen, Besuch von Berufsmessen, Schnuppern etc. – und der effektiven Lehrstellensuche nach wie vor schwierig zu verstehen», ätzt die sgv-Bildungsverantwortliche Christine Davatz. «Wir plädieren seit Jahren dafür, dass der Berufswahlprozess bereits ab der siebten, wenn nicht sogar ab der sechsten Klasse erfolgen sollte, damit die Jugendlichen wirklich herausfinden, wo sie ihre Neigungen und Eignungen haben. Zudem fordern wir ebenfalls seit Jahren, dass der eigentliche Lehrvertragsabschluss erst ab November vor Lehrbeginn im darauffolgenden Jahr erfolgen soll.»

Auch die SBBK sah sich zu einer Stellungnahme genötigt. Man bedaure das «Missverständnis». Druck sei kontraproduktiv, sowohl für Jugendliche als auch für Lehrbetriebe. En

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