Der sgv spricht sich vehement gegen die Erhöhung der Lohnprozente aus
Ein Paket voller Unklarheiten
LUFTFAHRT – Fast zwei Milliarden Franken beträgt das Hilfspaket für die Luftfahrt. Die Swiss giert danach, Helvetic schlägt sie aus. Und die Eidgenössische Finanzkontrolle warnt davor – nicht zu Unrecht.
Mit ihren drei Landesflughäfen Basel, Genf und Zürich ist die Schweiz ein wichtiges Drehkreuz der internationalen Luftfahrt. Dutzende Airlines bedienen das Land. Hier sitzen mehrere internationale Fluggesellschaften, zum Beispiel die Lufthansa-Tochter Swiss, Edelweiss oder Helvetic. Doch auch viele flug-nahe Betriebe machen den Luftverkehrssektor aus. Die Branche betont, die Luftfahrt mache um die 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts der Schweiz aus.
Kritische Fragen drängen sich auf
Gerade wegen der Leistungsfähigkeit des Sektors stellen sich kritische Fragen rund um das beschlossene Hilfspaket im Wert von gegen zwei Milliarden Franken. Ist das Paket mit dem Luftverkehrsabkommen mit der Europäischen Union (LVA) kompatibel? Extreme Schritte sind zwar mit dem LVA vereinbar, solange sie nicht zur Strukturerhaltung dienen und den Wettbewerb nicht ausschalten. Wie die Eidgenössische Finanzkontrolle aber feststellt, macht das Paket gerade das. Es greift ausgewählten Firmen unter die Arme und verzerrt somit den Wettbewerb.
Unterstützung einzelner Firmen
Ganz genau betragen die Kreditverpflichtungen 1275 Millionen Franken für Swiss und Edelweiss – Helvetic oder Easyjet schlugen solche Hilfen aus – sowie 600 Millionen für die flugnahen Betriebe wie Swissport International AG, Gate Gourmet Switzerland GmbH und SR Technics Switzerland AG. Man beachte: Nicht der volkswirtschaftlich wichtige Sektor wird unterstützt. Geholfen wird einzelnen Firmen darin. Und diese werden in der Botschaft des Bundesrates namentlich erwähnt. Pikant: Unterstützt werden diese Unternehmen nur, weil sie gross sind. Die Unterstützung wird nicht einmal an Bedingungen wie Produktivität, Wirtschaftlichkeit oder Governance geknüpft. Sie erfolgt bedingungslos und unbeaufsichtigt.
In seiner Botschaft räumt der Bundesrat ein, dass einzelne der unterstützten Firmen schwer einzuschätzen sind. Auf Seite 3672 (20.039) heisst es über die Bodenabfertiger: «Alle Gesellschaften gehören asiatischen Investoren, über die keine transparenten und verlässlichen Finanzinformationen verfügbar sind.» Doch das qualifiziere sie gerade als Nehmer der Bundesgelder, findet der Bundesrat. Noch stärker fallen die Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der Fluggesellschaften aus. Denn auch hier gilt: Die Swiss erhält Unterstützung nur, weil sie gross ist. Auch diese Hilfe ist an keine Bedingungen gebunden. Das mag erstaunen. Denn wenn eine Firma die volle Staatsgarantie erhält, wird diese meist an gewisse Leistungen geknüpft. Das scheint hier nicht der Fall zu sein.
Im Umgang mit KMU-Partnern sowie Kundinnen und Kunden ist die gleiche Swiss, die den Geldsegen des Staates erbittet, weniger demütig. Annullierte Tickets werden nicht zurückerstattet und stattdessen mit Gutscheinen erledigt. Auch zeigt sich die deutsch-dominierte Gesellschaft besonders inkulant, wenn es um Umbuchungen geht. Reisebüros berichten von völlig unangemessenen Fristen. Die meisten Direktkundinnen und -kunden, welche noch im März eine Annullierung verlangten, warten immer noch auf ihr Geld.
Können Konzerne sich alles erlauben?
Apropos Direktkunde: Kunden, die im März ein Erstattungsgesuch eingereicht haben, erhielten im Mai eine höchst kuriose Nachricht von der Swiss. Ihr Gesuch sei gelöscht worden. Falls man immer noch am Geld interessiert sei, «…möchten wir Sie bitten, uns erneut zu kontaktieren, wenn die Bearbeitung Ihrer Anfrage noch offen ist.» Erstaunlich ist das nicht. Gerade der Marktdominante drückt in beiden Richtungen: Von der Politik will er Geld – und von den Kunden ebenso.
Manche Konzerne scheinen derzeit zu glauben, sie könnten tun, was immer sie wollten. Dieser Glaube könnte sich dereinst als Irrtum erweisen.
Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv
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