Nationalrat entscheidet sich für das kleinere Übel – es braucht aber eine strukturelle Reform der AHV
Ein Relikt aus Vor-Corona-Zeiten
NEIN ZUM VATERSCHAFTSURLAUB – Die Schweiz steckt mitten in der schwersten Rezession seit 1975. UnÂnötige Luxusprojekte wie bezahlte Vaterschaftsurlaube sind schlicht nicht mehr finanzierbar.
Corona gefährdet nicht nur unsere Gesundheit, sondern führt auch der Wirtschaft und unserem Wohlstand massiven Schaden zu. Die Produktion ist markant eingebrochen. Vielerorts musste auf Kurzarbeit umgestellt werden. Die Arbeitslosenzahlen schnellen in die Höhe. Die Schuldenberge der öffentlichen Hand sind frappant angestiegen. Eine rasche Rückkehr auf den bisherigen Wachstumspfad erscheint utopisch.
Verantwortungsloser Ausbau
In diesem extrem schwierigen Umfeld kann es nicht angehen, den Sozialstaat weiter auszubauen und neue Sozialversicherungen wie etwa bezahlte Vaterschaftsurlaube einzuführen. Die Sicherung des heutigen Leistungsniveaus sowie die Sanierung stark verschuldeter Sozialwerke wird uns grosse Opfer abverlangen. Die Einführung eines neuen Sozialversicherung wäre verantwortungslos.
224 Millionen Franken soll ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub kosten. Doch aufgepasst: Das sind nur die direkten Mehrkosten. Eine im Auftrag des Bundes verfasste Studie hat ergeben, dass die indirekten Kosten zusätzlicher Urlaubstage die direkten, an die Erwerbsersatzordnung zu bezahlenden Beiträge um das Doppelte bis Vierfache übersteigen. De facto sprechen wir somit über eine Vorlage, die bis zu einer Milliarde Franken kosten kann.
Zusätzliche Probleme für Klein- und Kleinstbetriebe
Das ist enorm viel Geld! Aber für die KMU nicht das Hauptproblem. Noch gravierender als die Mehrkosten sind für viele Betriebe die zusätzlichen Absenzen, die staatlich verordneter Vaterschaftsurlaub mit sich brächten. Klein- und Kleinstbetriebe sind finanziell nicht auf Rosen gebettet und müssen mit einer knappen Personaldecke auskommen. Echte Stellvertretungen gibt es nur selten. Jede Abwesenheit eines Mitarbeitenden ruft organisatorische Schwierigkeiten hervor, schränkt die Produktion ein, senkt die Produktivität und verursacht hohe Opportunitätskosten.
Auf Betriebs- und Branchenebene
Vaterschaftsurlaube sind ein klassisches Thema fĂĽr eine gelebte Sozialpartnerschaft. Viele Einzel- und ÂGesamtarbeitsverträge beinhalten grosszĂĽgige Urlaubsregelungen. Betriebs- und branchenspezifische Regelungen sind gesetzlichen Vorgaben klar vorzuziehen. Das mĂĽssen eigentlich auch die Gewerkschaften so sehen. Denn wozu braucht es die Sozialpartner noch, wenn alles und jedes auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe vorgegeben ist?
Arbeitszeiten flexibilisieren hilft
Viele junge Väter wollen sich heute aktiver um ihre Kinder kümmern. Das ist gut so. Dazu braucht es aber keine Vaterschaftsurlaube, deren Effekt ohnehin rasch verpufft ist. Gefragt sind vielmehr nachhaltig wirkende Instrumente. Und die gibt es. Junge Väter und Familien haben heute vielfältige Möglichkeiten, sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit ist der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Diese Meinung vertritt im Ăśbrigen auch der Bundesrat. Unsere LanÂdesregierung lehnt sowohl einen vier- als auch einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ab. Sie ist der Meinung, dass es bessere und zielgerichtetere Instrumente zur UnterstĂĽtzung der Familien gibt.
Kein erstrebenswerter Weg
Zweifellos gibt es Staaten, deren Familienpolitik grosszügiger ist als die der Schweiz. Den Preis dafür bezahlen diese aber meist mit einer massiv höheren Steuerbelastung, einer enormen Staatsverschuldung oder – noch schlimmer – mit hoher Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit für Jugendliche und tiefem Wohlstand. Das kann kein erstrebenswerter Weg für die Schweiz sein. Daher ist ein NEIN zu staatlich verordneten Vaterschaftsurlauben wichtig und richtig.
Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv
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