Publiziert am: 22.04.2016

Eine der letzten grossen Ungerechtigkeiten

Tribüne

N ur bei selbstgenutztem Wohneigentum wird der Eigenmietwert besteuert, bei allen anderen Vermögenswerten nicht. Diese selektiv unterschiedliche Behandlung von Vermögenswerten ist eine der letzten grossen Ungerechtigkeiten im schweizerischen Steuerrecht.

Eigentümer werden häufig schlechter gestellt

I n letzter Zeit haben einige Kantone die ­Eigenmietwerte mit dem Hinweis auf die steuerliche Gleichbehandlung der Eigentümer mit den Mietern erhöht. Das ist besonders zynisch, denn heute werden Eigentümer, die ihr Wohneigentum selber nutzen und sich in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen wie Mieter befinden, häufig schlechter ­gestellt. ­Eigentümern steht nur aufgrund der Besteuerung oftmals weniger Einkommen zur freien Verfügung als Mietern. Dies vor allem dann, wenn keine oder wenig Schulden vorhanden sind. Und einzig und allein darum, weil sie Wohneigentum erworben haben und dieses selbst nutzen. Es liegt auf der Hand, dass dies keine Wohneigentumsförderung ist, wie sie die schweizerische Bundesverfassung vorschreibt.

Keine Rechtfertigung für Ungleichbehandlung

H äufig wird ins Feld geführt, die Eigentümer könnten «dafür» steuerlich den Schuldzinsabzug geltend machen. Doch der allgemeine Schuldzinsabzug bis zur Höhe der Vermögenserträge zuzüglich 50 000 Franken steht allen Steuerpflichtigen offen. Auch Mieter können sich verschulden und die Schuldzinsen vom steuerbaren Einkommen abziehen. Das ist auch richtig, denn massgebend für die Steuerbelastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sein. Willkürlich ist es hingegen, wenn nicht die wirtschaftliche Kraft die Steuerbelastung festlegt, sondern die Tatsache, ob man ein Haus oder z. B. ein Auto oder ein Bild kauft. Es ist nicht rechtens, wenn steuerlich zwischen «gutem» und «schlechtem» Vermögen unterschieden wird. Die Besteuerung eines fiktiven Einkommens einzig beim selbstgenutzten Wohneigentum schafft daher eine grosse Ungerechtigkeit. Auch die oftmals angeführte Behauptung, dass im Namen der Wohneigentumsförderung der Eigenmietwert massvoll festgesetzt wird, ist angesichts der steten Erhöhungen der Eigenmietwerte nicht haltbar.

Sinkende Mietzinse, steigende Eigenmietwerte

W ährend die Mietzinse in bestehenden Mietverhältnissen tendenziell gefallen sind, werden die Eigenmietwerte von bestehenden Eigentümern kontinuierlich angehoben.

Es wäre den Steuerpflichtigen gedient, wenn sie von der Steuerverwaltung eine überzeugende Erklärung dafür erhalten würden, weshalb die Eigenmietwerte steigen, obwohl die Mietzinsen in den bestehenden Mietverhältnissen tendenziell gesunken sind. Ob es richtig ist, dass langjährige Mieter einen Mietzins bezahlen, der oftmals weit unter dem liegt, was auf dem Markt für das betreffend Wohnobjekt bezahlt wird, soll dahingestellt bleiben. Hält man sich diese Ungleichbehandlung vor Augen, so erhellt, dass nicht die Gleichbehandlung mit den Mietern oberstes Anliegen der Steuerbehörden ist, sondern, wenig überraschend, der Geldsegen – herrührend aus der Besteuerung der Eigenmietwerte von selbstgenutztem Wohneigentum. Ein solches Verhalten der Steuerbehörden ist nicht rechtens. Steuern ja, aber bitte fair.

Motion Egloff unterstützen

Der Handlungsbedarf ist bei der Besteuerung des Eigenmietwerts grundsätzlich anerkannt. Um die Probleme bei der Eigenmietwertbesteuerung anzugehen, habe ich die Motion Egloff «Sicheres Wohnen. Einmaliges Wahlrecht beim Eigenmietwert» im Parlament eingereicht. Der Vorstoss wird von Vertretern der CVP, der FDP, der BDP, der SVP sowie der GLP unterstützt. Die Motion Egloff ist für eine Verbesserung des Systems die ideale Gesprächsgrundlage. Sie greift moderat ins geltende System ein und beseitigt dessen gröbste Mängel. Die Motion wurde vom Bundesrat abgelehnt, im September 2014 jedoch vom Nationalrat angenommen und kommt nun in den Ständerat. Es wäre erfreulich, wenn auch der Ständerat das Anliegen der Steuerpflichtigen ernst nimmt und anhand meiner Motion die Probleme bei der ­Eigenmietwertbesteuerung angeht.

*Nationalrat Hans Egloff ist Präsident des Hauseigentümerverbands HEV Schweiz.

Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.

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