Publiziert am: 10.11.2017

Eine klassische Exportindustrie

VERMÖGENSVERWALTUNG – Traditionelle Vermögensverwalter sitzen im gleichen Boot wie die übrige Exportindustrie. Die Schweizer Privatbanken brauchen deshalb ungehinderten Marktzugang zu ihren wichtigsten Absatzmärkten.

Mit Export verbindet man in erster Linie die Uhren-, Maschinen- oder Tourismusindustrie, jedoch kaum das Vermögensverwaltungsgeschäft, obwohl es sämtliche Merkmale einer klassischen Exportindustrie erfüllt. Somit sind auch Privatbanken – besonders deren KMU – auf Rahmenbedingungen angewiesen, die es ihnen ermöglichen, Dienstleistungen von der Schweiz aus ins Ausland reibungslos zu exportieren. Dafür ist ein ungehinderter regulatorischer Marktzugang zu den wichtigsten Märkten erforderlich, heute jedoch oftmals nur sehr eingeschränkt gegeben.

Nicht benachteiligen

Neben allgemeinen wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen hängt der Erfolg vieler Schweizer KMU-Vermögensverwaltungsbanken (aber nicht nur) davon ab, dass sie auf regulatorischer Ebene gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten in den Exportmärkten nicht benachteiligt werden. Insbesondere ist ein reibungsloser Export ihrer Dienstleistungen eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sie ihre führende Stellung im Vermögensverwaltungsgeschäft weiterhin behaupten können. So schafft die Branche beispielsweise alleine mit der Verwaltung der fast 1000 Milliarden Franken Finanzvermögen von Kunden mit EU-Domizil circa 20 000 Schweizer Arbeitsplätze und generiert Steuereinnahmen von ungefähr 1,5 Milliarden Franken für die Schweizer Staatskasse.

Starker Franken trifft 
die KMU-Privatbanken

Aufgrund ihrer Kosten-Ertrags-Struktur ist die Vermögensverwaltungsbranche von einem überbewerteten Franken gleichermassen betroffen wie die Maschinen-, Uhren- oder Tourismusindustrie. Denn repräsentative exportorientierte KMU-Privatbanken weisen teilweise gar ein höheres Währungsungleichgewicht auf als bekannte Exporteure. Es ist heute noch zu wenig bekannt, dass diese Privatbanken ihre Dienstleistungen vorwiegend über Arbeitsplätze in der Schweiz produzieren, während ihre Kunden mehrheitlich im Ausland ansässig sind und entsprechend ein Grossteil ihrer Erträge in Fremdwährungen anfällt.

Marktzugang als Schlüssel 
zum Erfolg

Traditionelle Vermögensverwalter sitzen daher im gleichen Boot wie die übrige Exportindustrie. Das heisst: Den Schweizer Privatbanken muss ungehinderter Marktzugang zu ihren wichtigsten Absatzmärkten gewährt werden. Es gibt momentan drei Ansätze, um dies zu erreichen: Erstens kann versucht werden, mit strategisch wichtigen Ländern wie Italien, Deutschland, Frankreich und fernen Wachstumsmärkten bilate­rale Marktzugangsabkommen zu schliessen. Zweitens kann die Schweiz ihre Gesetzgebung in zentralen Bestandteilen der Finanzmarktregulierung äquivalent zu den Richtlinien der EU gestalten. Das ist der Weg z. B. von FIDLEG/FINIG. Dabei gilt es zu verhindern, dass die Schweiz EU-Recht unkritisch übernimmt, sondern vorhandene Spielräume konsequent nutzt. Und drittens kann über ein umfassendes Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU nachgedacht werden, um die Marktzutrittsproblematik umfassend und langfristig zu lösen.

«DIE KUNDEN SIND OFT IM AUSLAND. DIE ARBEITSPLÄTZE ABER beFINDEN SICH IN DER SCHWEIZ.»

Am Beispiel von Italien zeigt sich momentan für KMU-Privatbanken die Problematik von bilateralen Gesprächen mit einzelnen Ländern ­exemplarisch, wie das Interview mit Marco Netzer (s. unten) zeigt.

Simon Binder

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