Publiziert am: 17.09.2021

Eine wichtige Lücke schliessen

VERBAND SCHWEIZERISCHER HANDELSSCHULEN – Die Kaufmännische Grundbildung ist im Wandel. Die Pandemie hat die Digitalisierung in der Branche und damit neue Lernformen beschleunigt. Eine grosse Herausforderung für die Mitglieder ist zudem das Reformprojekt «Kaufleute 2022». Zudem wünschen sich die privaten Anbieter eine bessere Einbindung in die Verbundpartnerschaft.

Die Ausbildung an einer Handelsschule des VSH bereitet die Lernenden auf die anspruchsvollen Aufgaben im kaufmännischen Berufsleben vor und bildet die fachliche Basis für ihren Erfolg. Das Bürofachdiplom VSH wie das Handelsdiplom VSH bestätigt den Absolventinnen und Absolventen ein fundiertes Wissen und in einer kaufmännischen Grundbildung. Darüber hinaus erhalten die Absolventinnen und Absolventen eine gute wirtschaftliche Allgemeinbildung. Die kaufmännische Grundbildung – Vollzeit, eher für Jugendliche – sowie die Kaufmännische Zusatzausbildung (aufbauend auf einer Erstausbildung – daher für Erwachsene) bieten ein ideales Sprungbrett für weiterführende Ausbildungen.

Diese schulisch orientierte Grundbildung SOG ist bei den Betrieben sehr beliebt. «Die Lernenden sind zu Beginn des einjährigen Praktikums schulisch bereits voll ausgebildet und haben eine vorbereitende Ausbildung in einer Praxisfirma der Schule absolviert. Sie sind damit rascher einsetzbar und benötigen einen geringeren Aufwand bei der Einführung», erklärt Andreas Hösli, Präsident des Verbands Schweizerischer Handelsschulen VSH. Zudem stehen die Lernenden den Betrieben während des Praktikums an fünf Tagen zur Verfügung, da die schulische Ausbildung abgeschlossen ist. Sie können sich somit voll auf den betrieblichen Alltag konzentrieren. «Auch Jugendliche mit einer besonderen Bildungsbiografie können profitieren. Hier leistet der VSH einen unschätzbaren Beitrag zur Chancengleichheit und Integration in den Arbeitsmarkt», so Hösli. Die kaufmännische Zusatzausbildung ist ­gefragt. Denn immer mehr werden berufsübergreifend kaufmännische und IT-Grundkenntnisse verlangt, welche in den entsprechenden EFZ vieler Branchen nicht oder nur punktuell vermittelt werden. «Hier schliesst die kaufmännische Zusatzausbildung eine wichtige Lücke – gerade für KMU», betont Hösli.

Unterrichtsformen – der richtige Mix macht’s aus

Der Beruf der Kauffrau bzw. des Kaufmanns ist im Hinblick auf die Digitalisierung einem starken Wandel unterworfen. Dabei wird sich das Kompetenzprofil dort am meisten ändern, wo Tätigkeiten durch künstliche Intelligenz ersetzt oder unterstützt werden können. Mit dem Reformprojekt «Kaufleute 2022» wird der Berufsnachwuchs zudem für die Zukunft fit gemacht. Es geht dabei darum, den neuen handlungskompetenzorientierten Bildungsplan der betrieblich orientierten Grundbildung BOG in die schulisch orientierte Grundbildung SOG zu integrieren. «Die Aufgabe ist anspruchsvoll und muss unter hohem Zeitdruck bewältigt werden. In der BOG wird der schulische Unterricht auf sechs Semester verteilt, in der SOG sind es vier», betont Hösli und doppelt nach: «Die Handelsschulen sind zudem besonders gefordert, weil bereits etwa Ende 2022 ein vollständiges Konzept zur Umsetzung vorliegen muss.»

Der richtige Mix macht es aus: Corona als Digitalisierungsbooster hat auch in den privaten Handelsschulen die Unterrichtsformen modernisiert. So haben die Mitglieder rasch und stufengerecht auf die neuen Lernformen umgestellt. Dazu Hösli: «Wir bieten einen Mix aus Blended-Learning und reinen Onlinekursen. Der Anteil an Präsenzunterricht geht daher eher zurück.» Essenziell sei allerdings der Mix der verschiedenen Lernformen. Gemäss Hösli ist sowohl der Präsenzunterricht als auch die direkte soziale Interaktion für den Lernerfolg und die auf dem Stellenmarkt geforderten Sozialkompetenzen von grosser Bedeutung. «Hybrider Unterricht hat den Vorteil, die Lernenden direkt mit den mit der Digitalisierung verbundenen Problem der indirekten, sozialen Interaktion vertraut zu machen. Das ist später in der Arbeitswelt gerade in einem internationalen Kontext sehr nützlich. Zudem fördert er die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen und Recherchieren.»

Nicht gleich lange Spiesse

Der Verband engagiert sich zudem auch auf politischer Ebene. Hier ist es ihm ein grosses Anliegen, dass die schulisch orientierte Grundbildung SOG als wichtiger und unerlässlicher Bestandteil der Grundbildung anerkannt wird. «Mit unserem Angebot bieten wir ergänzend zur betrieblich orientierten Grundbildung BOG einen marktnahen und vom Gewerbe besonders geschätzten Weg zur Erlangung des EFZ», ist Hösli überzeugt. Zudem wünscht sich der VSH eine stärke Einbindung der Bildungsanbieter in die Verbundpartnerschaft. «Hier sind die Schulen der vierte offizielle Partner, was vom Gesetzgeber nicht genügend beachtet wird.» Ebenso fordern die privaten Handelsschulen, dass Bund und Kantone den SOG-Anbietern im Rahmen der Umsetzung der Reform die notwendige Flexibilität einräumen. Dies betrifft insbesondere die zeitliche Platzierung des Praktikums, die Möglichkeit zur selbstständigen Organisation der überbetrieblichen Kurse sowie eine vernünftige Lösung betreffend der Qualifikation der Lehrpersonen im Rahmen des Handlungskompetenz-orientierten Unterrichts. «Es kann definitiv nicht sein, dass Praxisbeispiele ausschliesslich von Dozierenden unterrichtet werden, die gar nie in der Praxis tätig waren», gibt Hösli zu bedenken. Bezüglich der öffentlichen kaufmännischen Berufsschulen seien die Spiesse in vielen Bereichen nicht gleich lang. «Teilweise ist sogar das Wort Wettbewerbsverzerrung gerechtfertigt – so werden zum Beispiel die überbetrieblichen Kurse in der SOG oft nicht subventioniert, währenddem das bei den öffentlichen Schulen ausnahmslos erfolgt», ärgert sich Hösli.

Das Zukunftspotenzial der privaten Handelsschulen ist gross – denn die privaten Anbieter können rascher und flexibler auf sich verändernde Marktbedürfnisse reagieren. So ist beispielsweise die Vermittlung von Grundkenntnissen und -fähigkeiten bei einer ununterbrochenen Schulung der Lernenden während zweier Jahre leichter einzubringen als im klassischen Modell mit einem oder zwei Schultagen pro Woche, verteilt auf drei Jahre. Corinne Remund

www.vsh-asec.ch

DAS MACHT DER VSHGesamtschweizerisch anerkannte VSH-Diplome

Fundierte Ausbildung für die kaufmännische Praxis

Der Verband Schweizerischer Handelsschulen VSH entstand 1978. Er ist damit der älteste und renommierteste Verband für private Handelsschulen. Der Gründungsgedanke geht auf die traditionell schwierige Wettbewerbssituation privater Bildungsträger im Verhältnis zu öffentlichen Schulen zurück. Die Mitglieder des VSH erhalten keine Subventionen oder staatliche Mittel; sie müssen alle Erträge direkt am Markt erarbeiten und doch alle Auflagen erfüllen. Ziel war deshalb, die Interessen der privaten Handelsschulen zu bündeln und im nationalen Rahmen zu vertreten. Ein Grund für den Zusammenschluss der privatrechtlichen Handelsschulen unter dem Dach des VSH war auch das damalige Berufsbildungsgesetz, welches neu die Möglichkeit eröffnete, dass Absolvierende nach einem spezifischen Ausbildungsmodell dieser Schulen zu den offiziellen KV-Lehrabschlussprüfungen an den kaufmännischen Berufsschulen zugelassen wurden.

Gesamtschweizerisch anerkannte VSH-Diplome

Der VSH reglementiert, erstellt und überwacht zudem die Abschlussprüfungen zu den gesamtschweizerisch anerkannten VSH-Diplomen (Bürofachdiplom und Handelsdiplom VSH). Die Diplome des VSH werden vom sgv als hochstehend und einer kaufmännischen Grundbildung ähnlich anerkannt. Der VSH vertritt die Interessen der ­privaten Wirtschafts- und Handelsschulen im nationalen Rahmen nach aussen. Er ist bestens vernetzt mit wichtigen Organisationen und Verbänden, Ämtern, Behörden und privaten Institutionen im Bildungsbereich.

Der VSH zählt 42 Mitglieder, die kaufmännische Ausbildungen im Rahmen der schulisch orientierten Grundbildung (SOG) und/oder als kaufmännische Zusatzausbildung anbieten. Darunter sind neben den fünf grössten privaten Trägern mit bis zu zehn Standorten auch kleinere private Schulen. Die meisten Mitglieder des VSH haben ihren Standort in der Deutschschweiz. CR

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