Publiziert am: 05.06.2015

Es braucht mehr Markt, nicht weniger

«FAIRE IMPORTPREISE» – Übermässige Regulierung ist der Hauptgrund für die im Vergleich zum Ausland deutlich höheren Konsumentenpreise in der Schweiz. Die Argumente zugunsten einer Marktabschottung der Schweiz sind irreführend.

Um es gleich vorwegzunehmen: ­Tiefere Importpreise sind nur durch den Abbau von Protektionismus zu erreichen. Warum eigentlich?

Zugegeben, es gibt «typisch Schweizerische» Kostentreiber. Dazu gehören zum Beispiel hohe Löhne für hohe Produktivität und hohe Bodenpreise. Es gibt auch «typisch Schweizerische» Preispräferenzen. Nur wenige würden einen Turnschuh oder ein Kilo Fleisch für 10 Franken kaufen. Viele denken sich: Bei diesen Preisen stimmt etwas nicht.

«DEN KONSUMENTEN UNMÜNDIGKEIT ZU 
UNTERSTELLEN, IST schlicht ANMASSEND.»

Aber das alles erklärt nicht die höheren Preise der Schweiz im Vergleich zum Ausland. Diese werden vor allem durch die hohe Regulierungsdichte getrieben. Denn die Schweiz gibt sich zwar marktwirtschaftlich, immer mehr aber wird sie von ausländischen Märkten abgekoppelt. Der Grund dafür heisst Regulierung.

Eines der bekanntesten Beispiele dafür sind die «Fisherman’s Friend»-Pastillen. Überall in Europa zählen sie als Bonbon, in der Schweiz hingegen sind sie ein Heilmittel und müssen demzufolge genehmigt und separat eingeführt werden. Oder etwa Vitamin D12: Es gilt in der EU als unproblematisches Gut, in der Schweiz wird es nur in Apotheken verkauft.

Sonderregelungen ohne Ende

Im gewerblichen Bereich ist die Lage noch schlimmer. Ein in der EU produzierter und zugelassener Laubbläser muss bei seiner Einfuhr in die Schweiz nochmals zertifiziert werden. Biozide, die man beispielsweise in der Herstellung von Farben einsetzt, müssen ebenfalls von der Zollverwaltung zugelassen werden. Schweizer Sonderregelungen bestehen bezüglich den Brenngrenzwerten für Textilien, den Bindungswerten bei einigen Chemikalien oder der Richtwerte für Lebensmittel. Und gerade bei den Lebensmitteln feiert der Protektionismus Urstand (siehe Hauptartikel zum Cassis-de-Dijon-Prinzip).

Falsche Argumente

Die Argumentation zugunsten einer Marktabschottung ist immer die Gleiche: die Bedrohung durch angeblich qualitativ minderwertige Angebote aus dem Ausland. Dieses Argument ist in zwei Hinsichten falsch.

Gerade die EU fällt nicht dadurch auf, ein lascher Regulator zu sein. Gerade die EU würgt die eigene Wirtschaft ab, um höchste Qualitäts-, Schutz-, Umwelt- und wer weiss noch wie viele andere Standards zu erfüllen. In den EU-Produkten niederqualitative Angebote orten zu wollen, ist zumindest abenteuerlich.

Viel schlimmer noch: Die Abschottungsbefürworter unterschätzen den Markt und die Mündigkeit seiner Akteure. Konsumentinnen und Nachfrager werden sich für das von ihrer Perspektive aus Beste entscheiden. Und nicht wenige werden sich für die Güter mit der höchsten Qualität entscheiden. Die Konsumentinnen und den Nachfrager zu bevormunden und ihnen zu unterstellen, sie könnten nicht gut von schlecht unterscheiden, ist anmassend.

Keine unnötigen Regulierungen

Um faire Importpreise in einem freien Markt zu erzielen, muss die unnötige Regulierungsdichte abgebaut werden. Sie schottet die Schweiz ab, macht den Markt unfrei, bevormundet die Konsumentinnen und Konsumenten und erhöht markant die Preise. Kurz: Faire Importpreise entstehen durch mehr Markt.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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