Publiziert am: 25.10.2019

Es fehlt eine Vision

BUNDESFINANZEN – Der Bundesrat sollte eine strategische Vision entwickeln und erneut die Kontrolle über die Bundesfinanzen übernehmen, anstatt sich ungebremste Ausgabensteigerungen diktieren zu lassen.

Der Voranschlag 2020 weist einen Überschuss auf. Dies könnte sich allerdings in den kommenden Haushaltsjahren ändern. Die Entwicklung des internationalen Umfelds dürfte sich ungünstig auf die Haushaltsperspektiven auswirken. Hierbei sind die künftigen Reformen noch nicht einmal berücksichtigt. Der Staatsapparat hat sich ausserdem dermassen verkompliziert, dass die Personalausgaben ins Unendliche zu steigen drohen.

Vorsicht bleibt geboten

Der Voranschlag 2020 sieht Einnahmen von 75,666 Milliarden Franken und Ausgaben von 75,077 Milliarden Franken vor und damit einen ordentlichen Überschuss von rund 590 Millionen Franken. Trotz des Inkrafttretens der STAF ist das Budget ausgeglichen, und die Schuldenbremse wird eingehalten.

Dieser Überschuss ist aber nicht etwa grossen Sparbemühungen der Verwaltung zu verdanken, sondern erklärt sich hauptsächlich aus den Einnahmen aus der direkten Bundessteuer und der Verrechnungssteuer. Aber freuen wir uns nicht zu früh; Vorsicht bleibt geboten. Aufgrund der internationalen Lage könnte die Konjunkturentwicklung in naher Zukunft hinter den Erwartungen zurückbleiben, was sich ungünstig auf die Steuereinnahmen der Planperiode auswirken würde. Der ins Budget 2020 integrierte Finanzplan 2021–2023 geht von weniger guten finanziellen Perspektiven aus.

Schwerfälliger Staatsapparat

Ungeachtet der vielen Aufrufe zu einem haushälterischen Umgang mit den öffentlichen Mitteln und zur Regulierungsbremse, nehmen die Personalausgaben im Voranschlag 2020 einmal mehr zu. Es ist immer das Gleiche: Eine Parlamentarierin oder ein Parlamentarier will den Lauf der Dinge ändern und reicht eine Motion ein, die den Bundesrat zu Ausgabenkürzungen auffordert. Letzterer lehnt den Vorschlag ziemlich systematisch ab. Und sogar dann, wenn das Parlament eine Motion annimmt, schafft es der Staatsapparat, den Elan zu bremsen oder nur einen Teil des Auftrags umzusetzen (Beispiele: Motion 16.3360 «Mit einer Regulierungsbremse den Anstieg der Regulierungskosten eindämmen» und Motion 16.3399 «Wissen in der Bundesverwaltung sichern»).

Personalausgaben steigen weiter

Im Budget 2020 nehmen die Personalausgaben um insgesamt 183 Millionen Franken (+3,1%) zu (2019: 87 Millionen). Haupttreiber dieses Wachstums sind eine Einmalzahlung für besondere Personalkategorien (70 Millionen), die Lohnmassnahmen (57 Millionen) und der Stellenaufbau (62 Millionen).

Aus den letzten Voranschlägen ist folgender Trend ersichtlich: Zunahme von 84 Millionen im Budget 2018, Zunahme von 163 Millionen im Budget 2017, Zunahme von 14 Millionen im Budget 2016 (geringerer Anstieg im Jahr 2016, weil der Bundesrat zur Eindämmung der Personalausgaben Sparmassnahmen hatte ergreifen müssen) und Zunahme von 74 Millionen im Budget 2015. Im Voranschlag 2020 sind insgesamt Stellen im Umfang von 37 631 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) geplant (Bundesverwaltung, Gerichte und Parlamentsdienste). Dies entspricht 267 Stellen mehr als im Vorjahr (+0,7%). Die VZÄ nehmen praktisch jedes Jahr zu. Zwischen der Staatsrechnung 2016 und dem Voranschlag 2020 beobachtet man einen Anstieg von beinahe 8%.

Es drängt sich allerdings eine Nuancierung auf: Der zwischen den Rechnungen 2016 und 2017 verzeichnete VZÄ-Anstieg ist auf die Anpassung der Rechnungslegungsvorschriften in Zusammenhang mit dem neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) zurückzuführen. Ab 2017 ist im durchschnittlichen Personalbestand das gesamte von den Verwaltungseinheiten angestellte Personal berücksichtigt (davon ausgeschlossen sind die externen Mitarbeitenden, die nicht über einen Arbeitsvertrag mit dem Bund verfügen, sowie die Hochschulpraktikantinnen und -praktikanten und die Personen in Ausbildung).

Fazit: Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die wirklich entschlossen sind, die Dinge zu ändern, werden ihre Anstrengungen in der neuen Legislaturperiode verdoppeln müssen. Aber wir dürfen uns nichts vormachen: Ein oder zwei Motionen allein werden noch nichts ändern.

Der Schlüssel: Der Bundesrat muss sich zum Wohl der Bundesfinanzen unbedingt für eine strategische Vision mit mittel- und langfristigem Horizont entscheiden (vgl. auch Artikel Seite 8).

Alexa Krattinger, Ressortleiterin sgv

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