Publiziert am: 06.04.2018

Fairer Wettbewerb oder Verlierer KMU?

FERNMELDEGESETZ – Wie weiter mit dem Fernmeldegesetz (FMG)? Die laufende Revision stösst innerhalb der Telekommunikationsbranche auf völlig gegenteilige Reaktionen. Hier die Argumente pro und contra.

Für einen fairen Wettbewerb

Die Telekommunikationsbranche, einschliesslich der Verbände der Kabel­netz­betreiber und der in den Glasfaserausbau investierenden Elektrizitätswerke, setzt sich für eine Modernisierung des Fernmeldegesetzes (FMG) ein. Zu dieser Allianz gehören u.a. UPC, Sunrise und suisse­digital. Sie alle sind der Ansicht, die FMG-Revision sorge für fairen Wettbewerb.

Kernanliegen der Vorlage ist die technologische Nachführung der Wettbe­werbs­regeln, mit welchen die Märkte in der Vergangenheit erfolgreich liberalisiert wurden. Denn der auf die alten PTT-Kupferleitungen beschränkte Netzzugang auf der letzten Meile greift bei der modernen Glasfasertechnologie nicht mehr. Der Wettbewerbsdruck droht damit zu erliegen.

Das lässt sich umso weniger rechtfertigen, als die Glasfasern in den bestehenden, zu Monopolzeiten gebauten Kabelkanalisationen verlegt werden. Sie lösen dort die Kupferkabel ab. In weniger dicht besiedelten Gebieten, wo der Infrastruktur­wett­bewerb nicht oder nur ungenügend spielt, müssen zur Förderung eines attraktiven Angebots angemessene Instrumente bereitstehen. Um landesweite Investitionen in die ­moderne Infrastruktur weiter zu begünstigen, sieht die Vorlage die ­technologie­neutrale Ausweitung des Netzzugangs vor. Auch bei der Mitbenutzung von gebäudeinternen Fernmeldeinfrastrukturen sorgt die Vorlage für mehr Wettbewerb unter den Anbietern und echte Wahlfreiheit für die Endkunden.

Versorgungssicherheit und Wahlfreiheit

Der Vorteil dieser sanften Regulierung ist offenkundig: Er schafft den nötigen Druck für ausgewogene Verhandlungsergebnisse, ohne für den Brandfall ohne Feuerwehr dazustehen. Der Vorschlag bringt Versorgungssicherheit und Wahlfreiheit, von welchen namentlich KMU und Endkunden gleichermassen profitieren werden. Er garantiert Qualität und folgt durch die effiziente Verwendung bestehender Infrastrukturen der Vernunft.

Der unternehmerische Spielraum soll möglichst gross sein. Der Markt muss spielen. Staatsquote und staatliche Marktverzerrungen können so auch im Telekommarkt reduziert werden.

Stefan Aeschimann, Delegierter Public Affairs, Sunrise


KMU und Wirtschaftsstandort als Verlierer

Die Swisscom sieht die Sache anders. Herzstück der geplanten FMG-Revision ist die Ausdehnung der Regulierung auf neue, im Wettbewerb gebaute oder entstehende Netzinfrastrukturen: Bringt das den KMU in der Schweiz wirklich bessere Netze zu tieferen Preisen?

Unbestritten ist: Die KMU verfügen im internationalen Vergleich über ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis für Telekommunikationsdienstleistungen. Die Netzinfrastrukturen zählen zu den besten der Welt, so auf Rang 2 bei der Abdeckung mit hochbreitbandigen und damit sehr schnellen Verbindungen. Und auch preislich liegt die Schweiz im internationalen Mittelfeld.

Die Schweiz verfügt über Rahmenbedingungen, die den Wettbewerb der Netze fördern und Anreize für Investitionen und Innovationen schaffen. In einem dynamischen und funktionierenden Wettbewerb zwischen Swisscom, Energieversorgern, Kabel- und Mobilfunkanbieter haben die KMU heute die Auswahl aus ­200 Anbietern. Jedes Unternehmen hat ein wirtschaftliches Interesse daran, seine Netze auszulasten, und entsprechend wird jedem Anbieter bereits heute Zugang zu Marktbedingungen gewährt; so hat z. B. Sunrise Zugang auf die Netze von Swisscom und der Energieversorger.

Die Schweizer KMU profitieren aufgrund des intensiven Wettbewerbs von den höchsten Investitionen weltweit in moderne Infrastrukturen und Preisen für Dienstleistungen, die in den letzten zehn Jahren um weit über die Hälfte gesunken sind.

«Nur Rahmenbedingungen, die Investitionen und Innovationen in leistungsstarke und sichere Netze generieren, ermöglichen den KMU eine erfolgreiche Digitalisierung», sagt Swisscom-CEO Urs Schaeppi.

Nicht mehr Wettbewerb

Bringt eine Ausdehnung der heutigen Zugangsregulierung (Art. 11 FMG) wirklich mehr Wettbewerb? Nein! Das Beispiel EU mit einer Investitionslücke von 150 Milliarden Euro zeigt eindrücklich, dass mehr Regulierung nicht zu mehr Wettbewerb führt. Eine staatliche Intervention in einen funktionierenden Markt würde die Investitionskraft der Telekommunikationsindustrie um 300 bis 500 Millionen Franken pro Jahr reduzieren. Weniger Investitionen führen nicht zu besseren Netzen – am wenigsten in peripheren Regionen. Die KMU und der Wirtschaftsstandort Schweiz wären die Verlierer einer solchen Regulierungsausdehnung.

Karin Stöckli, Liaison Officer Public Affairs, Swisscom AG

POSITION DES SGV

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt die Revision des Fernmeldegesetzes (FMG). Ihr Kernstück, die Zugangs­regulierung, ist geeignet, den Wettbewerb um Dienstleistungen zu stärken. Aber die Vorlage weist auch Korrekturbedarf auf. Einerseits ist sicherzustellen, dass die Zugangsregulierung und das Wettbewerbsrecht keine neuen Konflikte oder Doppelbelastungen kreieren. Andererseits müssten die Konsumenten­schutz­regulierungen aus der Vorlage gestrichen werden. Das FMG ist ein technisches Gesetz und soll es auch bleiben. Zuletzt sind auch noch die Gebäude­­eigen­tümerinnen und -eigentümer zu entschädigen, welche mit dem neuen Gesetz Anschlussarbeiten am Gebäude dulden müssten.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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