Publiziert am: 12.08.2022

Finger weg vom digitalen Raum

Digitalisierung – Der Staat will einen digitalen Datenraum schaffen, worin Einzelpersonen, Unter-nehmen oder Organisationen die volle Kontrolle über ihre Daten haben. Das tönt zwar nett, ist aber falsch: Ein solcher Schritt führte zu einer Art Verstaatlichung – mit negativen Folgen für die Privatwirtschaft.

Der Bund will seine digitalen Kompetenzen ausbauen. Das ist an sich eine gute Sache, wenn es um die ihm zugewiesenen Aufgaben geht. Er möchte jedoch auch einen zuverlässigen und «vertrauenswürdigen» Datenraum aufbauen, der international kompatibel ist. Er denkt sogar darüber nach, eine nationale Plattform für Datenräume zu schaffen.

Dieser Datenraum würde sich dadurch auszeichnen, dass Einzelpersonen, Unternehmen oder Organisationen die volle Kontrolle über ihre Daten hätten und wüssten, wem sie diese zur Verfügung stellten. Es soll das Gefühl vermittelt werden, dass die Daten vollständig unter der Kontrolle des Nutzers stehen. Das klingt soweit gut. Doch ist es auch gut?

Anonymität wichtig

Es stellt sich hier die Frage: Warum sollte der Bund die «digitale Selbstbestimmung» fördern, wie er es bezeichnet? Die Antwort ist einfach. Der Staat wurde eingerichtet, um Rechte zu verteidigen. Je mehr Rechte es zu verteidigen gibt, desto mehr kann der Staat seine Aufgaben zum Schutz und zur Verteidigung vervielfachen.

Dieser Datenraum würde laut einer Mitteilung «die verschiedenen Nutzer direkt mit relevanten Angeboten verbinden und wesentliche Prozesse wie den Zugang, die Verarbeitung und die Weiterverwendung von Daten regeln.» Er würde Einzelpersonen, Unternehmen und anderen Organisationen einen besseren Zugang zu Daten und die Erschliessung neuer Quellen ermöglichen.

Nun ist die Gesellschaft so organisiert, dass viele Informationen aus den verschiedenen Beziehungen zwischen den Akteuren und ihren zahlreichen Handlungen hervorgehen. Und es ist klar, dass Unternehmen ihre eigenen Informationen über die Aktivitäten mit ihren Kunden besitzen. Es ist wichtig, dass diese Informationen – sie gehören übrigens den Unternehmen, nicht dem Staat – anonym bleiben, um die Privatsphäre zum Beispiel von Privatpersonen zu gewährleisten.

Daten zur Überwachung?

Es ist vor diesem Hintergrund erstaunlich, dass sich der Staat als Schnittstelle der Wahl positionieren will, um den Datenschutz für die gesamte Gesellschaft zu gewährleisten. Die Frage sei erlaubt: Wie kann er die Datensicherheit gewährleisten, wenn private IT-Aktivitäten doch gar nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen? Es ist klar: Das Wissen wird in diesem Bereich immer eher in spezialisierten Unternehmen zu finden sein und nicht beim Staat.

Wenn der Staat alle Daten an sich zieht, wie er es mit den Mobilitätsdaten versucht, wird er über eine grosse Menge davon verfügen. Zudem sind Daten mittlerweile ein wichtiger wirtschaftlicher Wert in dem Sinne, dass sie über das Verhalten von Verbrauchern und Nutzern informieren. Die Frage ist, was der Staat mit diesen vielen Daten machen wird, wenn es nicht zu seinen Aufgaben gehört, sie sinnvoll zu nutzen.

Letztendlich wird entweder unseren Unternehmen der Boden unter den Füssen weggezogen, oder der Staat schafft eine Abhängigkeit von der Datennutzung durch die Privatwirtschaft. Das wiederum bedeutet eine unerwünschte Kontrolle über die Wirtschaft, da diese Daten eine wichtige Grundlage für Unternehmensentscheidungen bilden.

Kommt hinzu, dass der Staat bekanntermassen – Stichwort: Ruag – nicht immer in der Lage ist, die Datensicherheit zu gewährleisten. Er könnte die Daten genauso gut für staatliche Zwecke verwenden – beispielsweise zur Überwachung der Bevölkerung,bestimmter Minderheiten oder kritisch denkender Menschen.

Lösung: Privat und dezentral

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv wird sich entschieden dagegen wehren, dass der Staat in diesen Aufgaben ein «digitales Selbstbestimmungsrecht» entwickelt, das die Privatwirtschaft von staatlichen Dienstleistungen abhängig machen würde. Ein solcher Schritt führte zu einer schleichenden Verstaatlichung des digitalen Raums.

Die Folgen wären Ineffizienzen und Fehlentwicklungen auf wirtschaftlicher Ebene und bei der Wahrung der Freiheiten der Bürger. Der Staat sollte nicht zur Drehscheibe des digitalen Raums werden. Die private Dezentralisierung der Daten ist langfristig ein viel besserer Schutz.

Mikael Huber,

Ressortleiter sgv

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