Publiziert am: 06.03.2015

Firmenflotten werden elektromobil

EMOBILITÄT BASEL – ­Gewerbebetriebe setzen bei der Ausstattung ihrer Flotten vermehrt Fahrzeuge mit Elektroantrieb ein. Doch ­Experten sind sich nicht einig, wie schnell Elektromobile die Strassen erobern werden.

2006 liess sich die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos in der Schweiz noch an einer Hand abzählen. Drei Jahre später wurden dann einige Dutzend elektrisch angetriebene Personenwagen zugelassen, 2013 waren es bereits weit über tausend. Elektroautos auf Schweizer Strassen werden mehr und mehr zur Realität, auch wenn sie zur Zeit erst einen Bruchteil der insgesamt über vier Millionen Personenwagen im Land ausmachen. Elektroautos sind längst nicht mehr eine Angelegenheit privater Bastler. Fahrzeuge wie der Nissan Leaf, der Renault ZOE oder der BMW i3 werden in Grossserie produziert. Damit stellt sich auch für Unternehmer die Frage, ob sie ihre Fahrzeugflotte auf Elektroantrieb umrüsten wollen. Ihre Anschaffungsentscheide haben besondere Bedeutung, weil grössere Unternehmen Dutzende, ja, Hunderte von Fahrzeugen im Einsatz haben.

Elektromobilität 
zum Ausprobieren

Bei den Fahrzeugflotten der Unternehmen knüpfte das Projekt EmobilitätBasel an, das vor kurzem nach fünf Jahren Laufzeit abgeschlossen wurde. Das 2009 lancierte Projekt mit den Projektpartnern Amt für Umwelt und Energie (AUE) Basel-Stadt, Industrielle Werke Basel (IWB), Gemeinde Riehen und der Mobility Solutions AG ging der Frage nach, wie man die Elektromobilität in der Schweiz fördern kann. Zu diesem Zweck bot die Mobility Solutions AG – eine Tochter der Schweizerischen Post – öffentlichen Verwaltungen und Firmen im Raum Basel ein Elektromobil zur vierjährigen Nutzung an. Ermutigt durch einen finanziellen Anreiz – der Kanton Basel-Stadt bezahlte 10 000 Franken an jedes Elektromobil – sollten die Unternehmen die neue Form der Mobilität ausprobieren und praktische Erfahrungen mit ihr sammeln.

Vier private Firmen (Sanitärfirma Tschantré, Rapp Gebäudetechnik, die Ingenieurbüros Gruner und Regioplan) und zwei öffentliche Unternehmen (AUE Basel-Stadt, IWB) lies­sen sich auf das Abenteuer ein und ergänzten ihre Fahrzeugflotte mit einem oder zwei Elektromobilen. Die Nutzungspauschale pro Monat betrug rund 900 Franken, im Gegenzug erbrachte die Mobility Solutions AG das Full-Service-Flottenmanagement und trug auch das Restwert- und Batterierisiko. Alle Fahrzeuge waren mit Datenloggern ausgestattet. Die so erhobenen Nutzungsdaten wurden in einer vom Bundesamt für Energie finanzierten Begleitstudie ausgewertet.

Zufriedene Nutzer

Nach Abschluss des Projekts ziehen die Projektverantwortlichen (Mobility Solutions AG, Kanton Basel-Stadt, Gemeinde Riehen, IWB) eine positive Bilanz. Ihre Bewertung stützt sich auf eine Umfrage bei insgesamt 
69 Nutzern, die Ende 2012 und nochmals im August 2014 durchgeführt wurde. Die Befragten beurteilten Geschwindigkeit, Beschleunigung und Lenkverhalten der E-Autos positiv, ebenfalls das Handling der Ladestationen. Gemäss Begleitstudie waren die Fahrzeuge mit hoher Verlässlichkeit und mit wenig technischen Störungen unterwegs.

Gewisse Vorbehalte hatten die Nutzer gegen das Design. «Warum ein E-Auto einen Zündschlüssel braucht, ist mir ein Rätsel», fragte beispielsweise einer der Nutzer. Kritische Äus­serungen betrafen auch die Reichweite der Elektrofahrzeuge, obwohl die Auswertung der Datenlogger zeigt, dass die Nutzer die Reichweite von 120 Kilometern in den überwiegenden Fällen bei Weitem nicht ausreizten. Kritisch angesprochen wurde ferner die mögliche Gefährdung von Fussgängern und Velofahrern wegen der geringen Fahrgeräusche der Elektroautos. «Elektromobilität funktioniert im täglichen Einsatz», lautet das Fazit von Matthias Egli von der Beratungsfirma Sustainserv, der den Abschlussbericht zur Begleitforschung mit verfasst hat. «Heute mag diese Aussage banal klingen, aber beim Start unserer Studie im Jahr 2009 waren Elektrofahrzeuge noch allesamt Prototypen, eine Serienproduktion gab es noch nicht.» Es zeigt sich also, dass die Elektromobile ihren «Freak-Status» verloren haben und unterdessen wie konventionelle Autos eingesetzt werden.

Ladeinfrastruktur ausbauen

Welche verkehrspolitischen Schlüsse zieht der Kanton Basel-Stadt aus der Studie EmobilitätBasel? «Dank gesunkener Preise und positiver Marktentwicklung ist die finanzielle Förderung von Elektromobilen und auch von E-Bikes durch die öffentliche Hand heute nicht mehr nötig», sagt Dominik Keller, der das Projekt von Seiten des Amts für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt in der Steuerungsgruppe begleitet hat. «Wir werden die Technologie aber weiter propagieren», sagt Keller, «denn gegenüber dem fossil betriebenen Individualverkehr hat die Elektromobilität im Stadt- und Agglomerationsverkehr viele Vorteile wie Vermeidung von CO2-Ausstoss und weniger Lärm.»

«Elektromobile haben ihren Freak-Status verloren und werden heute wie konventionelle Autos 
eingesetzt.»

Eine Herausforderung für die öffentliche Hand ist die Ladeinfrastruktur. Für den Aufbau neuer Ladestationen besteht in Basel laut Keller zwar «kein akuter Bedarf», da die Zahl der Elektroautos noch begrenzt ist. «Wir werden uns aber mittelfristig Gedanken machen müssen, wie das Laden der Elektroautos in Quartieren mit wenig Privatgaragen sichergestellt werden kann», sagt Keller. Auch sei es wichtig, beispielsweise bei der Planung neuer Einkaufszentren heute schon darauf zu achten, dass künftig die Ladeinfrastruktur bedarfsgerecht auf- und ausgebaut werden könne. So sollen in Zukunft Ladestationen vom Typ «shop & charge» ermöglichen, die Elektroautos während der Einkaufstour aufzuladen. Nach aktuellen Schätzungen geht die Studie bis 2030 im Raum Basel von 4700 (Szenario tief), 10 300 (Szenario mittel) bzw. 15 600 Ladestationen (Szenario hoch) aus.

Vorgaben der Flottenpolitik

Wie die weitere Entwicklung der Elektromobilität vonstatten gehen wird, lässt sich heute nur schwer abschätzen. IWB hat seine vorwiegend aus Erdgasfahrzeugen bestehende Flotte bereits um weitere Elektro­autos erweitert und prüft die Einrichtung auch öffentlich zugänglicher ­Ladestationen. Andere Firmen sind zögerlicher, auch deshalb, weil sie bereits über eine Flottenpolitik verfügen und diese nicht vorschnell über den Haufen werfen wollen. So setzt die Gruner AG bisher zum Beispiel auf Hybridfahrzeuge. «Wenn ein Unternehmen eine Flottenpolitik etabliert hat, braucht es mitunter längere Zeit, bis es auf einen neuen Fahrzeugtyp wie das Elektroauto umsteigt», sagt Dominik Keller.

Ein Einflussfaktor ist dabei weiterhin auch der Anschaffungspreis, der auch heute noch höher liegt als bei fossil betriebenen Autos. «Die Kosten sind für viele Unternehmen weiterhin die Knacknuss bei der Anschaffung von Elektromobilen», sagt Keller. Anhänger der Elektromobilität verweisen allerdings darauf, dass den höheren Beschaffungskosten geringere Wartungs- und Energiekosten gegenüberstehen. So lägen Elektrofahrzeuge bei den Fahrzeuggesamtkosten während der gesamten Laufzeit (Total cost of ownership/TCO) heute schon gleichauf mit konven­tionell betriebenen Fahrzeugen.

Benedikt Vogel

Das Projekt

Sicherheits­prüfung ­für Batterien

Im Rahmen des Projekts EmobilitätBasel kamen insgesamt 18 Elektrofahrzeuge bei sechs öffentlichen und privaten Unternehmen zum Einsatz. Zum Projekt gehörten neben dem vierjährigen Feldtest auch ein umfassender technischer Check der Fahrzeuge. Dieser wurde von der Berner Fachhochschule und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) durchgeführt. Hinzu kam eine Sicherheitsprüfung der Lithium-Ionen-Batterie, die in der neusten Generation von Elektrofahrzeugen die früher oft verwendeten Zebra- oder Nickel-Cadmium-Batte­rien ersetzt.

Carsharing – jetzt elektrisch

Teil von EmobilitätBasel war auch ein Carsharing-Projekt, bei dem 
an drei Standorten in der Region ­Basel je ein Elektrofahrzeug (umgebauter Renault Twingo) der Öffentlichkeit zur temporären Nutzung angeboten wurde. Die Initiative Emobilität Basel war eingebettet in das übergeordnete Projekt «2000-Watt-Gesellschaft-Pilotre­gion Basel».

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