Publiziert am: 07.01.2019

Gemeinden, Städte, Kantone dagegen

DREIFACHES NEIN ZUR ZERSIEDELUNGSiNITIATIVE – «Schädlich, untauglich, zentralistisch und wettbewerbsschädigend»: Kantone, Städte und Gemeinden lassen kein gutes Haar an der radikalen Initiative der Jungen Grünen.

So viel Einigkeit ist selten: Die Exekutiven aller Ebenen des Staats, die Verantwortlichen in Kommunen, Kantonen und beim Bund – Vertreter von CVP, FDP, SVP, BDP, glp und SP – lehnen die radikale Initiative der Jungen Grünen ab.

Schlicht kein Handlungsbedarf

Nicht nur der Bundesrat und das Parlament (vgl. Seiten 1 und 2) sprechen sich gegen die «schädliche Zersiedelungsinitiative» aus, sondern auch der Schweizerische Gemeindeverband. Das Volksbegehren schade «nicht nur den Gemeinden, sondern der gesamten Bevölkerung, der Wirtschaft und dem Gewerbe – und somit der ganzen Schweiz», stellt der Gemeindeverband fest. Sachlich und politisch bestehe kein Handlungsbedarf; viele der Anliegen der Jungen Grünen würden bereits mit der Revision des Raumplanungsgesetzes umgesetzt. «Ein kompletter Bauzonenstopp würde eine angemessene Entwicklung der Gemeinden verunmöglichen», sagt Gemeindeverbandspräsident Hannes Germann. Der Schaffhauser SVP-Ständerat stellt weiter fest: «Bei einer Annahme der Initiative würde schweizweit quasi über Nacht eine grosse Rechtsunsicherheit entstehen»; diese gelte es «mit allen Mitteln zu verhindern».

«Aktiv für ein Nein einsetzen»

Der zentralstaatliche Ansatz in der Raumplanung, wie ihn die Initiative vorsehe, entspreche in keiner Art und Weise der bewährten Kompetenzordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. In einem Brief an die Gemeinden bittet Germann deshalb die Exekutiven, sich öffentlich gegen die Initiative auszusprechen und sich aktiv für ein Nein einzusetzen. «Als Gestaltungs- und Vollzugsbehörden in den Gemeinden sind Sie von den allfälligen Auswirkungen bei einer Annahme stark betroffen.»

Untauglich und nicht zielführend

Auch der Vorstand des vom Solothurner FDP-Nationalrat und Stadtpräsidenten Kurt Fluri und vom Genfer Stadtpräsidenten Sami Kanaan (SP) geführten Städteverbands spricht sich gegen die Zersiedelungsinitiative aus. Diese sei ein «untaugliches Instrument» für die Innenentwicklung und gegen die Zersiedelung «nicht geeignet». «Nicht zielführend» sei insbesondere die Forderung, Bauzonen auf dem heutigen Stand einzufrieren.

84 bis 88 Prozent der Bauzonen in den Städten und Gemeinden sind überbaut – in den grossen Kernstädten gar 93 Prozent, wie eine aktuelle Studie im Auftrag des Städteverbandes zeigt. Doch Bevölkerung und Beschäftigung wachsen weiter. Bei einer ungenügenden Umlagerung von Bauzonen über die Kantonsgrenzen hinweg bestehe gerade im städtischen Raum die Gefahr einer übermässigen Verknappung von Bauland, so der Städteverband: «Mögliche negative Folgen sind stark steigende Grundstückspreise oder Schwierigkeiten bei der Neuansiedlung von Unternehmen.» Zudem nehme die Initiative den Städten jegliche Flexibilität, die sie für eine qualitative Verdichtung ihres Siedlungsgebiets benötigten.

Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in Gefahr

Und schliesslich lehnt auch die vom St. Galler CVP-Regierungsrat Benedikt Würth präsidierte Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) die In­itiative entschieden ab. Ihre Kernanliegen seien durch die Umsetzung der ersten Etappe des Raumplanungsgesetzes weitgehend abgedeckt, sie sei ein zentralistischer Eingriff, widerspreche dem Föderalismus und greife unnötigerweise in Prozesse ein, die im Rahmen des föderalistischen Systems funktionierten.

Die Initiative führe zu einer Verknappung von Bauland, zu höheren Wohn- und Gewerbekosten, erschwere Ausbauten und Neuansiedlungen von Unternehmen, verhindere innovative Modelle in der Landwirtschaft (vgl. Seite 5) – kurz: «Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz würde dadurch erheblich beeinträchtigt.» Aus all diesen Gründen lehnt die Regierungskonferenz aller 26 Kantone die Zersiedelungsinitiative ab.

www.chgemeinden.ch

www.staedteverband.ch

www.kdk.ch

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