Publiziert am: 23.01.2015

Giftzahn KEV muss weg

ENERGIESTRATEGIE 2050 – Nach einer Monsterdebatte hat der Nationalrat die Energiestrategie an den Ständerat zurückgeschickt. Er blieb dabei mehrheitlich auf dem Kurs des Bundesrats.

Wie soll man die Vorlage aus KMU-Perspektive beurteilen? Das positive zuerst: Der Nationalrat hat verschiedene Vereinfachungen eingeführt. Die Nutzung erneuerbarer Energien soll beispielsweise nationales Interesse werden. Damit wären Windturbinen und Wasserkraftwerke in Naturschutzgebieten grundsätzlich möglich. Und die Kantone sollen in ihren Richtplänen festhalten, welche Gebiete sich für die Stromproduktion aus erneuerbarer Energie eignen und welche freizuhalten sind.

«EIN BONUS-MALUS-
SYSTEM SCHADET DER STROMBRANCHE nur.»

Die zwei wichtigsten positiven Entscheide sind jedoch die folgenden: Heute beträgt die CO2-Abgabe 60 Franken pro Tonne Heizöl. Diese soll vorerst nicht erhöht werden. Ebenfalls schlägt der Rat vor, die Steuergesetzgebung investitionsfreundlich anzupassen. Energetische Gebäudesanierungen und Ersatzneubauten sollen über vier Jahre steuerlich absetzbar sein. Das gilt sowohl für natürliche Personen als auch für Unternehmen.

Auch auf der «juristischen Front» gibt es Verbesserungen. Für den raschen Umbau der Stromversorgung sollen die Rechtsmittelwege beschränkt werden. Wenn eine Rechtsfrage nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, soll es keine Möglichkeit geben, Beschwerden gegen die Planung von Stark- und Schwachstromanlagen bis vors Bundesgericht zu ziehen.

Weniger Marktwirtschaft

Und dann das Negative. Die Vorlage enthält noch viele Giftzähne. Der giftigste: die Erhöhung der Gelder für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Die Konsumenten sollen dies mit einem höheren Netzzuschlag bezahlen. Dieser würde von heute 1,5 Rappen auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde steigen. Das macht zusätzliche 1,3 Milliarden Franken. Die Subvention ist dafür erweitert worden: Einspeiseprämien soll es für Wasserkraft, Sonnenenergie, Windenergie, Geothermie und Biomasse geben. Kehrichtverbrennungs-, Abwasserreinigungs- sowie Photovol­taikanlagen mit einer Leistung von unter zehn Kilowatt sind vom System ausgeschlossen.

Auch Problematisch: Ein Bonus-Malus-System soll für Elektrizitätswerke eingeführt werden. Die Werke, die ein Netz betreiben, sollen eine Stromspar-Zielvorgabe erhalten. Unternehmen, die das Ziel übertreffen, würden einen Bonus erhalten; jene, die es verfehlen, müssten einen Malus entrichten. Damit wird die Strombranche immer weniger marktwirtschaftlich und deshalb auch weniger effizient.

Die explizite Vorgabe von Produktions- und Verbrauchszielen bis zum Jahr 2035 im Gesetz ist ebenfalls negativ. Diese Ziele sind nicht mit dem ersten Massnahmepaket kongruent. Dieser dauert bis zum Jahr 2020. Was passiert, wenn die Ziele nicht erreicht werden? Dazu schweigt sich die Vorlage aus. Und gerade dieses Schweigen öffnet Tür und Tor für bundesrätlichen Kompetenzen ausserhalb der parlamentarischen Kontrolle.

Zuletzt: Ob ein Atomausstieg beschlossen wurde oder nicht, hängt von der Perspektive ab. Das Kernkraftwerk Beznau I soll 2029 abgeschaltet werden. Eine generelle Laufzeitbeschränkung lehnte die grosse Kammer aber ab. Ab 40 Betriebsjahren sollen die Betreiber aber Langzeitbetriebskonzepte vorlegen müssen.

Giftzahn muss gezogen werden

Wie geht es weiter? Die Beratung der Vorlage im Ständerat wird in der ersten Hälfte des Jahres 2015 erwartet. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv wird im bisherigen Stil weiterhin konstruktiv an der Vorlage mitarbeiten. Es gilt, ihr den Giftzahn KEV zu ziehen und das Erreichte zu sichern.

Henrique Schneider, 
Ressortleiter sgv

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