Publiziert am: 27.05.2016

Gleichbehandlung in der Werbung

ALKOHOLWERBUNG – Es ist nicht einzusehen, weshalb Bier und Wein, nicht aber Spirituosen beworben werden dürfen.

Werbung für Spirituosen wird oft aggressiv bekämpft. Bei Bier und Wein aber lässt man sie unbekümmert zu – mit dem Hinweis, es handle sich hier eben um kulturelle Güter. Als ob das Brennen seit dem 16. Jahrhundert nicht Kultur genug wäre, und als ob Alkohol aus Wein und Bier etwas anderes wäre als Alkohol aus Spirituosen! Diese Politik ist verlogen, und sie ist falsch. Die Spirituosen machen nur noch 18 Prozent des gesamten Alkoholkonsums aus, Wein aber 49 und Bier 33 Prozent.

Der Konsum nimmt ab

Die Statistik der EAV zeigt, dass der Alkoholkonsum insgesamt über die Jahre abgenommen hat, und dass es heute um einen reinen Verteilungskampf zwischen dem Konsum von Wein, Bier und Spirituosen geht. Dies umso mehr, als sich die Grenzen zwischen den verschiedenen Kategorien auf Grund neuer Technologien und verändertem Konsumverhalten immer mehr verwischen.

«MULTIS DOMINIEREN DAS GESCHÄFT MIT SPIRITUOSEN WELTWEIT.»

Einerseits dominieren sehr wenige multinationale Unternehmen das Spirituosengeschäft weltweit: Diese profitieren nicht nur von ihrer ungeheuren finanziellen Macht, sie profitieren vor allem auch davon, dass ihre Produkte global erhältlich sind und in verschiedenen Ländern sehr liberal beworben werden können. Diese globale Visibilität und Emotionalität verleiht Marken Status.

Um sich gegenüber dieser geballten Macht behaupten zu können, brauchen in diesem Bereich aktive KMU eine Visibilität – und die erreichen sie mittels Werbung. Man muss hier realistisch sein: Mit einem Werbeverbot beerdigt man unweigerlich kleine und selbstständige KMU der Branche. In den letzten 20 Jahren hat die Anzahl der schweizerischen Gewerbebrenner um sagenhafte 74 Prozent abgenommen! Erwartet irgendwer, dass deswegen auch der Konsum an Spirituosen um 74 Prozent abgenommen hat?

Für mehr Diversität

Dem gesamten Detailhandel wünscht man mehr Diversität und eine grosse Auswahl an Eigenmarken, die den Kunden angeboten werden können. Diese Eigenmarken liegen im Interesse des Handels, erhalten dementsprechend Visibilität in den Regalen – also beim Kunden – und werden in allererster Linie über das Marketinginstrument Preis verkauft. Wird die Werbung verboten, bleibt als einziges Marketinginstrument der Preis. Dadurch wird der oben beschriebene Prozess der Vernichtung von Schweizer KMU beschleunigt, lokale Marken verschwinden aus den Regalen – und der Preiskampf verschärft sich noch mehr.

Wie kann ein Konsument ohne Werbung begreifen, dass das Eigenmarkenprodukt zu Fr. 9.90 ebenso gut, wenn nicht besser ist als die Flasche aus der Massenproduktion, die im Regal Fr. 14.50 kostet? Wie soll sich die lokale Schweizer Marke ohne Werbung gegen multinationale Marken verteidigen?

Qualität muss 
kommuniziert werden

Die Auslobung von Produkten und Dienstleistungen mit dem Schweizerkreuz ist ein wichtiges Instrument zur optimalen Positionierung der Unternehmen am Markt. Die Schweiz hat seit jeher auf Qualität gesetzt, sei das bei Spirituosen, Uhren oder Schokolade. Qualität ist aber heute für jedes Produkt der minimale Standard, die Voraussetzung überhaupt. Zu behaupten, dass preisgünstige Produkte generell qualitativ schlecht seien, ist falsch. Das bedeutet wiederum, dass die Qualität einer Marke kommuniziert werden muss.

Die Welt ist global geworden. Wir verhalten uns in der Schweiz aber immer noch so, als ob unser Land eine abgekapselte Insel sei, als ob Internet, Facebook oder Twitter in der Schweiz noch nicht angekommen seien und als ob die Jungen nicht mit ihren 50-Franken-Flugtickets in der Welt herumfliegen wĂĽrden!

Hélène Noirjean,

Ressortleiterin sgv

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